18.07.2013 Aufrufe

DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

auchbare Definition des Terminus <strong>für</strong> die gegenwärtige Auseinandersetzung erschwert<br />

wird. Deshalb deklariert er, dass es nahezulegen ist, „sich vom einheitlich verengenden<br />

Ausdruck des Politisches Theaters zu verabschieden und stattdessen vom „Politischen“ des<br />

Theaters bzw. im Theater zu sprechen.“ 72 Dieser Begriff wird in Anlehnung an Erika Fischer-<br />

Lichtes Ausführungen 73 , welche eine grundsätzliche Dreiteilung des Terminus postuliert, bei<br />

Hockenbrink in einen strukturellen, transformativen und inhaltlichen Schwerpunkt auf die<br />

Funktion von Theater übertragen.<br />

Die strukturelle Begriffsdefinition verortet das Politische in der Situationsbedingtheit der<br />

Aufführung selbst. Die Aufführungssituation wird nicht unter der Prämisse der Rezeption<br />

eines hermetischen Bühnenwerks, sondern vielmehr als ein kollektives Ereignis verstanden,<br />

das in Gestalt autopoietischer Wechselwirkungen zwischen Akteuren und Zuschauern auf<br />

performative Weise entsteht. Dadurch erscheint jede Aufführung als ein betont „soziales<br />

Ereignis“ 74 , da in ihrem Verlauf (auch unmerklich) „die Aushandlung oder Festlegung von<br />

Positionen und Beziehungen“ 75 zwischen Bühne und Zuschauerraum vollzogen wird. Vor<br />

diesem Hintergrund erscheint eine Trennung zwischen Politischem und Ästhetischem<br />

prinzipiell unhaltbar und das Soziale ist das Politische 76 , da in jeder Aufführung die<br />

Verhältnisse der Wahrnehmung und des Verstehens von beiden Parteien neu ausgehandelt<br />

werden. Aufführungen sind somit immanent politische Situationen. Hieraus zu folgern, dass<br />

sämtliche denkbaren Formate von Theateraufführungen per definitionem politisch wären,<br />

erscheint allerdings wenig plausibel, zumal der Begriff „politisches Theater“ in diesem Fall<br />

rein tautologisch besetzt wäre. Bezieht sich diese strukturelle Begriffsdefinition auf das<br />

Theater Frank Castorfs, ist an dieser Stelle auch an die Eigenheiten der <strong>Institut</strong>ion der<br />

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin, und deren popkulturell verkörperten Aspekt<br />

zu verweisen..<br />

Der zweite Aspekt einer Begriffsdefinition berührt das bereits schon in der Antike formulierte<br />

Konzept der Idee der Transformation im Zuschauer. Demnach führt die Teilnahme an einer<br />

Theateraufführung zu einer Veränderung der (politischen, gesellschaftlichen, emotionalen<br />

etc.) Selbst- und Fremdwahrnehmung, welche eine Transformation des individuellen<br />

Bewusstseins provoziert. Hockenbrink beschreibt dies als „auf Veränderung durch ästhetische<br />

Erfahrungen abzielende Begriff des Politischen wird bereits in den Konzepten antiker<br />

72 ebd.<br />

73 Fischer-Lichte, Erika: Artikel „Politisches Theater“. In: Dies./Kolesch/Warstat (Hg.): Metzler Lexikon<br />

Theatertheorie, Stuttgart und Weimar: J.P.Metzler 2005, S. 242 – 245.<br />

74 Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik des Performativen. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2004 S.68.<br />

75 Fischer-Lichte: Ästhetik des Performativen. S.68.<br />

76 vgl. ebd. S.62-82.<br />

25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!