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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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natürliche Verflochtenheit mit der Welt leugnet. Döblin wendet sich ab diesem Roman dem<br />

Individuum zu, von dem gefordert wird, dass es sich in ein, grundsätzlich positiv gedeutetes,<br />

Kollektiv einfügt. Am deutlichsten manifestiert sich diese von nun an gültige<br />

Grundkonstellation des Menschen in seinem Hauptwerk, dem Roman Berlin Alexanderplatz.<br />

Vergleicht man diese Ausführungen mit jenen Implikationen, die Castorf an sein Theater<br />

fordert, ist hervorzuheben, dass auch der Regisseur mit dem Versuch einer Annäherung an die<br />

Dichte der Realität arbeitet. Diese Form des Döblinismus 159 schlägt sich auch bei Castorf<br />

nieder. Es geht ihm nicht mehr um den eigentlichen Plot, sondern um den Bau durch Montage<br />

und Intertextualität, durch die Verdichtung verschiedenster Elemente auf der Bühne.<br />

Die Arbeitsweise, aus Versatzstücken ein neues literarisches Ganzen zu formen, ist den<br />

beiden gemein. Insbesondere die ästhetische Verfahrensweise der Montage wird bei beiden<br />

Autoren ein charakteristischer Arbeitszug.<br />

Eine Parallele beider Autoren bildet zudem jene Aussage Döblins, wie er einst formulierte:<br />

„Wenn ein Roman nicht wie ein Regenwurm in zehn Stücke geschnitten werden kann und<br />

jeder Teil bewegt sich selbst, dann taugt er nichts“ 160 . Gleichermaßen ist dieser Grundgedanke<br />

auf den Castorfschen Theatertext zu übertragen, in dem jede Szene – unabhängig vom Ganzen<br />

– isoliert <strong>für</strong> sich selbst stehen kann.<br />

159 Vgl. Döblin, Alfred: „Gehen Sie nicht weiter auf Herdenzüchtung aus; es gibt viel Lärm dabei und wenig<br />

Wolle. Bringen Sie ihr Schaf ins Trockene. Pflegen sie Ihren Futurismus, Ich pflege meinen Döblinismus.“ aus:<br />

Futuristische Worttechnik. Offener Brief an F.T. Marinetti, (1912) In: Ders. Schriften zu Ästhetik, Poetik und<br />

Literatur. Freiburg und Olten: Walter 1989 S. 113-119. S. 119.<br />

160 Döblin, Alfred: Bemerkungen zum Roman. In: Schriften zu Ästhetik, Poetik und Literatur. S. 126.<br />

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