DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Theatertextes“ 31 . Weiters betrachtet Poschmann den Theatertext als „[ein] Kompositum, [das<br />
in] unübertrefflicher Weise den „Doppelcharakter“ 32 erfasst, welcher der Dramatik als<br />
Bestandteil der Inszenierung im Theater einerseits und als literarischer Gattung mit Textstatus<br />
andererseits eigen ist. Das Vermögen, den Doppelcharakter der Gattung zu erfassen, gibt dem<br />
Begriff „Theatertext“ den Vorzug vor heute ebenfalls gebräuchlichen Alternativen wie<br />
„Stück“ und „Schauspiel“, die – mehr noch als Drama – auch synonym <strong>für</strong> „Aufführung“<br />
gebraucht werden und so tatsächlich Gefahr laufen, den literarischen Aspekt, der den<br />
Theatertext auch bestimmt, zu vernachlässigen.“ 33<br />
Zusammenfassend besteht die Besonderheit des Dramas also darin, dass es gleichzeitig als<br />
fiktionale und repräsentationale Gattung existiert. Zur deutlicheren Hervorhebung dieser<br />
Eigenheit hat sich in der Theaterwissenschaft anstelle von Drama der Begriff des<br />
Theatertextes etabliert. Dieser erfasst „als Kompositum in unübertrefflicher Weise den<br />
„Doppelcharakter“, welcher der Dramatik als Bestandteil der Inszenierung im Theater<br />
einerseits und als literarischer Gattung mit Textstatus andererseits eigen ist. Er vernachlässigt<br />
weder den literarischen Aspekt noch die Komponente der szenischen Bestimmung.“ 34 Das<br />
Besondere des Theatertextes gegenüber anderen Gattungen ist, dass er zur Aufführung<br />
gebracht werden kann: Drama ist angelegt und angewiesen auf die szenische Konkretisierung,<br />
seine Bestimmung und Vollendung findet das Drama erst in der sinnlich-konkreten<br />
Darstellung, die unter Mitwirkung von Zuschauern das theatrale Kunstwerk konstituiert; sein<br />
Ziel ist Theater. 35<br />
„Bei der Darstellung eines Theatertextes auf der Bühne wird die dramatische Handlung in<br />
Schauspielaktion umgesetzt, die Beschreibung der Spielwelt in visuell wahrnehmbare<br />
Bühnenbilder verwandelt und die gedruckten Worte werden gesprochen und gehört.“ 36<br />
Während der Rezipient beim Lesen eines Romans sein individuelles Tempo bestimmen kann,<br />
wird im Drama durch den Ablauf ein zeitliches Tempo vorgegeben. Ferner ist der Aspekt der<br />
Wiederholbarkeit zu nennen, welcher bei einem dargestellten Theatertext nicht stattfindet, da<br />
sich jede Aufführung von der anderen unterscheidet. Im Roman hingegen ist der Text ein<br />
starres Konstrukt, welches rein formal unverändert bleibt. Veränderungen finden im besten<br />
Falle in der Rezeption beim wiederholten Lesen statt. Zuletzt sei auch noch der Aspekt der<br />
31<br />
Vgl. ebd.<br />
32<br />
Striedter, Jurij: Dramatische und theatralische Kommunikation. Beiträge zur Geschichte und Theorie des<br />
Dramas und Theaters im 20. Jahrhundert. Tübingen: Narr Verlag 1992. S.7.<br />
33<br />
Poschmann: Der nicht mehr dramatische Theatertext S.41.<br />
34<br />
Poschmann: Der nicht mehr dramatische Theatertext S.40 – 41.<br />
35<br />
Stephan, Ulrike: Text und Szene. Probleme und Methoden aufführungsbezogener Dramenanalyse. München:<br />
Kitzinger 1982. S. 70.<br />
36<br />
Platz-Waury, Elke: Drama und Theater. Eine Einführung. 5.Auflage, Tübingen: Günter Narr Verlag, 1999. S.<br />
37.<br />
15