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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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1. Einleitung<br />

1.1 Themenstellung<br />

Seit dem 20. Jahrhundert ist das Theater einer zunehmenden Medienkonkurrenz ausgesetzt.<br />

Insbesondere durch das Aufkommen und der steigenden Popularität von Film und Fernsehen<br />

sah sich die <strong>Institut</strong>ion Theater immer wieder vor die Aufgabe gestellt, auch weiterhin<br />

aktuelle Stoffe und Werke <strong>für</strong> das zeitgenössische Publikum zu produzieren. Bereits die<br />

Avantgarde, später Brecht und das epische Theater, das politische Theater und im<br />

vergangenen Jahrzehnt speziell das Postdramatische Theater schafften neue und nicht immer<br />

unumstrittene Formen des Theaters und machten es so <strong>für</strong> das Publikum attraktiv.<br />

Im Zuge der Postdramatik, welche sich im vergangenen Jahrzehnt als theatrale Form<br />

zunehmend auf der Bühne etablierte und die Hierarchie des Theatertextes gegenüber anderen<br />

Bühnen- und Theaterelementen in Frage stellte, ist in jüngster Vergangenheit besonders ein<br />

Trend auf den deutschsprachigen Theaterbühnen zu beobachten: Die Inszenierung von<br />

kanonisierten 1 Romanen der Weltliteratur. In Folge der Dramatisierung von Romanen ist der<br />

Theatertext nach Form und Inhalt nicht mehr ein dramatischer Text und der historischen Trias<br />

von Lyrik, Epik und Dramatik zuzuordnen, sondern verlangt nach einem neuen Verständnis<br />

auf Gattungs- und Bedeutungsebene.<br />

Die Dramatisierung von Romanen <strong>für</strong> die Bühne ist unter anderem auch als ein Phänomen im<br />

Zuge der Krise des Theaters im 20. Jahrhundert zu verstehen. Diese Betrachtungsweise<br />

bezieht sich zum einen auf den Aspekt des Theatertextes und dessen Autorenschaft und zum<br />

anderen auf den theatersoziologischen Aspekt, da der Kulturkonsument dadurch die<br />

Möglichkeit hat, beispielsweise in verhältnismäßig geringem Zeitaufwand ein gesamtes<br />

literarisches Werk zu erfassen.<br />

Durch den Gattungswechsel und die formalen und auch inhaltlichen Veränderungen, die<br />

dieser mit sich bringt, ist in Anbetracht einer Textanalyse der Bühnenfassung auch die Frage<br />

nach der Werktreue und Autorenschaft zu stellen.<br />

Einer der bekanntesten Autoren von Romandramatisierungen ist Frank Castorf. Der Intendant,<br />

Regisseur und Autor an der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz gilt als einer der<br />

umstrittensten Theaterschaffenden der gegenwärtigen deutschsprachigen Theaterlandschaft.<br />

Er veränderte das zeitgenössische Theater maßgeblich, indem er Schauspieltheorien und<br />

Figuren veränderte, neue Möglichkeiten zur Bühnennutzung umsetzte, mit den Grenzen von<br />

Theater und Publikum experimentierte und auch dem Theatertext eine neue literarische und<br />

1 Kanon (griech. Richtschnur, Maßstab; Pl. Kanones) meint in der Literatur die allgemeingültig und dauernd<br />

verbindlich gedachte Auswahl vorbildlicher Werke (nach: von Wilpert, Gero: Sachwörterbuch der Literatur,<br />

Stuttgart: Kröner 1969. S. 534.)<br />

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