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Wiener Gesundheits- und Sozialsurvey Vienna Health and Social ...

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I. THEORIE, STICHPROBE, METHODEN Theoretisches Konzept<br />

Unter dem sozialen Netzwerk versteht man die Strukturen<br />

der sozialen Beziehungen, die bestimmte H<strong>and</strong>lungsspielräume<br />

schaffen, während die soziale Unterstützung<br />

die Inhalte betrifft, die in sozialen Beziehungen<br />

ausgetauscht werden, bzw. die Funktionen, die soziale<br />

Netzwerke für ihre Mitglieder haben (KLUS-<br />

MANN, 1989).<br />

Das persönliche Netzwerk beinhaltet in der Regel soziale<br />

Kontakte zu den Familienmitgliedern, zu Verw<strong>and</strong>ten,<br />

Fre<strong>und</strong>Innen, Bekannten, NachbarInnen, ArbeitskollegInnen<br />

usw. Von NetzwerkforscherInnen werden,<br />

um den Grad der sozialen Integration eines Individuums<br />

zu erfassen, folgende Dimensionen für wichtig gehalten:<br />

Umfang, Spannweite <strong>und</strong> Dichte sozialer Netze,<br />

die emotionale Qualität der Beziehungen sowie die Einstellung<br />

der Netzwerkangehörigen zu ihrem jeweiligen<br />

Netz.<br />

Das Konzept der sozialen Unterstützung (sozialer<br />

Rückhalt) baut auf verschiedene Begriffe, wie dem der<br />

„Sozialen Ressourcen“, der „Netzwerkunterstützung“,<br />

dem „Unterstützungssystem, oder der „Sozialen Bindung“<br />

auf (BEUTEL, 1988).<br />

Unter sozialer Unterstützung können daher die Eigenschaften<br />

dieser sozialen Netzwerke, einzelner sozialer<br />

Beziehungen <strong>und</strong> konkreter zwischenmenschlicher<br />

Prozesse verst<strong>and</strong>en werden, die vom einzelnen als<br />

wertvoll, hilfreich oder erfreulich empf<strong>und</strong>en werden<br />

(BADURA, 1988), etwa bei vertrauensvollen Gesprächen,<br />

fre<strong>und</strong>schaftlichem Beisammensein, Anerkennung<br />

in der Familie oder praktischen Hilfen zur Bewältigung<br />

von Trauer, Ängsten <strong>und</strong> Einsamkeit (WILM,<br />

1990). Diese Beziehungen tragen dazu bei, dass die Ges<strong>und</strong>heit<br />

erhalten bzw. Krankheit vermieden wird,<br />

psychische <strong>und</strong> somatische Belastungen ohne Schaden<br />

für die Ges<strong>und</strong>heit überst<strong>and</strong>en <strong>und</strong> die Folgen von<br />

Krankheit bewältigt werden können.<br />

Die soziale Unterstützung ist somit die besondere Leistung<br />

sozialer Netzwerke, wobei der subjektive Charakter<br />

dieser Phänomene in den Vordergr<strong>und</strong> tritt (GAS-<br />

SER-STEINER & FREIDL, 1995). Soziale Beziehungen<br />

werden im Kontext kritischer Lebensereignisse (z. B.<br />

Krankheit, Tod einer engen Bezugsperson, Scheidung,<br />

Arbeitslosigkeit) als Ressource für die Stressbewältigung<br />

(coping) angesehen. In solchen Situationen<br />

48<br />

kann ein Individuum bei der Stressbewältigung auf ein<br />

soziales Netzwerk zurückgreifen, um sozialen Rückhalt<br />

zu erhalten oder einzufordern (Ressourcenforschung).<br />

Die Prozesse der sozialen Unterstützung können vielfältig<br />

<strong>und</strong> in ihrer Wirkung positiv oder in seltenen<br />

Fällen negativ sein. Zusammen mit Persönlichkeitsfaktoren<br />

<strong>und</strong> Bewältigungsmustern (coping) wären soziale<br />

Bindungen, soziale Netzwerke <strong>und</strong> unterstützende<br />

soziale Interaktionen als ein „psychosoziales Immunsystem“<br />

(BADURA, 1988) beschreibbar, das den einzelnen<br />

vor seelischen <strong>und</strong> körperlichen Schäden<br />

schützt oder ihm hilft, derartige Schäden <strong>und</strong> ihre Folgen<br />

zu bewältigen. Soziale Unterstützung kann aber<br />

auch mit Kosten, z. B. einer Bedrohung des Selbstwertgefühls,<br />

verb<strong>und</strong>en sein. Sie kann für das soziale<br />

Netzwerk eine intensive Belastung <strong>und</strong> Bedrohung<br />

darstellen (GASSER-STEINER & FREIDL, 1995).<br />

Zusammenfassend lassen sich folgende ges<strong>und</strong>heitsförderliche<br />

Effekte sozialer Beziehungen beschreiben:<br />

● Aus dem Eingebettetsein in als unterstützend empf<strong>und</strong>ene<br />

soziale Beziehungen resultiert eine unmittelbare<br />

Förderung des Wohlbefindens <strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heit,<br />

ohne dass ein Individuum belastet sein<br />

muss (Direkteffekt). Diese Effekte lassen sich als<br />

„unintendierte <strong>und</strong> unbeabsichtigte ‚Neben‘-Produkte<br />

<strong>und</strong> Begleiterscheinungen“ alltäglicher sozialer<br />

Interaktionen interpretieren (NESTMANN,<br />

1988), in denen menschliche Gr<strong>und</strong>bedürfnisse<br />

nach liebevoller Zuwendung, Anerkennung, Sicherheit,<br />

sozialer Integration, etc. befriedigt <strong>und</strong><br />

gleichzeitig Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen <strong>und</strong><br />

Ich-Identität als Voraussetzungen psychosozialen<br />

Wohlbefindens entwickelt <strong>und</strong> gestützt werden<br />

(COBB, 1976; KAPLAN et al., 1987; SCHWARZER<br />

& LEPPIN, 1989).<br />

● Systeme sozialer Unterstützung helfen Menschen<br />

aber auch, ges<strong>und</strong>heitsbeeinträchtigende Folgen<br />

von Belastungen zu moderieren oder zu neutralisieren<br />

(NESTMANN, 1988). Um Menschen aber<br />

vor den pathogenen Effekten belastender Ereignisse<br />

zu schützen (Puffereffekt), müssen die Unterstützungsleistungen<br />

auf die vom Stressereignis geweckten<br />

Bedürfnisse auch „passen“, also Kongruenz<br />

von Unterstützung <strong>und</strong> individueller Bedürfnislage<br />

gegeben sein.<br />

WIENER GESUNDHEITS- UND SOZIALSURVEY

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