Alte Medizin · Homöopathie Alte ... - Antiquariat Franz Siegle
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wie ein Krebsgeschwür – frühe Reformation am Unteren Neckar.<br />
Das Sendschreiben des Hans III. Landschad von (Neckar)Steinach<br />
an Kurfürst Ludwig V. (1522). – Ein Beitrag zu Kat.-Nr. 37<br />
von<br />
Reinhard Düchting<br />
Die Reformation ist in der <strong>Alte</strong>n Kurpfalz vergleichsweise spät, zehn Jahre nach<br />
Luthers Tod (1546) doch noch zu Lebzeiten von Philipp Melanchthon (gest.<br />
1560) durch Kurfürst Ottheinrich 1556-1559 offiziell und organisiert eingeführt<br />
worden; namentlich durch den reformierten Heidelberger Katechismus (lateinisch<br />
und deutsch Heidelberg: Mayer 1563) Kurfürst Friedrichs III. und seiner<br />
Dogmatiker Kaspar Olevian und Zacharias Ursinus wurde Heidelberg bis zum<br />
durch den hochmütigen Griff des Fürsten Friedrich V. nach der böhmischen<br />
Krone ausgelösten Dreißigjährigen Krieg für zwei Generationen „deutsches<br />
Genf“ und Asyl und Hospiz der internationalen Gelehrtenwelt. Doch zeigte die<br />
reformatorische Bewegung auf ihrem langen Weg von geduldeter Predigt über<br />
ermöglichtem Abendmahl sub utraque specie und deutscher Messe bis zum<br />
Konfessionswechsel mit neuer Kirchenordnung schon früh Spuren und Folgen,<br />
auch wenn die Kurfürsten Ludwig V. (1508-1544) und sein Bruder Friedrich II.<br />
(1544-1556) bei merklicher Sympathie als Reichsfürsten loyal und folglich nur<br />
behutsam und zögerlich agieren konnten.<br />
Hans III. Landschad von Steinach (1465-1531) war mit den Jahren ein bedeutender<br />
Repräsentant der humanistisch-reformatorischen Bewegung geworden.<br />
Vor und nach 1500 in kaiserlichen und kurfürstlichen Diensten und an kriegerischen<br />
Fronten, altgläubig aufgewachsen, auf Wallfahrt ins Heilige Land und der<br />
Familie, Burg und Kirche in seiner Herrschaft hingegeben mit zahlreichen Stiftungen<br />
und materieller Ausstattung, in zweiter Ehe mit Margarete von Fleckenstein<br />
verheiratet, gerät er an die Bücher von Martin Luther, erwirbt alle, die in<br />
den letzten fünf Jahren erschienen sind, liest und vergleicht sie (wie wol ich kayn<br />
Geleertter byn) mit der biblischen Schrift und befindet, dass ihm bisher niemand<br />
hat nachweisen können, dass Luther auch nur in einem Punkt dem Wort und<br />
Geist der Bibel widerspricht (dagegen alle Mandate von Päpsten und Konzilien<br />
Menschensatzungen und wie die Zeremonien „nit all not zur seligkait“ sind):<br />
Barmherzigkeit Gottes, das ist unsere Gerechtigkeit.<br />
Ritter Hans von Steinach hatte die frühen Jahre der evangelischen Bewegung<br />
regionalnah verfolgen können: nach den 95 Wittenberger Thesen vom 31. Oktober<br />
1517 trug Luther am 26. April 1518 in Heidelberg 40 nicht weniger brisante<br />
theologisch-philosophische Paradoxa vor mit außerordentlicher Resonanz,<br />
Mitte April 1521 widerruft Luther in Worms vor Kaiser und Reich nicht: hier<br />
knüpft das Sendschreiben an. Der Landschad ist irritiert, muss er doch glauben,<br />
Kurfürst Ludwig sei „umbgefallen“ und komme seiner Schutzpflicht für den<br />
geächteten Reformator nicht nach. Als Ritter (auf welchen Stand nach Kaiser<br />
und Kurfürsten doch auch weltliches Schwert und Mahnpflicht gekommen ist)