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I. Joseph Pape - Sauerlandmundart

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In dem hier dokumentierten frühesten Disput über eine Mundartliteratur mit<br />

„erensthaftigen“ Themen für das Sauerland findet man auch ein „föderalistisches“<br />

Programm zum Verhältnis zwischen Mundart und Schriftsprache, welches<br />

– anders als die Vorrede zu Firmenichs „Völkerstimmen“ – die Vormachtstellung<br />

des Hochdeutschen ausdrücklich mit einer dauerhaften Existenzberechtigung der<br />

Mundarten verbindet: „Et gäit met-ten duitsken Dialäkten ärre met-ten duitsken<br />

Lännern. De Länner maiter-et Reik üewer siek hewen, de Name segger-et all, ’t<br />

Reik mäket se metreike. Säu het de Dialäkte de allgemaine häuduitske Sproke<br />

üewer iärk. ’t Reik soll awer de Länner beston loten, et sall fan ’n Lännern<br />

tiären, se awer nit optiären. Un dät gellet grad säu fame Häuduitsken un ’n<br />

duitsken Dialäkten.“ Deshalb nun soll das geschriebene Wort nicht länger der<br />

Hochsprache vorbehalten bleiben, während die Dialekte ein Aschenputtel-Dasein<br />

fristen. Erst eine gleichberechtigte Verschriftlichung der Mundart könne auch die<br />

– beiden Sprachen abträgliche – Vermischung von Hochdeutsch und Platt durch<br />

die – dann gegebene – Möglichkeit des Vergleichs entlarven.<br />

Die Skeptiker der Abendrunde halten als Resümee fest: Das Platt läßt sich nicht<br />

allgemein in die Schrift bringen, es bleibt vielleicht gerade deshalb umso lebendiger.<br />

Auf jeden Fall müsse das Sauerländische in seiner Ecke sitzen bleiben.<br />

Den Beweis für das Gegenteil möchte <strong>Pape</strong>, wenn es denn kein anderer tun will,<br />

durch einen eigenen literarischen Versuch in sauerländischem Platt antreten.<br />

Doch er erntet Widerspruch von seinem Freund Grimme, dem „Strunzerdäler“:<br />

Du? „...diu kuirs jo streipelig.“<br />

Genau das aber gesteht <strong>Pape</strong> ohne Wenn und Aber ein. Er spricht kein reines,<br />

sondern ein streypeliges (gestreiftes, gemischtes) Platt. Gemeint ist damit hier<br />

nicht etwa ein hochdeutscher Einfluß, den <strong>Pape</strong>, sich selber nicht ausnehmend,<br />

als kennzeichnend für den Sprachstand des Plattdeutschen überhaupt annimmt<br />

(die Kinder beginnen in der Schule ja bereits Hochdeutsch zu sprechen, wenn sie<br />

das Platt noch gar nicht ausgelernt haben). <strong>Pape</strong> spricht von Kindesbeinen an das<br />

Plattdeutsche und nennt es in einem Brief vom 13.8.1856 an Ignaz Vinzenz<br />

Zingerle, den ersten Professor für Germanistik in Innsbruck, ausdrücklich „unser<br />

aller Muttersprache“ (Grimme-Welsch 1985). Grimme erinnert in seiner Sauerlandschrift<br />

an die „gute Mutter <strong>Pape</strong>“, die bei Besuchen in Hellefeld die Gefährten<br />

des Sohnes fragte: „Segget mol: söll ut mynem <strong>Joseph</strong>ken wuall en<br />

gescheidten Mensken weeren?“ (Grimme 1983, 552) In Büren beratschlagen<br />

dann später nach Mitteilung der Enkelin Irmgard Ebbers-Scheid die Bauern in<br />

plattdeutscher Unterhaltung mit dem Justizrat <strong>Pape</strong>, „was in ihren Angelegenheiten<br />

zu machen wäre“. Eine gemalte Inschrift an <strong>Pape</strong>s neu erbautem Bürener<br />

Heim lautet: „1877 d. 20t November sinn se introcken. Guot help us födder“ (zit.<br />

Bürger 1998, 31).

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