Kreishandwerksmeister: Günther Kremer löst Alfred Marx ab
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Innungen stellen sich vor<br />
Der Zweiradhandel im westlichen<br />
Münsterland<br />
Entstehung – Wandel – Heute<br />
Die industrielle Fertigung des Fahrrads<br />
begann im großen Stil Ende<br />
des 18. Jahrhunderts. Anfänglich<br />
war es für die F<strong>ab</strong>riken sehr schwierig,<br />
geeignete Vertreiber und Verkäufer<br />
zu finden, die möglicherweise<br />
auch Reparaturen durchzuführen<br />
bereit waren.<br />
Man kam auf die Idee, neben der<br />
Anzeigenwerbung im Anhang des<br />
weit verbreiteten „Schmiedekalenders“,<br />
der mir im Original von 1904<br />
vorliegt, Werbung für Schmiede<br />
und Stellmacher zu machen, die<br />
sich ein zweites Standbein aufbauen<br />
wollten.<br />
Die Folge war im Raum des westlichen<br />
Münsterlandes, dass etwa 20<br />
Betriebe aus diesem Bereich Fahrräder<br />
in ihr Sortiment aufnahmen<br />
– einige sind damit noch heute am<br />
Markt vertreten und verkaufen nach<br />
wie vor Fahrräder. In Bocholt et<strong>ab</strong>lierten<br />
sich um 1905 und 1908 zwei<br />
Händler, von denen noch eine Familie<br />
tätig ist.<br />
Früher war das Fahrrad für viele<br />
Menschen die einzige Möglichkeit,<br />
zu ihrem Arbeitsplatz in die<br />
F<strong>ab</strong>riken zu kommen. Der heutige<br />
Fahrradkäufer kommt aus allen<br />
Bevölkerungsschichten. Als High-<br />
Tech-Produkt ist das Fahrrad zum<br />
Lifestyle-Objekt geworden, das es<br />
zum Preis von 200 bis 3.000 Euro<br />
und mehr im Fachhandel zu kaufen<br />
gibt.<br />
Der Produktwandel reicht bis hin<br />
zum Fahrrad mit Elektroantrieb<br />
mittels Lithium-Ionen-Batterie und<br />
bis hin zu 48 Volt. Dies hat zu erheblichen<br />
Veränderungen bei den<br />
technischen Anforderungen in den<br />
Werkstätten und im Handel geführt.<br />
Einen „Fietsenflicker“ im alten Sinne<br />
gibt es nicht mehr – ohne Computer<br />
ist der Service am E-Bike nicht<br />
möglich.<br />
Das Berufsbild des Zweiradmechanikers<br />
ähnelt mehr und mehr dem<br />
des KfZ-Mechatronikers. Im motorisierten<br />
Bereich sind schon die<br />
Standards der automobilen Fortbewegung<br />
wie ABS, elektronische<br />
Motorsteuerung und ähnliches erreicht.<br />
Die Ausbildungsprogramme sind<br />
sehr stark an die Automobiltechnik<br />
angelehnt. Natürlich müssen die<br />
neuen Lehrlinge den Anforderungen<br />
dieser 3,5-jährigen Ausbildung<br />
gewachsen sein. Am 31.12.2012 waren<br />
46 davon bei den 38 Innungsbetrieben<br />
im Kreis Borken in der Ausbildung.<br />
Die gute Zusammenarbeit im Innungswesen<br />
spiegelt sich in den<br />
stark besuchten jährlichen Innungsversammlungen<br />
wider. Bei der<br />
letzten Versammlung waren 27 Betriebsinh<strong>ab</strong>er<br />
- teilweise mit ihren<br />
Ehefrauen - anwesend.<br />
Umweltverträglichkeit und gesunde<br />
Fortbewegung - die Zukunft unserer<br />
schönen, gesunden CO ² -freien<br />
Lifestyle-Produkte will der Kreisbereichsleiter<br />
für den Straßenverkehr,<br />
Ludwig Stienen, beträchtlich<br />
fördern. Er be<strong>ab</strong>sichtigt, vorfahrtsberechtigte<br />
Fahrrad-Autobahnen<br />
zu bauen. Die erste Strecke soll auf<br />
der alten Bundesbahnlinie Anholt-<br />
Bocholt-Rhede-Coesfeld errichtet<br />
werden. Aufgrund der politischen<br />
Konstellation hofft Herr Stienen wie<br />
wir alle, dass es damit bald mit Unterstützung<br />
von Grün-Rot CO ² -frei<br />
weitergeht. Diese neue Linie soll besonders<br />
den schnellen Berufspendlerverkehr<br />
ansprechen. Schnelle<br />
und sportliche Fahrräder dafür – gegebenenfalls<br />
mit elektronischer Unterstützung<br />
– gibt es im Fachhandel<br />
in großer Auswahl.<br />
Die gestiegenen Preise und insbesondere<br />
das qualitätsbewusste<br />
Paul Rose, Obermeister der Innung des<br />
Zweiradmechanikerhandwerks des Kreises<br />
Borken<br />
Kreishandwerkerschaft Borken Mitgliederzeitschrift Ausg<strong>ab</strong>e 3 | Jahrgang 2 | Juli 2013<br />
© BBV Mediengruppe / Lena Neckel<br />
Kaufverhalten der Verbraucher h<strong>ab</strong>en<br />
zu erheblich höheren Durchschnittspreisen<br />
bei gleichzeitig gesunkenen<br />
Mengen geführt. In den<br />
Werkstätten wird, den teureren<br />
Fahrrädern entsprechend, ein deutlich<br />
anspruchsvollerer Kundenkreis<br />
bedient.<br />
In vielen Betrieben im Kreis Borken<br />
sind in Folge dieser gestiegenen<br />
Ansprüche gepflegte, gut ausgestattete<br />
Werkstätten und Läden<br />
entstanden. Auch in naher Zukunft<br />
ist vermehrt mit Investitionen und<br />
Personaleinstellungen zu rechnen.<br />
Zurzeit sind im Zweiradbereich im<br />
Kreis Borken rund 500 Personen beschäftigt.<br />
Dem Kunden von heute begegnet<br />
der Fachhandel mit einem breit gefächerten<br />
Angebot. Dazu zählen<br />
ganz selbstverständlich Fahrradkarten,<br />
Taschen, Navigationsgeräte,<br />
Tourenvorschläge, Bekleidung für<br />
jede Wetterlage und vieles mehr.<br />
Schließlich gehört es traditionell<br />
gerade hier im Münsterland - auch<br />
bedingt durch die Vielfalt der Vereine<br />
- zum guten Ton, mit Freunden<br />
und Vereinskameraden auf Pättkestour<br />
zu gehen. Dafür bietet der Zweiradhandel<br />
alles, was zu einer guten<br />
Ausrüstung gehört.<br />
Fazit: Der aktive Zweiradhändler hat<br />
gute Zukunftschancen.<br />
Paul Rose<br />
Obermeister der Innung des Zweiradmechanikerhandwerks<br />
des Kreises<br />
Borken