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Kernfragen des Glaubens - Evangelische Akademikerschaft in ...

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Theologie kann dem Ganzen der Evolution e<strong>in</strong>en<br />

S<strong>in</strong>n zuschreiben. Sie kann die Evolution als<br />

Schöpfung <strong>in</strong>terpretieren.<br />

Jeder Mensch kann aufgrund von religiösen Erfahrungen<br />

und mithilfe verschiedener Wissenschaften<br />

se<strong>in</strong>en Glauben entwickeln. E<strong>in</strong>e evolutionäre Veränderung<br />

<strong>in</strong>dividuellen und geme<strong>in</strong>samen <strong>Glaubens</strong><br />

vollzieht sich aber auch ohne erkennbare<br />

eigene Aktivität.<br />

Widersprüche zwischen Naturwissenschaft und<br />

Glauben?<br />

.<br />

Die Naturwissenschaften s<strong>in</strong>d heute frei von Theologie.<br />

Sie machen ke<strong>in</strong>e Aussagen über Gott. Und<br />

die Theologie formuliert ke<strong>in</strong>e Naturgesetze und<br />

steht <strong>in</strong> ihren Aussagen <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Widerspruch zu<br />

den plausiblen und reproduzierbaren Aussagen der<br />

Naturwissenschaften. Es handelt sich um verschiedene<br />

Erkenntniswege, die von uns je e<strong>in</strong>zeln wahrgenommen<br />

und nicht nur akzeptiert, sondern<br />

fruchtbar für unser Leben <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht<br />

werden sollten.<br />

„Dass es zwischen Naturwissenschaft und Glauben<br />

ke<strong>in</strong>en Widerspruch gibt, ist die wichtigste Aussage<br />

<strong>in</strong> unserer Diskussion: Die naturwissenschaftliche<br />

Welt <strong>des</strong> experimentellen Wissens und die religiöse<br />

Welt <strong>des</strong> <strong>Glaubens</strong> können sich per def<strong>in</strong>itionem<br />

nicht widersprechen, weil sie es mit zwei verschiedenen<br />

Bereichen und unterschiedliche Erkenntnismethoden<br />

zu tun haben.“<br />

Mit ke<strong>in</strong>er der beiden Erkenntniswelten alle<strong>in</strong>, mit<br />

ke<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen Wissenschaft alle<strong>in</strong> kann die<br />

existierende Wirklichkeit h<strong>in</strong>reichend erklärt<br />

werden. Ihre jeweiligen Beschränktheiten s<strong>in</strong>d<br />

offenkundig. Zum Beispiel beim Hören von Musik<br />

von Bach, der auch der fünfte Evangelist genannt<br />

wird, obliegt der Physik und Technik die<br />

Konstruktion der Instrumente, die Steuerung der<br />

Erzeugung und die Weiterleitung der Schallwellen,<br />

die Erzeugung der Schw<strong>in</strong>gungen im Trommelfell<br />

und Signalübertragung <strong>in</strong> das Gehirn. Das<br />

eigentliche Hören der Musik und die damit<br />

verbundenen Empf<strong>in</strong>dungen werden auf diese<br />

Weise aber nicht erfasst. Hier werden<br />

Wahrnehmungen angestoßen, die über die<br />

materiellen Abläufe h<strong>in</strong>aus gehen. Das wahrnehmende<br />

Hören mit se<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>nesassoziationen ist<br />

ebenso Teil der Wirklichkeit, wie auch die den Ton<br />

abstrahlende schw<strong>in</strong>gende Saite oder e<strong>in</strong>e Orgelpfeife.<br />

Erst die messbaren Abläufe und die emotionalen<br />

Empf<strong>in</strong>dungen zusammen ergeben die Realität<br />

der Musik.<br />

Texte <strong>in</strong> der Bibel, die sche<strong>in</strong>bar im Widerspruch zu<br />

unserer Naturerfahrung stehen, s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e historisch<br />

oder gar naturwissenschaftlich beschreibende<br />

Darstellungen, sondern re<strong>in</strong>e <strong>Glaubens</strong>bezeugungen<br />

<strong>in</strong> der Sprache der damaligen Zeit. Zum Bei-<br />

spiel heißt es <strong>in</strong> der Bibel bei Lukas <strong>in</strong> der Geburtsankündigung<br />

(Lk 1,35): „Der heilige Geist wird<br />

über dich kommen, und die Kraft <strong>des</strong> Höchsten<br />

wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige,<br />

das von dir geboren wird, Gottes Sohn genannt<br />

werden.“<br />

Nach antikem Glauben wurden Herakles und Alexander<br />

durch Zeus’ „göttlichen Geist“ gezeugt und<br />

somit zu Gottessöhnen. E<strong>in</strong>e Frau konnte durch<br />

„Besehen“ e<strong>in</strong>es Gottes schwanger werden. Die<br />

Mutter <strong>des</strong> vergöttlichten Kaisers Nero trug den<br />

Titel Gottesgebärer<strong>in</strong>.<br />

Wie damals <strong>in</strong> der griechisch-mythologische Sprache,<br />

<strong>in</strong> der zur Zeit der Entstehung <strong>des</strong> Neuen Testaments<br />

über Gottessöhne und deren Mütter würdigend<br />

und anbetend gesprochen wurde, bee<strong>in</strong>flusst<br />

auch modernes Denken heutige unterschiedliche<br />

Gottesvorstellungen.<br />

Dementsprechend wird die Besonderheit Jesu nicht<br />

(mehr wie früher weith<strong>in</strong> verbreitet) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Schwangerschaft ohne männlichen Zeugungsakt<br />

gesehen, sondern <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em unvergleichlichen engen<br />

Verhältnis zu Gott, von dem er mehr und anders<br />

erfüllt und bestimmt geglaubt wurde als andere<br />

Menschen; weshalb er auch mit e<strong>in</strong>em schon<br />

damals gebräuchlichen Ausdruck „Gottes Sohn“<br />

genannt und als solcher verehrt wurde.<br />

Es gibt ke<strong>in</strong>en Widerspruch zwischen Naturwissenschaften<br />

und Glauben, auch wenn sie sich der gleichen<br />

Sprache bedienen, die im Spiegel der jeweiligen<br />

Zeit verstanden werden muss. Naturwissenschaften<br />

und Theologie befassen sich mit unterschiedlichen<br />

Aspekten der Wirklichkeit, die für sich<br />

genommen ke<strong>in</strong>en berechtigten Anspruch auf die<br />

Erfassung der Gesamtwirklichkeit dieser Welt erheben<br />

können. Erst das Zusammenwirken beider<br />

Bereiche <strong>in</strong> Kenntnis ihrer jeweiligen Begrenztheit<br />

br<strong>in</strong>gt uns weiter im Verstehen und Gestalten unserer<br />

Lebenswirklichkeit.<br />

Diese Unterscheidung von Naturwissenschaft und<br />

Glaube ermöglicht es (und fordert!), Aussagen wie<br />

die über Weltentstehung und Schöpfung sowie von<br />

Evolution und Leben als Gabe Gottes, eigenständig<br />

mit den jeweils anerkannten Methoden zu erfassen<br />

und nach den Grundpr<strong>in</strong>zipien der eigenen<br />

Betrachtungsweise zu <strong>in</strong>terpretieren. Wer sich für<br />

den Glauben an Gott entscheidet, gew<strong>in</strong>nt nach<br />

Hans Küng e<strong>in</strong>e Art archimedischen Punkt, von<br />

dem aus grundsätzliche Antworten auf die drei<br />

Fragen Kants gesucht werden können: Was können<br />

wir wissen? Was sollen wir tun? Was dürfen<br />

wir hoffen?<br />

Die metaempirische, philosophisch-theologische<br />

Betrachtung ist gleichberechtigt mit der<br />

naturwissenschaftlichen. E<strong>in</strong>e Monopolisierung im<br />

S<strong>in</strong>ne der Erkenntnis auf Seiten der Naturwissenschaften<br />

oder der Religionen führt zur<br />

Verabsolutierung von Teilwahrheiten, zu Intoleranz<br />

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