Kernfragen des Glaubens - Evangelische Akademikerschaft in ...
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schen betrachtet und erlebt werden. „Wie kriege ich<br />
e<strong>in</strong>en gnädigen Gott?“ war e<strong>in</strong>e existenzielle <strong>Glaubens</strong>frage<br />
Mart<strong>in</strong> Luthers, die er mit „Aus Gnade,<br />
nicht für Leistung und Werke“ beantwortete. Da geht<br />
es dann nicht mehr um Schuld und Sünde im E<strong>in</strong>zelfall,<br />
sondern um das gesamte Verhältnis von Menschen<br />
zu Gott. In diesem Zusammenhang wird die<br />
Gewährung von Vergebung mit Gnade begründet.<br />
Das widerspricht aber nicht der Beachtung von Formen<br />
der Erfahrung von Vergebung, wie sie <strong>in</strong> den<br />
folgenden Voraussetzungen für den Empfang von<br />
Vergebung dargestellt werden. (Die dafür von der<br />
Kirche entwickelte detaillierte Praxis der Gnadenverwaltung<br />
brachte allerd<strong>in</strong>gs viele Menschen <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e mit dem christlichen Glauben unvere<strong>in</strong>bare Abhängigkeit.<br />
Mart<strong>in</strong> Walser hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em 2010<br />
erschienenen Buch „Rechtfertigung“ gezeigt, dass<br />
die Rechtfertigung auch ohne e<strong>in</strong>en Glauben an Gott<br />
im traditionellen S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong> elementares humanes Problem<br />
ist). -> Hoffnung über den Tod h<strong>in</strong>aus, Neuzeitliche<br />
Verstehensansätze.<br />
Voraussetzungen für den Empfang der Vergebung.<br />
Erkenntnis der Schuld bzw. der Sünde<br />
Schuld und Sünde werden im christlichen Glauben<br />
erkennbar durch die Beachtung der Gebote (Gottes),<br />
der „Goldenen Regel“ oder durch den E<strong>in</strong>fluss anderer<br />
vorbildlicher Personen, <strong>in</strong>sbesondere <strong>des</strong> Jesus<br />
von Nazaret, oder durch Begegnung mit Gott (wie es<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bekenntnis der Baptisten enthalten ist: „In<br />
der Begegnung mit Jesus Christus erfahren wir das<br />
Böse <strong>in</strong> uns und <strong>in</strong> gesellschaftlichen Strukturen als<br />
Sünde gegen Gott.“ (zit. nach Wikipedia).<br />
Beatrice v. Weizsäcker me<strong>in</strong>t (<strong>in</strong> „Ist da jemand?“),<br />
Vergebung von Gott sei unnötig, weil Gott niemand<br />
verdammt. Statt über Sünde gegenüber Gott nachzudenken<br />
sei es besser, die eigenen Fehler zu erkennen<br />
und abzustellen.<br />
Dazu kann auf die von Mitmenschen geübte Kritik<br />
verhelfen, auch wenn es meist schwer fällt, die anzunehmen.<br />
Schuld lässt sich häufig auch als Ursache für schädliche<br />
Wirkungen erkennen.<br />
Ohne Reue ke<strong>in</strong>e Vergebung<br />
Reue ist das Gefühl und/oder die Erkenntnis, falsch<br />
gehandelt zu haben, Unzufriedenheit, Abscheu,<br />
Schmerz und Bedauern über das eigene fehlerhafte<br />
Tun und Lassen, verbunden mit dem Bewusstse<strong>in</strong><br />
von <strong>des</strong>sen Unwert und Unrecht sowie mit dem Willensvorsatz<br />
zur (wenn möglich) Wiedergutmachung<br />
und Besserung.<br />
An vielen Bibelstellen ist aber von Reue als Voraussetzung<br />
zur Vergebung nicht ausdrücklich die Rede.<br />
Sie wird <strong>in</strong> frühchristlicher Zeit <strong>in</strong> der Annahme der<br />
Taufe ihren Ausdruck erhalten haben. (Petrus<br />
antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse<br />
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sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung<br />
se<strong>in</strong>er Sünden; dann werdet ihr die Gabe <strong>des</strong><br />
Heiligen Geistes empfangen.“ Apostelgeschichte<br />
2,38)<br />
Durch die Reue wird die Schulderkenntnis <strong>in</strong> den<br />
größeren Zusammenhang <strong>des</strong> <strong>Glaubens</strong> gestellt.<br />
Psychologisch gesehen kann langes und stark empfundenes<br />
Bedauern e<strong>in</strong>er als schuldhaft bewerteten<br />
Tat oder Unterlassung zu erheblichen Persönlichkeitsstörungen<br />
führen.<br />
Im rechtlichen Bereich kann gezeigte (<strong>in</strong>sbesondere<br />
„tätige“) Reue das Strafmaß verr<strong>in</strong>gern.<br />
Reue wird e<strong>in</strong>geschränkt oder verh<strong>in</strong>dert durch die<br />
Neigung schuldig gewordener Menschen, sich zu<br />
ihrer Entlastung zu „entschuldigen“, <strong>in</strong>dem sie das<br />
Vergehen als nicht so schlimm, teilweise berechtigt<br />
oder gar nicht als Schuld anerkennen. Sehr oft wird<br />
auch auf e<strong>in</strong>e Mitschuld <strong>des</strong> Opfers bzw. e<strong>in</strong>es<br />
schuldhaft Geschädigten, z.B. bei sexuellem Missbrauch,<br />
h<strong>in</strong>gewiesen bzw. e<strong>in</strong>e solche behauptet<br />
(was oft zu großen seelischen Problemen bei den<br />
Opfern führt). Der Glaube wird dafür ke<strong>in</strong>e Begründung<br />
zulassen, die nur der eigenen Entschuldigung<br />
dienen soll.<br />
Im Bewusstse<strong>in</strong> größerer Wirklichkeit gibt es die<br />
Bitte um Vergebung für Schuld und Sünden, die<br />
auch Gläubigen nicht bewusst s<strong>in</strong>d oder nicht erkannt<br />
werden („Jeder ist an allem schuld“ lautet e<strong>in</strong><br />
Ausspruch <strong>des</strong> Dichters Dostojewski).<br />
Vergebung empfängt nur wer selbst anderen vergibt.<br />
„..und vergib uns unsere Schuld, ... wie auch wir<br />
vergeben unseren Schuldigern“ heißt es im Vaterunser-Gebet<br />
Jesu.<br />
Voraussetzung für den Empfang von Vergebung von<br />
Gott ist, dass e<strong>in</strong> Mensch selbst auch anderen vergibt,<br />
die an ihm/an ihr oder anderen oder an der<br />
Umwelt schuldig geworden s<strong>in</strong>d.<br />
Formen <strong>des</strong> Zuspruchs und Empfangs von Vergebung<br />
Nach evangelischem Verständnis wird <strong>in</strong> der Feier<br />
<strong>des</strong> Abendmahls Vergebung zugesprochen und<br />
empfangen. Das zeigen die sog. E<strong>in</strong>setzungs-Worte:<br />
„...für euch gegeben und vergossen zur Vergebung<br />
der Sünden.“ Dazu Luther <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Katechismus:<br />
„Und wer diesen Worten glaubt, der hat, was sie<br />
sagen und wie sie lauten, nämlich: Vergebung der<br />
Sünden.“<br />
Es ist also für den christlichen Glauben ke<strong>in</strong> (notwendigerweise<br />
öfters erfolgender) Akt Gottes nötig,<br />
der nach e<strong>in</strong>er Prüfung, ob die Reue ausreichend ist<br />
oder nicht, über die Gabe der Vergebung im E<strong>in</strong>zelfall<br />
entscheidet.