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Kernfragen des Glaubens - Evangelische Akademikerschaft in ...

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steht. Das ist im Grunde nichts anderes als Realismus<br />

und nüchterne Sachlichkeit. Es ist schon viel<br />

gewonnen, wenn das Unverfügbare im Gebet wenigstens<br />

benannt und abgegrenzt ist.<br />

Im Gebet wird jedenfalls — wie <strong>in</strong> der Wissenschaft<br />

— die Grenze <strong>des</strong>sen, was völlig unmöglich ersche<strong>in</strong>t,<br />

sehr weit h<strong>in</strong>ausgeschoben. Wenn Bitten<br />

an Gott gerichtet werden, so beziehen sie sich <strong>in</strong><br />

der Regel auf etwas, das der Mensch nach vernünftiger<br />

E<strong>in</strong>schätzung der Lage mit den ihm zur<br />

Verfügung stehenden Hilfsmitteln zur Zeit oder auf<br />

lange Sicht h<strong>in</strong> nicht realisieren kann, was er aber<br />

auch nicht aufgeben will.<br />

Willensbildung und Entscheidungsvorbereitung<br />

Wird im Zusammenhang mit wichtigen Entscheidungen<br />

gebetet, so kommt dies e<strong>in</strong>er längeren Offenhaltung<br />

gleich, was die E<strong>in</strong>beziehung weiterer<br />

Aspekte ermöglicht. Wenn für Notleidende gebetet<br />

wird, so wirkt das als Selbstverpflichtung auf die<br />

Betenden zurück. Das Fürbittengebet für Kranke<br />

und Gefangene zeigt und verstärkt die durch den<br />

Glauben begründete Geme<strong>in</strong>schaft. „Das Gebet<br />

bereitet den Menschen darauf vor, die Verantwortung<br />

für se<strong>in</strong>e Welt zu übernehmen"-<br />

Wenn das Beten helfen würde.....<br />

Hoffnung auf Hilfe ist immer noch e<strong>in</strong> starkes religiöses<br />

und psychologisches Motiv <strong>des</strong> Betens. Das<br />

Gebet ist <strong>in</strong> vielen Notlagen die e<strong>in</strong>zige Möglichkeit,<br />

wenigstens etwas zu tun, wenn es auch nicht sofortige<br />

Abhilfe zur Folge hat. Hier wird Gott verstanden<br />

als e<strong>in</strong>er, der mehr oder weniger direkt <strong>in</strong> den<br />

Ablauf der Geschehnisse e<strong>in</strong>greift.<br />

Für den christlichen Glauben ist aber, wie oben<br />

schon erwähnt, die Hoffnung auf Erfüllung von<br />

Wünschen nicht das Hauptmotiv für das Beten. Es<br />

gibt andere gleichwertige und überzeugende Funktionen.<br />

So ist das Gebet e<strong>in</strong>e Möglichkeit, Form und<br />

Übung, von sich selbst weg zu denken, sich zu<br />

öffnen und offenzuhalten für den größeren Zusammenhang<br />

und die größere Wirklichkeit. Als<br />

Verhaltensweise ist das Gebet weitgehend unabhängig<br />

von äußeren Anlässen und Ereignissen und<br />

zu jeder Zeit und fast unter allen Umständen praktizierbar.<br />

Der Mensch gew<strong>in</strong>nt dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Abstand<br />

von sich selbst und von der Situation, <strong>in</strong> der er sich<br />

bef<strong>in</strong>det. Auf dem Umweg über das Gebet sieht der<br />

Mensch sich selbst im größeren Zusammenhang.<br />

Es hat für ihn die Wirkung e<strong>in</strong>es religiösen archimedischen<br />

Punktes. Jederzeit und ohne Begrenzung<br />

kann so mit e<strong>in</strong>em unendlichen Gesprächspartner<br />

geredet werden, dass jede Bewertung von<br />

Ereignissen, jede konkrete Situation und je<strong>des</strong> ei-<br />

gene Empf<strong>in</strong>den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Licht ersche<strong>in</strong>t.<br />

Dadurch entsteht Freiheit.<br />

Betende wenden sich <strong>in</strong> ihrem Bewusstse<strong>in</strong> und<br />

Reden dem zu, was jenseits ihrer Grenzen liegt,<br />

was se<strong>in</strong>em Wesen nach nicht erreichbar ersche<strong>in</strong>t.<br />

In der christlichen Gebetspraxis kommt deutlich<br />

zum Ausdruck, dass das Gebet vielfach auch Reaktion<br />

auf etwas Erfahrenes, Gehörtes oder Gelesenes<br />

ist. Es stellt also e<strong>in</strong>e Wechselbeziehung zur<br />

Außenwelt her und <strong>in</strong>stitutionalisiert sie geradezu.<br />

Rückwirkungen <strong>des</strong> Gebetes auf e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft<br />

Zu beachten (und zu beobachten!) ist, dass das<br />

Gebet Rückwirkungen auf die Betenden hat. So<br />

zeigt sich z.B. an den Gebeten e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaft,<br />

worauf es ihr ankommt, was ihr wichtig ist.<br />

So wird e<strong>in</strong>e zu politischen Zielen oder gegen Ungerechtigkeit<br />

betende Gruppe nur gewaltfrei agieren<br />

können.<br />

Geme<strong>in</strong>sam zum gleichen Gott betende Menschen<br />

haben normalerweise ke<strong>in</strong>e großen Unterschiede<br />

<strong>in</strong> ihrer gegenseitigen Wertschätzung.<br />

Gebetete Fürbitte kann die Bereitschaft zur Hilfe<br />

verstärken.<br />

Beten mit K<strong>in</strong>dern – warum und wie<br />

Beim Beten erlebt das K<strong>in</strong>d, dass es außer den<br />

Erwachsenen noch jemanden gibt, der <strong>in</strong> ihrem<br />

Leben wichtig ist. Dem man alles anvertrauen kann<br />

- gute und schlechte Erlebnisse. Das kann K<strong>in</strong>dern<br />

im Leben helfen und entlastet sie. Gott ist sogar<br />

jemand, zu dem man reden kann, wenn e<strong>in</strong>en ke<strong>in</strong><br />

Erwachsener versteht. Durch Beten erleben K<strong>in</strong>der<br />

die Gewissheit, nie alle<strong>in</strong>e zu se<strong>in</strong>: Gott ist da, zu<br />

ihm kann ich beten, mit ihm kann ich reden, ihn<br />

kann ich mit <strong>in</strong>s Leben h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> nehmen.<br />

Erwachsene, die mit ihren K<strong>in</strong>dern beten, vermitteln<br />

ihnen e<strong>in</strong>e Geborgenheit, die das ganze Leben<br />

tragen kann. Gleichzeitig erziehen sie ihre K<strong>in</strong>der<br />

aber auch zur Selbstständigkeit, denn das Gebet<br />

kann zu e<strong>in</strong>em Ort werden, an dem sich das K<strong>in</strong>d<br />

eigenständig und unabhängig von den Erwachsenen<br />

fühlt.<br />

Kritik am Gebet<br />

Folgende Argumente werden <strong>in</strong> der Kritik am Gebet<br />

häufig genannt:<br />

Durch das Gebet kann e<strong>in</strong>e Flucht vor der Realität<br />

versucht werden. Man f<strong>in</strong>det sich allzu<br />

leicht damit ab, dass die Welt nicht verändert<br />

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