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Kernfragen des Glaubens - Evangelische Akademikerschaft in ...

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Die Metapher „Jüngstes Gericht“ ist e<strong>in</strong> Symbol für<br />

die weitreichenden Wirkungen von Fehlverhalten,<br />

z.B. Umweltzerstörung, Verschwendung.<br />

Auch das Denken und Wollen wird der Prüfung auf<br />

Sünde unterzogen und das nicht nur <strong>des</strong>halb, weil<br />

dar<strong>in</strong> Motive zu schuldhaftem Tun entstehen. Vielmehr<br />

geht es dabei um die gesamte Qualität e<strong>in</strong>es<br />

Individuums oder e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>schaft. Dabei kam es<br />

<strong>in</strong> früherer Zeit besonders bei der Sexualität zu negativen<br />

Bewertungen, während z.B. nationalistisches<br />

Denken und Fremdenhass erst neuerd<strong>in</strong>gs als Sünde<br />

gelten.<br />

Die Aussage „Gott sieht alles“ (wie im „Wort zum<br />

Sonntag“ am 15.1.2012 betont) wurde früher <strong>in</strong>sbesondere<br />

bei der Erziehung von K<strong>in</strong>dern als Angst<br />

machende Drohung dazu benutzt, unerwünschtes<br />

Verhalten zu verh<strong>in</strong>dern. Nach neuerem Gottesverständnis<br />

wird Gott nicht (mehr) als allgegenwärtiger<br />

Aufpasser gebraucht, der jeden e<strong>in</strong>zelnen Gedanken<br />

e<strong>in</strong>es Menschen bewertet. Beim Blick auf Völkermorde,<br />

unfassbare Holocaust-Gräueltaten und mehr<br />

als 55 Millionen Tote im 2. Weltkrieg kann man auf<br />

das Böse schließen, das im Menschen steckt, auch<br />

wenn er Jahrzehntelang ganz friedlich und bürgerlich<br />

lebt; je mehr Böses ihm zugetraut wird, <strong>des</strong>to<br />

realistischer sollten alle Möglichkeiten der Vermeidung<br />

von Sünde und Schuld bedacht werden – gerade<br />

auch mit der Offenheit für die größere Dimension<br />

Gottes. Zu der dann aber auch das Staunen über<br />

die Schönheit und den Reichtum <strong>des</strong> Lebens gehört.<br />

Altertümliche Vorstellungen von Sünde als Symbole<br />

<strong>in</strong>terpretieren<br />

E<strong>in</strong>ige biblische und altertümliche Vorstellungen von<br />

Sünde – wie Sündenfall, Erbsünde und Sünde als<br />

Ursache <strong>des</strong> To<strong>des</strong> – s<strong>in</strong>d heute von ihrem (damaligen)<br />

Symbolgehalt her zu verstehen.<br />

Wer sich für die Annahme <strong>des</strong> christlichen <strong>Glaubens</strong><br />

und damit für Offenheit sowohl der eigenen Schuld<br />

gegenüber wie für den größeren Zusammenhang<br />

der Gerechtigkeit Gottes entschieden hat, muss<br />

auch mit dem Problem fertig werden, dass heute<br />

viele Kriterien der Schuldfeststellung <strong>in</strong>adäquat werden<br />

oder sich im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> bestimmter H<strong>in</strong>sicht<br />

als falsch oder als überflüssig herausstellen.<br />

Als Beispiele <strong>in</strong> rechtlicher H<strong>in</strong>sicht s<strong>in</strong>d hier die Reform<br />

<strong>des</strong> Ehescheidungs- und Familienrechtes sowie<br />

die Paragraphen über die Homosexualität oder<br />

die Abtreibung zu nennen, aber auch e<strong>in</strong> verändertes<br />

nationales Selbstbewusstse<strong>in</strong>, E<strong>in</strong>stellung zu<br />

M<strong>in</strong>oritäten und das Wirtschafts- und Arbeitsrecht.<br />

Neue Kriterien werden für den Umweltschutz und für<br />

Kriegsverbrechen und Völkermord entwickelt.<br />

44<br />

Der „Sündenfall“<br />

Nimmt man die Schöpfungserzählung der Bibel wörtlich,<br />

so verstieß das erste Menschenpaar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Urzustand gegen das Gebot Gottes, nicht von den<br />

Früchten <strong>des</strong> Baumes der Erkenntnis von Gut und<br />

Böse zu essen. Es wurde <strong>des</strong>halb aus dem als „Paradies“<br />

verstandenen „Garten Eden“ ausgestoßen.<br />

Die Geschichte soll erklären, wie das Böse <strong>in</strong> die<br />

Welt kam. Es ist lebensbedrohlich. Deshalb ist die<br />

Unterscheidung zwischen Gut und Böse für die Entwicklung<br />

<strong>des</strong> Lebens und das Überleben grundlegend<br />

und lebenswichtig. Etwas ausführlicher soll an<br />

diesem Beispiel e<strong>in</strong>e Fehlentwicklung <strong>des</strong> christlichen<br />

<strong>Glaubens</strong> dargestellt werden:<br />

Es ist e<strong>in</strong> bedauerliches, <strong>in</strong> der frühen Kirchengeschichte<br />

entstandenes Missverständnis, dass die<br />

Geschichte von der Versuchung zum Abfall von<br />

Gott, also zur Sünde, irgendetwas mit sexuellen Bedürfnissen<br />

zu tun habe. Gilt doch <strong>in</strong> der jüdischen<br />

Tradition Sexualität als hohes Gut, als gute Gabe<br />

<strong>des</strong> Schöpfers. E<strong>in</strong> zölibatär lebender Rabbi ist für<br />

das Judentum e<strong>in</strong>e unmögliche Vorstellung. Sexualität<br />

zu leben, gehört sogar mit zur Feier <strong>des</strong> Sabbats.<br />

Selbstverständlich kann Sexualität missbraucht werden.<br />

Je kostbarer das Geschenk, <strong>des</strong>to schmerzlicher<br />

se<strong>in</strong> Missbrauch. Aber das alle<strong>in</strong> kann nicht der<br />

Grund se<strong>in</strong> für die katastrophale Fehl<strong>in</strong>terpretation<br />

von Genesis 3 <strong>in</strong> der christlichen Tradition. In 1. Mose<br />

3,5 sagt die Schlange verführerisch: „Gott weiß:<br />

An dem Tag, da ihr davon esset … werdet ihr se<strong>in</strong>,<br />

wie Gott.“<br />

Das ist Sünde: Mehr se<strong>in</strong> zu wollen, als endlicher<br />

und darum gefährdeter Mensch, der gerade se<strong>in</strong>es<br />

Gefährdetse<strong>in</strong>s wegen – was bekanntlich Angst<br />

macht - den Traum von Omnipotenz und ewigem<br />

Leben träumt. Diese Hybris also: das ist Sünde!<br />

Diese Deutung <strong>des</strong> Sündenfall-Mythos wird bestätigt<br />

durch den Mythos vom Bau <strong>des</strong> Turms zu Babel.<br />

Dort, <strong>in</strong> Gen. 11,4, heißt es: “Wohlauf, lasst uns e<strong>in</strong>e<br />

Stadt und e<strong>in</strong>en Turm bauen (Sicherheitsbedürfnis!),<br />

<strong>des</strong>sen Spitze bis an den Himmel reicht (Se<strong>in</strong> wollen<br />

wie Gott!), „denn wir werden sonst zerstreut <strong>in</strong> alle<br />

Länder.“ Also wieder die Angst um die eigene Existenz<br />

im Gegensatz zum Vertrauen auf die uns tragende<br />

Kraft Gottes. Mit anderen Worten: Glaube<br />

oder Unglaube.<br />

Damit ist der Begriff „Sünde“ e<strong>in</strong>deutig def<strong>in</strong>iert: Aus<br />

der Angst um sich selber erwächst die Versuchung,<br />

sich zu sichern aus eigener Kraft und damit die Hybris,<br />

se<strong>in</strong> zu wollen wie Gott.<br />

Dieser Glaube, nur durch Leistung, Kraft und Stärke<br />

der eigenen Existenz Geltung, Anerkennung und<br />

damit Sicherheit geben zu können – mit anderen<br />

Worten, se<strong>in</strong>em Leben durch eigene Kraft S<strong>in</strong>n geben<br />

zu müssen, – hat unzählige Katastrophen über<br />

die Menschheit gebracht:

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