Kernfragen des Glaubens - Evangelische Akademikerschaft in ...
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schaftsbildung <strong>in</strong>mitten <strong>des</strong> jüdischen Umfel<strong>des</strong>,<br />
aus dem diese M<strong>in</strong>derheit der Christus-Leute ausgegrenzt<br />
wurde. Für sie wurde im Anschluss an die<br />
Bezeichnung <strong>des</strong> Volkes Israel der Name „Ekklesia“<br />
gebräuchlich – das profan-griechische Wort<br />
der Volksversammlung. Die Herausgerufenen. Dieses<br />
Wort steckt <strong>in</strong> „Kirche“.<br />
Diese Gruppe hatte vom Jesusgeist den universellen<br />
Auftrag übernommen, die ethnische Grenze zu<br />
durchbrechen. So war die Christus-Geme<strong>in</strong>schaft,<br />
die christliche Kirche, von Anfang an <strong>in</strong>ternational<br />
globalisiert. Ihre Gründungsgeschichte von Pf<strong>in</strong>gsten<br />
ist die e<strong>in</strong>er charismatischen Verkündigung,<br />
die von e<strong>in</strong>er die ethnischen und sprachlichen<br />
Grenzen durchbrechenden Verständigung erzählt.<br />
E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Samen wuchs zu e<strong>in</strong>em weitverzweigten<br />
Baum.<br />
Für „Kirche“ – Gottesvolk und Christus-<br />
Geme<strong>in</strong>schaft – f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Bibel viele Bildworte<br />
oder Umschreibungen, die Facetten <strong>des</strong> Wesentlichen<br />
aufgreifen:<br />
das geistliche Haus, auf Petrus-Bekenntnis-Fels<br />
gebaut,<br />
der Leib Christi, die Heiligen,<br />
Versammlung im Namen Jesu (synagoge), Später<br />
sagte man auch<br />
Familie Gottes, Liebesgeme<strong>in</strong>schaft, civitas dei –<br />
im Bekenntnis ausgesprochen als die e<strong>in</strong>e, heilige,<br />
katholische (allgeme<strong>in</strong>e / christliche) und apostolische<br />
Kirche.<br />
Für die Reformation formulierte der Artikel 7 <strong>des</strong><br />
Augsburger Bekenntnisses:<br />
„Es müsse allezeit e<strong>in</strong>e christliche Kirche se<strong>in</strong> und<br />
bleiben, „die die Versammlung aller Gläubigen ist,<br />
bei denen das Evangelium re<strong>in</strong> gepredigt und die<br />
heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht<br />
werden. Denn das genügt zur wahren E<strong>in</strong>heit der<br />
christlichen Kirche [...] Und es ist nicht zur wahren<br />
E<strong>in</strong>heit der christlichen Kirche nötig, dass überall<br />
die gleichen, von den Menschen e<strong>in</strong>gesetzten Zeremonien<br />
e<strong>in</strong>gehalten werden [...]“<br />
Wort und Sakrament, verstanden als Gottes Handeln,<br />
begründet und erhält die Kirche.<br />
Manche Texte der Gesangbuchlieder s<strong>in</strong>d für das<br />
Kirchenverständnis der Laien nachhaltiger als die<br />
der universitären Theologie, allerd<strong>in</strong>gs gegenüber<br />
neuzeitlichem <strong>Glaubens</strong>verständnis oft veraltet.<br />
Der unterschiedliche Sprachgebrauch von „Kirche“<br />
ist zu beachten: „Kirche“ kann sowohl den Gesamtkörper<br />
als auch se<strong>in</strong>e Teile, also die E<strong>in</strong>zelgeme<strong>in</strong>de<br />
und Teile der Organisation me<strong>in</strong>en. Man sagt<br />
„Zur Kirche gehen“ und me<strong>in</strong>t damit die Teilnahme<br />
an allem Gottesdienstlichen, das Verhältnis zur<br />
E<strong>in</strong>zelgeme<strong>in</strong>de. Man sagt auch: „Zur Kirche gehören“<br />
und me<strong>in</strong>t das <strong>in</strong> welcher Form auch immer<br />
geäußerte Bekenntnis zur Mitgliedschaft, das Ver-<br />
hältnis zur christlichen Religion. Doch bedenke:<br />
„Kirche“ <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>zahl gibt es heutzutage nur <strong>in</strong> der<br />
<strong>Glaubens</strong>wirklichkeit. Ansonsten reden wir von<br />
Kirche gewöhnlich im S<strong>in</strong>ne von unserer Kirche, die<br />
sich immer nur als e<strong>in</strong>e Teilgruppe verstehen kann<br />
oder ganz allgeme<strong>in</strong> von dieser Geme<strong>in</strong>schaft und<br />
Organisation.<br />
Kirche kommt also von weit her, <strong>in</strong> und mit der<br />
Tradition. Dies prägt sie und wird sie auch <strong>in</strong><br />
Zukunft prägen trotz der berechtigten Aufforderung<br />
zu Aktualität.<br />
Wechselnde Geschichte, Entwicklung zur Organisation<br />
und Institution<br />
„Ich habe gelernt, dass die Kirche e<strong>in</strong>er wechselvollen<br />
Geschichte ausgeliefert war und immer ist.<br />
Sie zeigt diverse Schwächen, sogar Abscheulichkeiten,<br />
beweist aber auch e<strong>in</strong>e erstaunliche Wandlungsfähigkeit<br />
und Erneuerungsstärke.“<br />
Schon <strong>in</strong> den Anfängen ist <strong>in</strong> den Christengeme<strong>in</strong>den<br />
erkennbar, wie festere Strukturen wachsen. In<br />
den folgenden drei Jahrhunderten und im Kampf<br />
um ihre Legitimation gegenüber dem Judentum<br />
und der hellenistischen Umwelt bildete sich aus<br />
Orts- und Regionalkirchen e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Kirche<br />
aus, deren Führung Rom übernahm. Aus unterschiedlichem<br />
Kontext s<strong>in</strong>d uns aus der Anfangszeit<br />
die Paulusbriefe, die vier Jesusgeschichten, die<br />
Apostelgeschichte und andere Briefen und Schriften<br />
überliefert, die E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Entstehung der<br />
erste Geme<strong>in</strong>den geben. Es s<strong>in</strong>d auch Schriften<br />
erhalten, die die Existenz von Gruppen mit spezieller<br />
Überlieferung beweisen, doch <strong>in</strong> der größeren<br />
Kirchengeme<strong>in</strong>schaft ke<strong>in</strong>e Anerkennung fanden.<br />
Die Großkirche e<strong>in</strong>igte sich auf e<strong>in</strong>e Gruppe von<br />
Schriften, den „Kanon“, der das „Neue Testament“<br />
genannt wurde. Das wurde die Grundlage <strong>des</strong><br />
<strong>Glaubens</strong>bekenntnisses. Bibeltexte wurden oft als<br />
„Wort Gottes“ bezeichnet; sogar die Erklärungen<br />
e<strong>in</strong>zelner Stellen <strong>in</strong> Predigten wurden so genannt.<br />
Das Wertbewusstse<strong>in</strong> der eigenen Tradition steigerte<br />
sich bis h<strong>in</strong> zu der Aussage, dass es außerhalb<br />
der Kirche ke<strong>in</strong> Heil gebe. (Cyprian, ca 200 –<br />
258 n.Chr,)<br />
Die Auffassung <strong>des</strong> Neuen Testaments bildete<br />
auch die Auslegungskriterien für das jüdische Alte<br />
Testament, das nach christlichem Verständnis fest<br />
an das „Neue“ gebunden ist. Diese „Bibel“ erlangte<br />
Verb<strong>in</strong>dlichkeit, sie formte die christliche Identität;<br />
sie ermöglichte auch e<strong>in</strong>e differenzierte Vielfalt der<br />
Jesusauslegung.<br />
So entstand die Kirche als ausgeformte Institution,<br />
die aber <strong>in</strong>nerlich charismatisch-spirituell von der<br />
Jesus<strong>in</strong>terpretation bestimmt war. Geme<strong>in</strong>sam war<br />
allen der Glaube an den Jesus, der gekreuzigt und<br />
auferstanden war und se<strong>in</strong>en Gruppen e<strong>in</strong>en universalen<br />
Auftrag zur Mission h<strong>in</strong>terlassen hatte.<br />
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