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Kernfragen des Glaubens - Evangelische Akademikerschaft in ...

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on besteht nach Tillich dar<strong>in</strong>, dass sie sich mit dem<br />

Ewigen befasst .<br />

Das Wort (oder der Wortteil) „Ewig“ ist dabei nicht<br />

nur unreflektiert als Zeitdauer und Zeit- und Raumüberschreiten<strong>des</strong><br />

zu verstehen und zu gebrauchen,<br />

sondern als Bezeichnung e<strong>in</strong>er anderen Dimension<br />

<strong>des</strong> Lebens, Denkens und Fühlens. Für den christlichen<br />

Glauben ist Gott „ewig“, durch ihn gibt es die<br />

über unser Zeitempf<strong>in</strong>den h<strong>in</strong>aus gehende „Ewigkeit“.<br />

Weil Zeit- und Raumloses nicht vor- und darstellbar<br />

ist, s<strong>in</strong>d Bilder für das damit Geme<strong>in</strong>te entstanden,<br />

wie Jenseits, Auferstehung der Toten,<br />

Jüngstes Gericht, Himmel, Hölle und ewiges Leben<br />

(<strong>in</strong> vielen Kirchen anschaulich und bildhaft dargestellt).<br />

Sie werden (aber heute außer z.T. im <strong>Glaubens</strong>bekenntnis<br />

und im Vaterunser, <strong>in</strong> Gottesdiensten<br />

und bei Bestattungen), kaum oder gar nicht<br />

mehre gebraucht, lassen sich aber, zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t <strong>in</strong><br />

ihrer früheren Funktion, erklären. Das Jenseits und<br />

die Bewertung der Lebensführung wurde von vielen<br />

Menschen sowohl als Hoffnung wie auch als Bedrohung<br />

empfunden, sehr häufig auch als ganz reales<br />

Geschehen, bzw. zu Erwarten<strong>des</strong>. Sie glaubten,<br />

dass es über, h<strong>in</strong>ter den Räumen <strong>des</strong> alltäglichen<br />

Lebens (im „Jenseits“) noch e<strong>in</strong>e andere, höhere<br />

Dimension von Zeit und Raum gibt, die zwar für<br />

Menschen unzugänglich und nicht verstehbar ist,<br />

aber die doch schon Verb<strong>in</strong>dung mit dem jetzigen<br />

Leben hat.<br />

In dieser Sammlung von „<strong>Kernfragen</strong> <strong>des</strong> <strong>Glaubens</strong>“<br />

wird versucht, an zwei Beispielen zu zeigen, wie die<br />

im <strong>Glaubens</strong>bekenntnis stehende Aussage „... wird<br />

er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten“<br />

heute verstanden werden kann, ohne sie mit bildhaften<br />

Vorstellungen wörtlich zu nehmen.<br />

Das Jüngste Gericht – die größere Wirklichkeit<br />

Bei e<strong>in</strong>er Reise der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademikerschaft</strong><br />

durch Südburgund waren mehrfach an den<br />

E<strong>in</strong>gängen romanischer und gotischer Kirchen Darstellungen<br />

<strong>des</strong> Jüngsten Gerichts zu sehen: Jesus,<br />

dem Gott nach der Bibel das am Jüngsten Tag stattf<strong>in</strong>dende<br />

Gericht über alle Lebenden und Toten<br />

übertragen hat, sitzt oder steht erhöht. Unter ihm zur<br />

Rechten diejenigen, die zur ewigen Seligkeit bestimmt<br />

s<strong>in</strong>d, zur L<strong>in</strong>ken, schon <strong>in</strong> den Fängen<br />

schrecklicher Ungeheuer, die Verdammten. Alle waren<br />

bee<strong>in</strong>druckt und dachten daran, dass Jesus zu<br />

den Ungerechten sagt: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten,<br />

<strong>in</strong> das ewige Feuer“. Dagegen dürfen die<br />

Gerechten <strong>in</strong> das ewige Leben e<strong>in</strong>gehen (nach Matthäus<br />

25).<br />

Man freute sich über die Erklärung, dass im Tympanon<br />

der Kirche <strong>in</strong> Autun unten auf der rechten Seite<br />

mehr Platz für Gerechte war als auf der höllischen<br />

L<strong>in</strong>ken, und schmunzelte bei der Er<strong>in</strong>nerung daran,<br />

50<br />

unter den Verdammten auch schon mal e<strong>in</strong>en Mann<br />

mit Bischofsmütze gesehen zu haben.<br />

Aber kaum jemand unter den Reiseteilnehmern wird<br />

heute noch e<strong>in</strong> Weltende dieser Art erwartet haben.<br />

Welche Bedeutung hat die Vorstellung vom Jüngsten<br />

Gericht noch für Gläubige unserer Zeit? Ist der<br />

Jüngste Tag der Übergang <strong>in</strong> die Ewigkeit?<br />

Wir rechnen nicht mehr oder kaum noch (wie viele<br />

Menschen im Altertum und z.T. im Mittelalter) mit<br />

e<strong>in</strong>em bald bevorstehenden Weltuntergang, verbunden<br />

mit dem Ereignis e<strong>in</strong>er Wiederkunft Christi zum<br />

Gericht.<br />

Zwar wird niemand ausschließen wollen, dass etwa<br />

nach voraussichtlich langer Zeit durch e<strong>in</strong>e Explosion<br />

der Sonne der Planet Erde zerstört und damit<br />

alles Leben unmöglich wird. Aber e<strong>in</strong> damit verbundenes<br />

reales Ende der Zeit für alles Dase<strong>in</strong> (am<br />

„Jüngsten Tag“) mit dem Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er „Ewigkeit“ ist<br />

schon begrifflich unvorstellbar (wenn mit den Bezeichnungen<br />

e<strong>in</strong> verstehbarer S<strong>in</strong>n verbunden werden<br />

soll). Welche Bedeutung könnten also Vorstellungen<br />

wie das „Jüngste Gericht“ und „Ewigkeit“ für<br />

uns haben? (Es gibt Mythen vom Weltende mit mehr<br />

oder weniger apokalyptischer Ausgestaltung auch <strong>in</strong><br />

anderen Religionen, wie z.B. im Koran).<br />

Lange Zeit hatte der Glaube an das Jüngste Gericht<br />

die Wirkung, dass die dadurch erzeugte Angst Menschen<br />

mehr oder weniger dazu zwang, sich nach<br />

den Geboten und Werten ihrer Religion zu richten.<br />

Die offensichtliche (und z.B. <strong>in</strong> den Psalmen beklagte)<br />

Tatsache, dass Bösewichte oft ke<strong>in</strong>e Strafe oder<br />

negative Folgen ihrer Übeltaten erfahren, auch dass<br />

gute Menschen oft (oder meistens?) <strong>in</strong> ihrer Lebenszeit<br />

ke<strong>in</strong>e Belohnung für ihre Rechtschaffenheit<br />

erhalten, wird durch e<strong>in</strong>en Ausgleich im Jenseits<br />

oder am Ende aller Tage erträglicher und hilft zum<br />

Bewahren <strong>des</strong> <strong>Glaubens</strong> an Gott (den Christen zum<br />

Festhalten an der Lehre Jesu).<br />

Für den Glauben haben Gott und Jesus das letzte<br />

Wort. Sie urteilen über jeden e<strong>in</strong>zelnen Menschen<br />

aufgrund ihrer umfassenden Kenntnis aller se<strong>in</strong>er<br />

Gedanken und Taten. Weil es schwer fiel zu glauben,<br />

dass der liebende und gnädige Gott Menschen<br />

wegen sogenannter Tod-Sünden zu e<strong>in</strong>er ewigen<br />

Verdammnis verurteilt, gab es durch die Vorstellung<br />

e<strong>in</strong>es Fegefeuers Abmilderungen (deren Käuflichkeit<br />

mit e<strong>in</strong> Anlass zu Luthers Reformation war). Als problematisch<br />

wurde auch die zeitweise vertretene religiöse<br />

Lehre empfunden, dass manche Menschen<br />

von vornhere<strong>in</strong> zur ewigen Verdammnis prä<strong>des</strong>t<strong>in</strong>iert<br />

se<strong>in</strong> könnten. Kritiker <strong>des</strong> christlichen <strong>Glaubens</strong> bzw.<br />

der kirchlichen Lehre (das letzte Gericht über „die<br />

Lebenden und die Toten“ und die Ewigkeit – das<br />

ewige Leben – stehen immerh<strong>in</strong> im allgeme<strong>in</strong>verb<strong>in</strong>dlichen<br />

apostolischen <strong>Glaubens</strong>bekenntnis) sehen<br />

<strong>in</strong> solchen <strong>Glaubens</strong><strong>in</strong>halten hauptsächlich e<strong>in</strong><br />

Instrument kirchlicher und religiöser Macht.

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