„Gründe für und gegen e<strong>in</strong>en Austritt aus der Kirche zeigen viel vom Verständnis der Kirche als e<strong>in</strong>er religiösen und weltlichen Organisation.“ (Nachfolgend auch e<strong>in</strong>ige, die seltener genannt werden): 40
Kirche zwischen Tradition und Vision „Kirche, die Geme<strong>in</strong>schaft der Glaubenden, ist im Blick auf die Vergangenheit wichtig als Hüter<strong>in</strong> ihrer beachtlichen Tradition, im Blick auf die Gegenwart als Reservoir von Lebensnotwendigem und Lebensdienlichem, im Blick auf die Zukunft als Schlüssel für Hoffnung und Glück.“ In ihrem Ritus feiert die Kirche Gott und die Geme<strong>in</strong>schaft mit ihm. Hier ist das Band der Geme<strong>in</strong>samkeit zu pflegen, <strong>in</strong> „Wort und Sakrament“, <strong>in</strong> Grundtexten, Liedern und dem Raum, der Gott- und Selbstf<strong>in</strong>dung bietet. Dabei wird heute der Spitzensatz „Wort und Sakrament“ nicht mehr exklusiv christologisch verstanden. Entdeckt wird und Gehör f<strong>in</strong>det die Sprache <strong>des</strong> Schöpfers auch <strong>in</strong> der Natur. Die Kunst, besonders die Musik und das Bild, hatten immer e<strong>in</strong>e unmittelbare Beziehung zur Gottesnähe. Der moderne Mensch mit se<strong>in</strong>er Sehnsucht lebt aus verschiedenen Zugängen zum Religiösen. Indem die Kirche diese zum Teil diffusen E<strong>in</strong>drücke aufnimmt und bearbeitet, erweitert sie ihren Deutungsbereich erheblich. Die Tradition darf die Offenheit für Erneuerung nicht e<strong>in</strong>schränken. Visionen s<strong>in</strong>d überlebensnotwendig für die Kirche als Organisation und Geme<strong>in</strong>schaft von Glaubenden. Neues <strong>in</strong> der Kirche gibt es – <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>schaft <strong>des</strong> <strong>Glaubens</strong> „Kirche ist e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft, <strong>in</strong> der es vor allem anderen um den Glauben und die ihm entsprechende Lebensgestaltung geht. Im Glauben erfahre ich sowohl die Nähe Gottes als auch se<strong>in</strong>e Fremdheit. Glaube geht oft gegen me<strong>in</strong> eigenes Wünschen und Me<strong>in</strong>en.“ „Ich glaube an Gott“ heißt: Ich glaube e<strong>in</strong> Paradox. Denn Kreuz und Auferstehung haben im Kern etwas, das uns gegenüber quer steht. Glaube zielt auf das kommende „Reich“, doch das schließt den Wüstenmarsch e<strong>in</strong>. Wir tun vielleicht nichts Gutes, wenn wir dem von Glaube und Kirche distanzierten modernen Menschen das Christliche leichter machen wollen. Die traditionellen Antworten auf die Gottesfrage mögen abgegriffen sche<strong>in</strong>en, doch neue s<strong>in</strong>d schwer zu geben, wenn sie denn die Fremdheit Gottes nicht verlieren wollen. Die Folgen von entgegenkommender Vere<strong>in</strong>fachung s<strong>in</strong>d nicht abzusehen. Die Kirche nur als Humanitätspfleger<strong>in</strong> <strong>des</strong> 21. Jahrhunderts zu sehen, greift zu kurz. Welcher Zukunft die Kirche – <strong>in</strong> welcher Form immer – entgegengeht, ist ungewiss. Religion wird es immer geben, das Offense<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e Transzendenz ist e<strong>in</strong> Existential, ihre Existenz <strong>in</strong> der Gestalt heutiger Kirchen jedoch nicht. Aber „christliche Religion ohne Kirche“ ersche<strong>in</strong>t religionspsychologisch als unwahr- sche<strong>in</strong>lich. In der Jesus-Botschaft steckt soviel Salz und Licht, dass an dem Bestand nicht gezweifelt werden muss. Nur: Der Ausprägung von Kirche als öffentlich anerkannter Gruppierung stehen viele Kräfte entgegen, und verheißen ist den Christen diese Lebensform nicht. Letzten En<strong>des</strong> wird sich die Weiterexistenz der Kirche daran entscheiden, ob sie dem, was Jesus Christus <strong>in</strong> Rede und Tat lebte, treu bleibt und Jesu Gottesglauben verständlich und glaubhaft ihrem Umfeld mitteilen kann. Das ist e<strong>in</strong> Sprach-, aber vor allem e<strong>in</strong> Haltungsproblem. „Ist Träumen erlaubt? Von Christen verschiedener Berufe und jeden Alters, die gegen die Vere<strong>in</strong>zelung der Moderne angehen, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stadtviertel konzentrieren und locker e<strong>in</strong>e Wohngeme<strong>in</strong>schaft praktizieren. Es ist der Versuch, das Christentum im 21. Jahrhundert deutlicher zu leben. Der Mut zu e<strong>in</strong>er gewissen Entweltlichung gehört dazu. Aus sozialistischen oder Ordens-Modellen nahmen sie Realisierbares, vielleicht ist der Kibbuz e<strong>in</strong> brauchbares Beispiel, aus dem Beamtensystem der Großkirche haben sie sich freundlich ausgekl<strong>in</strong>kt. Ihr Lebensstil ist weltoffen und partizipativ, ke<strong>in</strong>esfalls ghettoartig, doch s<strong>in</strong>d sie erkennbar. Sie haben e<strong>in</strong>e Insel gegründet, nicht mehr, die aber über Brücken zugänglich ist.“ Nur e<strong>in</strong> gelebtes Christentum ist überzeugend, weshalb auch von christlichen Märtyrern oder gar „Heiligen“ zu erzählen ist. Die simple Frage: „Was habe ich von (der Mitgliedschaft <strong>in</strong>) e<strong>in</strong>er Kirche“ braucht e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Antwort, die die Kirchengeme<strong>in</strong>schaft, aber mehr noch die e<strong>in</strong>zelnen Christen zu geben <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong> sollten, auch auf die Zweifel und die Kritik, und das nicht zuletzt beim Thema „Kirche“. Dafür brauchen wir wieder Versuche, die den eigenen Glauben zeitgemäß formulieren. (Die Texte dieser „<strong>Kernfragen</strong> <strong>des</strong> <strong>Glaubens</strong>“ wollen dazu beitragen). Die Schärfe der Gebote und das Befreiende der Jesusbotschaft brauchen nachsprechbare Formulierungen. E<strong>in</strong>s sollte dabei deutlich gemacht werden: Jeden Kirchenaustritt respektiert die Kirche. Aber sie sieht ihn nicht als unwiderruflich an. Die Kirche lebt von Jesus<strong>in</strong>terpretationen, seien sie kanonisch oder nicht. So ist das christliche Wahrheitsangebot zu verstehen. Grundsätzlich ergibt das nur Vorläufiges. Das jedoch als Schwäche oder Unsicherheit e<strong>in</strong>zuschätzen, wäre falsch. Die Vorläufigkeit hat e<strong>in</strong>e eigentümliche Stärke: sie ist offen für den Dialog und ermöglicht Lernfähigkeit. Die Unmöglichkeit, das Jesusbild scharf zu stellen, macht es kommunikativ. Unsere hergebrachte Dogmatik mit den fixierten Bekenntnisformeln hat uns das geme<strong>in</strong>same Glauben schwer gemacht. Wir brauchen 41
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