04.09.2013 Aufrufe

Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...

Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...

Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

10<br />

Position des Einzelnen in diesem System zunehmend an Bedeutung gewonnen und<br />

die klaren Hierarchien von früher abgelöst hat.<br />

Seit dem Altertum war das Binnenverhältnis von Eheleuten nicht partnerschaftlich,<br />

son<strong>der</strong>n - analog zum Vater-Kind-Verhältnis - streng hierarchisch angelegt. In Athen<br />

wie auch später in <strong>der</strong> römischen Gesellschaft war <strong>der</strong> Vater das Familienoberhaupt,<br />

wobei „Familie“ nicht nur die Blutsverwandten, son<strong>der</strong>n auch alle weiteren Haus-<br />

haltsmitglie<strong>der</strong>, wie Gesinde und Sklaven, umfasste. Diese waren dem Haushalts-<br />

vorstand gegenüber zu absolutem Gehorsam verpflichtet. In <strong>der</strong> familialen Hierarchie<br />

war daher die Mutter keine Partnerin des Ehemannes, son<strong>der</strong>n dessen Eigentum<br />

und stand auf einer Stufe mit ihren Kin<strong>der</strong>n. Sie hatte we<strong>der</strong> Entscheidungsbefugnis-<br />

se noch Weisungsberechtigung in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>erziehung. Im Falle ihres Ausscheidens<br />

aus dem Familieverband verlor sie jegliches Anrecht auf die Kin<strong>der</strong> (Reitz, 2003, S.<br />

121).<br />

Das christliche Leitbild reduzierte die Ehe im Wesentlichen auf eine Reproduktions-<br />

funktion. In nahezu allen Kulturen wurden Ehen im Hinblick auf den maximalen Nut-<br />

zen für die Gesamtfamilie ‚gestiftet’, was im ländlichen Raum in zahlreichen Natio-<br />

nen - selbst in Industriestaaten wie beispielsweise in Japan als Tradition des Miai -<br />

bis heute überdauert hat (vgl. Neuss-Kaneko, 1990). Gefühlsbeziehungen zwischen<br />

den Eheleuten zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Heirat waren ohne Belang, wurden häufig sogar<br />

als schädlich angesehen, da Leidenschaft als hin<strong>der</strong>lich für eine überdauernde Ver-<br />

bindung galt. Im Vor<strong>der</strong>grund standen wirtschaftliche o<strong>der</strong> politische Interessen. Für<br />

Frauen war materielle Absicherung ein zentrales Motiv zur Eheschließung, da sie<br />

<strong>nach</strong> einer Heirat nicht länger zur Familie ihres Vaters, son<strong>der</strong>n zu <strong>der</strong> des Eheman-<br />

nes gehörten. Im Europa des Mittelalters war es deshalb für Frauen ein erklärtes<br />

Ziel, möglichst einen älteren, wohlhabenden Mann zu heiraten, in dessen Haushalt<br />

sie sich keiner Schwiegermutter mehr unterzuordnen brauchten, wo sie - weil sie nur<br />

wenige Kin<strong>der</strong> würden gebären müssen - ein geringeres Sterberisiko erwartete und<br />

wo sie zudem auf eine frühe, gut versorgte Witwenschaft hoffen konnten (Schröter,<br />

1990; Reitz, 2003).<br />

Im Zuge des aufkommenden Humanismus verän<strong>der</strong>te sich in den abendländischen<br />

Gesellschaften das Verständnis von Ehe und Familie dann grundlegend. Seinen<br />

deutlichsten Ausdruck fand dieser Wandel in <strong>der</strong> sukzessiven Etablierung eines<br />

wachsenden Mitspracherechts <strong>der</strong> Heiratswilligen – bis hin zur selbst bestimmten,<br />

gefühlsbetonten, ‚romantischen’ Partnerwahl, gesteuert vom Wunsch <strong>nach</strong> persönli-<br />

cher Zufriedenheit und Glück (s. Schenk, 1984, 1987). Sie ersetzte ab dem ausge-<br />

henden 18. Jahrhun<strong>der</strong>t zunehmend die ‚gestiftete’ Ehe.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!