Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...
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ganz neuen qualitativen Akzent. Umgang wurde zunehmend mehr zur juristischen<br />
Vokabel für die „emotionale Beziehung“ eines Kindes zu einer in seinem Leben fest<br />
verankerten Bezugsperson. Das betraf natürlich in erster Linie seine <strong>Eltern</strong>; vor die-<br />
sem neuen Verständnishintergrund war es dann aber auch nur folgerichtig, wenn<br />
weitere Bezugspersonen – wie Großeltern o<strong>der</strong> Stiefeltern – in den Kreis <strong>der</strong> Um-<br />
gangsberechtigten mit aufgenommen wurden (§§ 1684, 1685 BGB).<br />
Insgesamt hatte sich – quasi über Nacht – ein völlig an<strong>der</strong>es Verständnis von Um-<br />
gang etabliert, dessen wichtigste Neuerung darin bestand, dass es jetzt im Hinblick<br />
auf die Kind-<strong>Eltern</strong>-Beziehung nicht länger auf den Familienstand <strong>der</strong> <strong>Eltern</strong> ankam.<br />
Das Recht auf Umgang galt für alle Kin<strong>der</strong> gleichermaßen, unabhängig davon, in<br />
welcher Rechtsform ihre <strong>Eltern</strong> lebten. Die For<strong>der</strong>ung einer Gleichstellung von eheli-<br />
chen und nicht ehelichen Kin<strong>der</strong>n findet sich zwar auch schon im Grundgesetz, in<br />
<strong>der</strong> familiengerichtlichen Praxis war davon jedoch bis dahin keine Rede gewesen 3 .<br />
Mit Berufung aufs Kindeswohl wurde <strong>der</strong> Umgang zwischen Kin<strong>der</strong>n und ihren nicht<br />
verheirateten Vätern von den Gerichten ohne Not für Jahre ausgesetzt. Die Mutter<br />
brauchte nur zu erklären, dass sie mit diesem Kontakt nicht einverstanden ist, weil<br />
eine Begegnung mit dem Vater des Kindes sie psychisch über Gebühr belasten wür-<br />
de. Das genügte, um einen Umgang für gefährlich anzusehen und zu verhin<strong>der</strong>n,<br />
wobei sich insbeson<strong>der</strong>e die Psychologie durch <strong>der</strong>artige Vorschläge einer Expertin,<br />
<strong>der</strong>en Kompetenz in Sachen Kin<strong>der</strong> außer Frage zu stehen schien, Anna Freud, un-<br />
rühmlich hervorgetan hat (s. Goldstein, Freud & Solnit,1974). Umgang für diese Kin-<br />
<strong>der</strong> sollte es deshalb nur dann geben, so stand es ausdrücklich im Gesetzt, wenn<br />
dieser dem Wohl des Kindes <strong>nach</strong>weislich „dient“. Bis 1998 waren Kin<strong>der</strong> nicht ver-<br />
heirateter <strong>Eltern</strong> somit häufig, <strong>der</strong> Verfassung zum Trotz, Kin<strong>der</strong> 2. Klasse (vgl. Jopt,<br />
1992).<br />
Es waren vor allem Erkenntnisse <strong>der</strong> Entwicklungspsychologie, speziell <strong>der</strong> Bin-<br />
dungsforschung (Grossmann & Grossmann, 1995, 1998; Spangler & Zimmermann,<br />
1995) und <strong>der</strong> Scheidungsforschung (Fthenakis & Kunze, 1992; Fthenakis, 1995 (b);<br />
Beal & Hochman, 1992; Furstenberg & Cherlin, 1993; Fassel, 1994; Brauns-<br />
Hermann, Busch & Dinse, 1997; Dümmler, 1997; Figdor, 1991, 1998), die die her-<br />
ausragende Bedeutung von Beziehungskontinuität für die psychische und emotiona-<br />
le Stabilität von Kin<strong>der</strong>n, somit für das Kindeswohl, <strong>nach</strong>wiesen. Hinzu kamen ein-<br />
3 Art. 6 (5) GG: Den unehelichen Kin<strong>der</strong>n sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen<br />
für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in <strong>der</strong> Gesellschaft zu<br />
schaffen wie den ehelichen Kin<strong>der</strong>n.