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Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...

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1995) bzw. eines jener nicht-normativen kritischen Lebensereignisse, die Menschen<br />

zur Bewältigung ihrer Krise und zur Reorganisation ihres Familiensystems heraus-<br />

for<strong>der</strong>t (vgl. Filipp, 1981). Was die systemische Sicht darüber hinaus so geeignet für<br />

das Verstehen von Scheidung machte, war neben <strong>der</strong> Bedeutsamkeit <strong>der</strong> vorhande-<br />

nen ihre Einbeziehung auch von fehlenden Familienmitglie<strong>der</strong>n, was gerade für die<br />

Dynamik von <strong>Trennung</strong>sfamilien von herausragen<strong>der</strong> Bedeutung ist.<br />

Mit <strong>der</strong> Kindschaftsrechtsreform von 1998 erfolgte somit die längst überfällige An-<br />

passung des Familien– und Kindschaftsrechts an die verän<strong>der</strong>te Lebenswirklichkeit<br />

und an das mittlerweile erheblich angewachsene Wissen um die psychologischen<br />

Auswirkungen von Scheidung auf Kin<strong>der</strong>. Eingeleitet worden war dieser Wandel, <strong>der</strong><br />

zu Recht als Paradigmenwechsel im Familienrecht bezeichnet wird, bereits 16 Jahre<br />

zuvor durch eine bahnbrechende Entscheidung des BVerfG, <strong>der</strong>en wahre Tragweite<br />

damals noch gar nicht gesehen wurde.<br />

Im November 1982 entschied dieses oberste Kontrollorgan, dass die bis dahin<br />

rechtsverbindliche Regelung, bei Scheidung regelmäßig einem <strong>Eltern</strong>teil die Allein-<br />

sorge für das Kind übertragen zu müssen, mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei,<br />

weil gerade die Stetigkeit in <strong>der</strong> Entwicklung und Erziehung des Kindes und seine an<br />

beide <strong>Eltern</strong> bestehende Bindung das Fortbestehen eines gemeinsamen Sorge-<br />

rechts verlangt, wenn und soweit dies unter den jeweiligen familialen Umständen<br />

möglich ist. <strong>Eltern</strong> müssen, sofern sie dies wollen, das Sorgerecht für ihre Kin<strong>der</strong><br />

auch weiterhin gemeinsam ausüben können.<br />

Damals wurde im Vorfeld dieser Entscheidung mit großem Engagement und hoch<br />

kontrovers Pro und Contra vor allem rechtlich erörtert. Erst aus heutiger Sicht wird<br />

erkennbar, dass damit zugleich <strong>der</strong> spätere Paradigmenwechsel zur emotionalen El-<br />

tern-Kind-Beziehung als ausschlaggeben<strong>der</strong> Dimension für das Kindeswohl von<br />

<strong>Trennung</strong>skin<strong>der</strong>n eingeleitet wurde.<br />

Jedenfalls wurden mit dieser Entscheidung durch das Verfassungsgericht Rahmen-<br />

bedingungen geschaffen, die das heutige psychologische Verständnis von Familie<br />

überhaupt erst möglich machten. Erstmals wurde <strong>der</strong> zunehmenden Fragilität von<br />

Paarbeziehungen, Verschiedenheit von Familienmodellen und wachsenden Indivi-<br />

dualisierung ein konsequent vom Kind her gedachtes Familienverständnis entge-<br />

gengesetzt, das <strong>Trennung</strong>seltern an ihre verbleibende Verantwortung für Lebensweg<br />

und Beziehungsgestaltung ihrer Kin<strong>der</strong> zumindest erinnert, heute im Sinne des spä-<br />

ter darauf begründeten neuen Kindschaftsrechts auffor<strong>der</strong>t.<br />

Mit dem Kindschaftsrecht von 1998 erhielt erstmals auch die Stellung des Kindes im<br />

Recht eine Bedeutung, die es zuvor noch nie gegeben hatte. Erstmals wurde ihm ei-<br />

ne eigene Rechtsposition zugestanden (§ 1684 BGB). Dies gilt zum einen für das

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