Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...
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noch als ‚Außenseitermeinung’ (Balloff, 1994) diffamierte For<strong>der</strong>ung <strong>nach</strong> <strong>der</strong> einer<br />
Beibehaltung <strong>der</strong> Verantwortung bei<strong>der</strong> <strong>Eltern</strong> gegenüber ihrem Kind wurde durch<br />
die Begleitforschung zum neuen Kindschaftsrecht als Erfolgsmodell bestätigt (vgl.<br />
Proksch, 2002, 2003).<br />
Betrachtet man die Entwicklung des Scheidungsrechts in <strong>der</strong> Rückschau, bleibt so-<br />
mit abschließend festzuhalten, dass <strong>der</strong> bei <strong>Trennung</strong>spaaren seit jeher anzutreffen-<br />
de Streit um die alleinige Verantwortung respektive Schuld am Scheitern <strong>der</strong> Familie<br />
noch vor 30 Jahren auch im Recht einen festen und entscheidungsrelevanten Platz<br />
inne hatte. Mit <strong>der</strong> rechtlichen Streichung dieses Zusammenhangs wurde den Tren-<br />
nungspartnern diese Bühne zum „schmutzige Wäsche waschen“ dann entzogen und<br />
durch einen Sorgerechtsstreit um das vermeintliche „Kindeswohl“ ersetzt.<br />
Dieser Wandel war im Prinzip aber nur ein rechtlicher. Psychologisch wird bis heute<br />
weiter um die Frage <strong>nach</strong> <strong>der</strong> Alleinschuld am Scheitern <strong>der</strong> Partnerschaft gestritten,<br />
wenngleich meist außergerichtlich, was auf ein „Urbedürfnis <strong>nach</strong> Schuldfeststellung“<br />
hindeutet (Willutzki, 1997, S. 777). Daran wird sich vermutlich auch in Zukunft wenig<br />
än<strong>der</strong>n. Mit den beiden großen Familienrechtsreformen von 1977/1980 und 1998<br />
wurde jeweils nur <strong>der</strong> Umgang des Staates mit <strong>Trennung</strong> und Scheidung angepasst,<br />
die monokausale Konfliktstruktur auf Paarebene blieb davon weitgehend unberührt.<br />
Verschoben hat sich lediglich die Bühne: Wenn es nicht mehr genügt, sich als Opfer<br />
darzustellen, um die Kin<strong>der</strong> zugesprochen zu bekommen; und wenn es auch nicht<br />
mehr genügt, im Streit ums Kind nur <strong>nach</strong>haltig genug <strong>der</strong> Kindeswohl für sich zu re-<br />
klamieren; dann bleibt als letzte Möglichkeit in diesem beziehungspsychologischen<br />
Überlebenskampf nur noch eine Möglichkeit – das Kind selbst muss sich stärker als<br />
bisher einbringen und Position gegen bzw. für einen <strong>Eltern</strong>teil beziehen. Damit hat-<br />
ten in Folge <strong>der</strong> Rechtsreform die Beziehungen und <strong>der</strong> Wille des Kindes für die ge-<br />
richtliche Zuweisung des Kindes – Sieg o<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage eines <strong>Eltern</strong>teils – ganz er-<br />
heblich an Bedeutung gewonnen.<br />
Dadurch hat sich <strong>der</strong> unbewältigte Paarkonflikt heute auf die verbleibenden Streitop-<br />
tionen verlagert. Neben materiell ausgerichteten Klagen um Unterhalt und Vermögen<br />
betraf dies <strong>nach</strong> <strong>der</strong> 1. Reform vor allem auch Sorgerechtsstreitigkeiten, die einen<br />
<strong>Eltern</strong>teil zum „weniger Geeigneten“ degradierten. In Folge <strong>der</strong> rechtlichen Abschaf-<br />
fung des Sorgerechtsstreits durch die 2. Reform sind sie dann durch Umgangs- und<br />
Beziehungsstreitigkeiten ausgetauscht worden – <strong>der</strong>en Zahl und Schärfe in den letz-<br />
ten 10 Jahren erheblich zugenommen hat.<br />
Mit an<strong>der</strong>en Worten: Im Zentrum des trennungsbedingten <strong>Eltern</strong>streites steht heute<br />
das Kind – seine Haltung, sein Votum, seine Parteinahme -, wenngleich er in den<br />
meisten Fällen auch ganz an<strong>der</strong>e Wurzeln hat, nämlich auf Paarebene angesiedelt