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Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...

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betreuende und damit zugleich sorgeberechtigte <strong>Eltern</strong>teil. Er sollte das Kind negativ<br />

- o<strong>der</strong> nicht ausreichend positiv - beeinflusst haben.<br />

Für die juristische Beurteilung spielte es allerdings in <strong>der</strong> damaligen Zeit ohnehin<br />

keine Rolle, worauf ein ablehnen<strong>der</strong> Kindeswille, also eine Umgangsverweigerung,<br />

beruhte - ob Beeinflussung durch den betreuenden <strong>Eltern</strong>teil o<strong>der</strong> negative Erfah-<br />

rungen des Kindes mit dem Abgelehnten die Ursache war. <strong>Kindliche</strong> Verweigerung<br />

wurde schlicht nicht als Ausdruck einer Interessenkollision zwischen Besuchseltern-<br />

teil und Kind verstanden, son<strong>der</strong>n als reiner ‚Ungehorsam’.<br />

Umgangsverweigerung blieb daher in jedem Fall unstatthaft und wurde nicht gedul-<br />

det; die Autorität des Gerichts setzte sich durch. Selbst konkrete Ängste des Kindes<br />

vor einem Zusammentreffen waren für die Justiz anfangs kein Grund, den Umgang<br />

einzuschränken o<strong>der</strong> auszusetzen. In diesem Fall war es Sache des Betreuenden,<br />

dem Kind seine Angst zu nehmen und die dafür verantwortlichen Ursachen auszu-<br />

schalten. So hieß es in einer Gerichtsentscheidung von 1908:<br />

„Es fragt sich nun, ob und inwiefern <strong>der</strong> personsorgeberechtigte <strong>Eltern</strong>teil<br />

für eine Weigerung des Kindes verantwortlich zu machen ist. Hierbei fällt<br />

hauptsächlich <strong>der</strong> Umstand ins Gewicht, dass <strong>der</strong> Vater seinem Kind nicht<br />

etwa macht- o<strong>der</strong> willenlos gegenübersteht, son<strong>der</strong>n als Inhaber <strong>der</strong> elter-<br />

lichen Gewalt, die ihm das Recht gibt, angemessene Zuchtmittel anzu-<br />

wenden. Der Vater ist damit in <strong>der</strong> Lage, gegen das sich sträubende Kind<br />

seine elterliche Autorität geltend zu machen und dessen unberechtigten<br />

Wi<strong>der</strong>stand zu brechen. Notfalls ist gerichtliche Hilfe zu beantragen.“<br />

(Landgericht Aurich, Beschluss vom 23. Dezember 1908, RJA 37,<br />

S. 19 ff., zit. n. Parr, 2005, S. 36)<br />

Solcher Umgang mit einem entgegenstehenden Kindeswillen war durchaus kein Ein-<br />

zelfall; er entsprach durchaus dem damaligen gesellschaftlichen Verständnis, wo-<br />

<strong>nach</strong> Kin<strong>der</strong> ihren <strong>Eltern</strong> bedingungslos untergeordnet waren. Von ihnen wurde unter<br />

allen Umständen Gehorsam und Respekt gegenüber den <strong>Eltern</strong> bzw. dem Erzie-<br />

hungsberechtigten erwartet. Falls <strong>Eltern</strong>recht und Kindeswille kollidierten, wurden<br />

deshalb schlicht Zwangsmittel angeordnet, um eine Einschränkung des <strong>Eltern</strong>rechts<br />

zu vermeiden.<br />

Diese aus heutiger Sicht a<strong>nach</strong>ronistisch und inhuman anmutende Missachtung <strong>der</strong><br />

kindlichen Persönlichkeit än<strong>der</strong>te sich <strong>nach</strong> dem 2. Weltkrieg grundlegend, denn<br />

<strong>nach</strong> dem Zusammenbruch des Faschismus gestalteten die Alliierten eine Gesetz-<br />

gebung, die das wesentlich mo<strong>der</strong>nere, freiheitliche Gesellschaftsbild <strong>der</strong> Vereinig-<br />

ten Staaten von Amerika <strong>nach</strong> Deutschland transportierte. Auch Kin<strong>der</strong> wurden nun<br />

als Persönlichkeit gesehen, die <strong>nach</strong> Selbstbestimmung streben, statt sich blind in

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