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Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...

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ner Ehescheidung in Bezug auf Erwachsene gleichermaßen auch auf Kin<strong>der</strong> an, ei-<br />

ne eigenständige psychische Bedürftigkeit spielte dabei keine Rolle.<br />

Die gerichtliche Entscheidung über Kin<strong>der</strong> – Regelung des Sorgerechts und ihres<br />

zukünftigen Lebensmittelpunkt bei einem <strong>Eltern</strong>teil - war aus juristischer Sicht ledig-<br />

lich eine ‚Folgesache’, über die im Analogieschluss relativ einfach zu befinden war.<br />

Scheidung setzte bis 1977 Verschulden voraus. Trug aus Sicht des Gerichtes ein<br />

Ehepartner die Schuld am Scheitern <strong>der</strong> Ehe, wurde in <strong>der</strong> Regel die Personensorge<br />

- unabhängig von Kindeswohl und Kindesinteressen - dem an<strong>der</strong>en <strong>Eltern</strong>teil über-<br />

tragen (§1635 (1) BGB). Insofern bestand ein praktisch leicht handhabbarer Algo-<br />

rithmus, da mit <strong>der</strong> Schuldfeststellung quasi automatisch auch die Zuteilung des<br />

Sorgerechts und damit des Kindes feststand. Ausschlaggebend war allein das – mo-<br />

ralische – (Fehl-)Verhalten eines Ehepartners. Aber auch dann, wenn auf diesem<br />

Weg keine Entscheidung möglich war, weil beispielsweise <strong>der</strong> schuldlose <strong>Eltern</strong>teil<br />

das Kind nicht betreuen konnte o<strong>der</strong> wollte, wurde weitgehend schematisch ent-<br />

schieden, <strong>der</strong> Einzelfall – das individuelle Kind - fand keine Berücksichtigung 1 (Parr,<br />

2005, S. 29).<br />

Erst mit <strong>der</strong> Familienrechtsreform von 1977 wurde die Verknüpfung von elterlichem<br />

Verschulden und Sorgerechtsregelung ersatzlos aufgegeben. Das neue Schei-<br />

dungsmodell fußte allerdings immer noch weitgehend auf einem „Desorganisations-<br />

modell“ statt einem Modell <strong>der</strong> familialen „Reorganisation“ (Fthenakis, 1995 (a); Ba-<br />

rabas & Erler, 2002). Entsprechend wurde weiterhin davon ausgegangen, dass mit<br />

<strong>der</strong> Scheidung ein Ende aller familialen Beziehungen in ihrer früheren Form verbun-<br />

den ist. Trotz dieser Reduktion <strong>der</strong> „Nachscheidungsfamilie“ (vgl. Jopt, 1992) auf le-<br />

diglich noch „<strong>Eltern</strong>trümmer“ (Lempp, 1972) stellte die Große Familienrechtsreform<br />

von 1977 aber dennoch die erste umfassende Neuerung in <strong>der</strong> Vorstellung vom El-<br />

tern–Kind–Verhältnis seit Inkrafttreten des BGB im Jahr 1900 dar.<br />

War das BGB zuvor geprägt von <strong>der</strong> Vorstellung eines annähernd rechtsfreien<br />

Raums <strong>der</strong> Familie, was dem Staat Zurückhaltung gebot, brach jetzt das Zugeständ-<br />

nis eines großen Spielraums für <strong>Eltern</strong> in Erziehungsfragen ein. Das bisher für natür-<br />

lich gehaltene hierarchische Verhältnis zwischen <strong>Eltern</strong> und Kin<strong>der</strong>n wurde jetzt als<br />

unvereinbar mit dem neuen Verständnis vom Kind als eigenständige Persönlichkeit<br />

erkannt, dem zunehmend mehr eigene Rechte und Pflichten zugestanden wurden.<br />

1 Bei bei<strong>der</strong>seitigem Verschulden entschieden Alter und Geschlecht des Kindes über die Zuweisung<br />

<strong>der</strong> Personsorge: die Mutter erhielt für Söhne bis zum 6. Lebensjahr die Personsorge.

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