Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...
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teil es <strong>nach</strong> <strong>der</strong> Scheidung bleiben will. Dies gilt es in Erfahrung zu bringen, da es<br />
letztlich keine dem Kindeswohl dienlichere Regelung geben kann als die, die das<br />
Kind selbst im Grunde „will“.<br />
Da <strong>der</strong> direkte Zugang zu dem unbewussten Areal eigentlichen kindlichen Wollens<br />
nicht möglich ist, weil es nicht über Etwas reden kann, von dessen Existenz es nicht<br />
weiß, muss folglich versucht werden, auf indirektem Weg dorthin zu gelangen. Die<br />
Methode <strong>der</strong> Wahl seien deshalb, so Lempp, die bereits damals schon in <strong>der</strong> Klini-<br />
schen Psychologie und in <strong>der</strong> Psychiatrie eingesetzten Projektiven Testverfahren.<br />
Über den Mechanismus <strong>der</strong> Projektion – einer <strong>der</strong> Testperson nicht bewussten Auf-<br />
deckung ihrer geheimen Wünsche, Hoffnungen und Bedürfnisse – ermöglichen sie<br />
einen von <strong>der</strong> Sprache unabhängigen Zugang zu den unbewussten Bereichen <strong>der</strong><br />
kindlichen Psyche, sodass es auf diesem Weg schließlich doch möglich sei, den<br />
Kindeswillen unverfälscht zu erfahren.<br />
Die vor diesem Hintergrund aus <strong>der</strong> Taufe gehobene testpsychologische Untersu-<br />
chung von Kin<strong>der</strong>n mit projektiven o<strong>der</strong> semiprojektiven Verfahren hat im Familien-<br />
recht bis heute ihren festen Platz. Ernst Ell - Psychologischer Gutachter <strong>der</strong> ersten<br />
Stunde <strong>nach</strong> <strong>der</strong> Scheidungsrechtsreform von 1977 - bezeichnete sie euphorisch<br />
sogar als die „via regia“ zur Ergründung des Kindeswillens, die beste Entschei-<br />
dungshilfe für die Regelung sowohl des Sorgerechts (1986 a) wie auch des Um-<br />
gangs (1986 b).<br />
Diese psychologisch bis heute nicht näher begründete Spekulation – mit dem Unbe-<br />
wussten im Sinne des Freudschen Strukturmodells teilt sie allenfalls den Namen –<br />
hat das Bild <strong>der</strong> Justiz über die Leistungsfähigkeit von Psychologen <strong>nach</strong>haltig ge-<br />
prägt. Auch heute noch sind nicht wenige Richter und Richterinnen überzeugt, dass<br />
es diesem Berufsstand gelingt, mit <strong>der</strong> projektiven Technik den „wahren Willen“ ei-<br />
nes Kindes zu eruieren und ihnen damit eine klare Antwort auf die schwierigste Ent-<br />
scheidung zu liefern, die es im Familiengericht gibt.<br />
Das ist aus fachlicher Sicht natürlich ein Irrglaube, er hat jedoch nicht verhin<strong>der</strong>n<br />
können, dass <strong>der</strong> Einsatz (möglichst vieler) psychologischer Testverfahren für viele<br />
Juristen immer noch als Indiz dafür gilt, ob ein Familienpsychologisches Gutachten<br />
„wissenschaftlich“ und damit gerichtsverwertbar ist o<strong>der</strong> nicht. Dem wi<strong>der</strong>sprechen<br />
die allermeisten Psychologischen Gutachter auch kaum, weil sie sich aus wohlver-<br />
standenem Interesse stärker an <strong>der</strong> Erwartungshaltung ihrer Auftraggeber orientie-<br />
ren, als an den Erkenntnissen ihrer eigenen Wissenschaft.<br />
Dort hat diese Überzeugung, die alle wissenschaftlich entwickelten Gütestandards<br />
für eine taugliche psychologische Messung – Objektivität, Reliabilität, vor allem je-<br />
doch Validität - ignoriert (s. Jäger & Petermann, 1995), mittlerweile nur noch verein-