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Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...

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2.6 Synopse: Umgang und Kindeswohl im Spannungsverhältnis<br />

Konflikte um Durchführung und Gestaltung von Umgangsregelungen waren schon zu<br />

Frühzeiten des BGB Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

gewesen, die ersten Urteile datieren aus 1905. Das damals streng hierarchisch<br />

strukturierte Verständnis von Familie war moralisch geprägt. Entsprechend waren<br />

auch die Algorithmen, <strong>nach</strong> denen entschieden wurde: Ehescheidung und elterliche<br />

Gewalt waren an die Schuldfrage gekoppelt, <strong>Eltern</strong>recht kam vor Kindesinteresse.<br />

Seine eigene Perspektive fand keine Beachtung. Umgang galt allein als Pflicht des<br />

Kindes. Vor diesem Hintergrund galt Umgangsverweigerung als kindlicher Ungehor-<br />

sam (vgl. Parr, 2005).<br />

Bis in die späten 60er Jahre des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts hinein verlief die Aufweichung<br />

dieses autoritären Verständnisses von <strong>der</strong> <strong>Eltern</strong>-Kind-Beziehungen nur in kleinen,<br />

kaum merklichen Schritten, bevor 1980 mit <strong>der</strong> Einführung des Kindeswohl-Konzepts<br />

– das war zugleich <strong>der</strong> Einstieg in eine Psychologisierung des Familienrechts - das<br />

Pendel in die an<strong>der</strong>e Richtung schlug. Immer noch blieb das Kind allerdings weitge-<br />

hend Objekt gerichtlicher Entscheidungen, ihm wurde keine eigene Rechtsstellung<br />

zugebilligt.<br />

Aus dem vorherrschenden ‚Desorganisationsmodell’ zum Verständnis von Schei-<br />

dung, <strong>nach</strong> dem eine Scheidung das Ende <strong>der</strong> Familie markiert (s. dazu Fthenakis,<br />

1986, 1995), wurde abgeleitet, dass da<strong>nach</strong> vor allem ‚Ruhe’ für das Kind einkehren<br />

muss. Diese Vorstellung wurde von den damals tonangebenden Psychologen und<br />

Psychiatern für das einzig richtige Erklärungskonzept gehalten und hatte <strong>nach</strong> <strong>der</strong><br />

Scheidungsrechtsreform von 1977 geradezu den Charakter eines Dogmas (s. Gold-<br />

stein, Freud & Solnit, 1974; Lempp, 1983). Dem<strong>nach</strong> brauchen Scheidungskin<strong>der</strong> ei-<br />

ne auf Kontinuität und Dauerhaftigkeit ausgerichtete klare Zuordnung zu einem El-<br />

ternteil, damit „klare Verhältnisse“ bestehen und sie nicht durch ihre <strong>Eltern</strong> hin und<br />

her gerissen werden.<br />

Die bei je<strong>der</strong> Scheidung zwingende Übertragung des Sorgerechts auf immer nur ei-<br />

nen <strong>Eltern</strong>teil war insofern nur folgerichtig. Sie wurde erst im November 1982 durch<br />

das Verfassungsgericht für unzulässig erklärt, <strong>nach</strong>dem mehrere Richter (!) sich ge-<br />

weigert hatten, schematisch <strong>nach</strong> dieser Vorgabe auch dann einen <strong>Eltern</strong>teil recht-<br />

lich auszugrenzen, wenn beide ausdrücklich auch <strong>nach</strong> <strong>der</strong> Scheidung die Rechts-<br />

verantwortung für ihr Kind weiterhin gemeinsam tragen wollten.<br />

Bei so genannten nichtehelichen Kin<strong>der</strong>n sollte damals <strong>der</strong> Umgang ausschließlich<br />

„<strong>nach</strong> Bedarf des Kindes“ geregelt werden (Lempp, 1984). Für nicht verheiratete Vä-<br />

ter wurde damit die Beziehung zu ihrem Kind als potenzielle Störung des kindlichen<br />

Ruhebedürfnisses angesehen, sofern seine Mutter durch solche Kontakte verunsi-

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