Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...
Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern - PUB ...
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In Anbetracht solcher Leitvorstellungen von <strong>der</strong> zeitlichen Dimension, die einem e-<br />
motionalen Beziehungsleben des Kindes zum außer Haus lebenden <strong>Eltern</strong>teil einge-<br />
räumt werden sollte, geriet die mit dem neuen Kindschaftsrecht verbundene Absicht,<br />
durch die gesetzliche Festschreibung von Umgang einer Entfremdung zwischen Kind<br />
und <strong>Eltern</strong>teil vorbeugen zu wollen, weitgehend zur Farce.<br />
Spätestens dann, wenn <strong>der</strong> Betreuende nochmals heiratete und das Kind somit in<br />
einer Stieffamilie aufwuchs,. Für viele Gerichte war sie für das Kind die ‚neue Fami-<br />
lie’, womit die Rolle des fehlenden leiblichen <strong>Eltern</strong>teils neu vergeben war. Dem ver-<br />
breiteten Wunsch dieser Familien, eine „ganz normale Familie“ sein zu wollen und<br />
auch leben zu können, d. h. ohne den „störenden“ leiblichen <strong>Eltern</strong>teil, wurde da-<br />
durch entsprochen, dass dessen Umgangsrecht unter Berufung auf das bekannte<br />
Ruheargument des leiblichen <strong>Eltern</strong>teils einfach ausgesetzt wurde, was insbesonde-<br />
re bei nicht verheirateten Vätern auch rechtlich problemlos möglich war. Dabei<br />
machten es die Vorschriften zur Adoption von Stiefkin<strong>der</strong>n geradezu leicht und fast<br />
zu einem Routineakt, den Vater sogar vollständig aus seinem Verwandtschaftsver-<br />
hältnis zum Kind hinauszudrängen und damit die emotionale Beziehung zwischen<br />
Beiden dauerhaft zu zerstören. Darüber entschied allein ein Amtsrichter, ein Be-<br />
schwer<strong>der</strong>echt dagegen gab es nicht. 5 .<br />
Ob im Vorgarten eines Hauses mit Eigentumswohnungen gegen den Willen eines<br />
Mitbewohners Gartenzwerge aufgestellt werden dürfen, darüber jedoch konnte über<br />
3 Gerichtsinstanzen (!) hinweg prozessiert werden. Was anschaulich auf den Punkt<br />
bringt, wie es damals um die Wertschätzung <strong>der</strong> Kind-<strong>Eltern</strong>-Beziehung bestellt war.<br />
Die von Goldstein, Freud & Solnit, aber auch von an<strong>der</strong>en “Kin<strong>der</strong>experten“, verbrei-<br />
tete Vorstellung von <strong>der</strong> notwendigen ‚Ruhe fürs Kind’ prägte binnen kurzer Zeit das<br />
Beziehungsleben <strong>der</strong> damaligen Scheidungskin<strong>der</strong> <strong>nach</strong>haltig. Praktisch genügte<br />
<strong>nach</strong> 1980 ein schlichtes ‚Ich will nicht!’ des Kindes o<strong>der</strong> des Sorgeberechtigten, um<br />
den an<strong>der</strong>en <strong>Eltern</strong>teil auszusperren. In <strong>der</strong> ersten deutschen Längsschnittstudie<br />
zeigte sich, dass in 54 Prozent <strong>der</strong> untersuchten Familien binnen 12 Monaten <strong>nach</strong><br />
Scheidung <strong>der</strong> Kontakt des Kindes zum nicht sorgeberechtigten <strong>Eltern</strong>teil abgerissen<br />
war (Napp-Peters, 1985, 1995).<br />
5 Die Zustimmung des Vaters war zwar formal erfor<strong>der</strong>lich, konnte aber durch das Amtsgericht<br />
ersetzt werden. Gegen die Ersetzung <strong>der</strong> ZustimmungZustimmungDagegen wie<strong>der</strong>um<br />
war kein Wi<strong>der</strong>spruch möglich.