als PDF-Dokument herunterladen - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

Viele der NRW-Dreharbeiten im Herbst fanden in den MMC Studios statt. Für den Newsletter befragten wir Bastie Griese (Head of Film Production MMC Independent Film) und Friedhelm Bixschlag (Sales Director MMC Film & TV Studios) über die Auslastung der Studios. Mit „Hinter der Tür“, „Tom Sawyer“ und „When Pigs have Wings“ haben Sie in den letzten Wochen ganz unterschiedliche Projekte zu Gast gehabt: Großes Starkino, eine aufwändige deutsche Literaturverfilmung und eine internationale Art house-Produktion. Wie unterscheiden sich diese Filme in den Anforderungen an das Studio? Bastie Griese: Vor allem vom Umfang her und des damit verbundenen höheren logistischen Aufwands – etwa größere Studio- und Raumflächen. Wichtig ist uns hierbei, dass wir eine gute Produktionslogistik stellen, damit sich die Produktionen voll und ganz auf ihre Dreharbeiten konzentrieren können. Grundsätzlich wollen wir dafür Sorge tragen, dass sich alle Produktionen bei der MMC wohlfühlen, und sind daher sehr stolz, wenn ein Star wie Helen Mirren uns gerade im Vergleich zu anderen internationalen Studios große Komplimente macht. Was war bei den drei Projekten die größte Herausforderung für die Studiobauer? BG: Jedes der drei Projekte hatte für unsere Ausstattungsabteilung natürlich seine eigenen Herausforderungen. Besonderen Spaß macht es unseren Studiobauern aber vor allem, für unterschiedliche historische Zeiten zu bauen und teilweise gleichzeitig mit unterschiedlichen internationalen Teams wie z.B. mit einem ungarischen Art-Department zusammen zu arbeiten. Sehr spannend war es natürlich, die Oberflächen einer historischen Wohnung für eine Regie-Koryphäe wie István Szabó zu gestalten. Das hat man nicht alle Tage. Wie sieht derzeit die Auslastung der MMC Studios aus, inklusive TV? BG: Wir werden bis zum Ende dieses Jahres in 2010 acht Filmprojekte in den MMC Studios realisiert haben. Das ist in der Filmgeschichte der MMC Rekord. 20 Interview Bastie Griese und Friedhelm Bixschlag Wohlfühlstudio Friedhelm Bischlag: Derzeit haben wir an beiden Standorten, dem Filmcampus Cologne und dem Coloneum, die erfreuliche Situation, die man als Vollauslastung beschreiben könnte. Neben verschiedenen lang laufenden TV-Serien „Unter Uns“, „Verbotene Liebe“ oder auch „AWZ“ realisieren wir als Generaldienstleister auch die großen TV-Shows, u.a. „Deutschland sucht den Superstar, „Das Supertalent“, „X Faktor“, „Popstars“, „Mario Barth“, „Die perfekte Minute“ und viele weitere Formate. Neu im Produktionsportfolio der MMC, und darüber sind wir ganz besonders glücklich, ist die Telenovela „Lena“, die von Wiedemann & Berg für das ZDF produziert wird und das gleich in drei Studios. Welche großen Produktionen stehen als nächstes an? BG: Dieses Jahr werden bei uns noch Teile der Dreharbeiten von „Hotel Lux“ und „Der Mann mit dem Fagott“ produziert. Im Frühjahr wird die MMC Independent das Filmprojekt „The Danish Girl“ mit Nicole Kidman unter der Regie von Lasse Hallström koproduzieren. Wir freuen uns aber auch auf das von der Filmstiftung geförderte Projekt „Der Medicus“ von UFA Cinema. FB: Im TV-Bereich gehen die lang laufenden Formate weiter. Zurzeit wird „Popstars“ produziert und weitere große Shows wie z.B. „Supertalent“ und „DSDS“ werden jetzt unmittelbar folgen. Man spürt ganz deutlich, dass die Sender wieder Lust haben, Shows in Studios zu produzieren. Wir sind in viel versprechenden Gesprächen, so dass wir hoffentlich das Auslastungsniveau nicht nur halten, sondern sogar ausbauen können. Bastie Griese und Friedhelm Bixschlag (links), Foto: MMC Das Coloneum, einer der beiden Kölner MMC-Standorte Foto: MMC newsletter 7/2010 – Schwerpunkt Louis Hofmann und Magali Greif in „Tom Sawyer“ Foto: Majestic / Bernd Spauke Tom Sawyer Regie: Hermine Huntgeburth; Buch: Sascha Arango, Peer Klehmet, Sebastian Wehlings; Darsteller: Louis Hofmann, Leon Seidel, Magali Greif, Heike Makatsch, Benno Fürmann und Joachim Król; Produktion: Neue Schönhauser Film - produktion in Koproduktion mit Filmaufbau Leipzig und Majestic Filmproduktion in Zusammenarbeit mit ARD Degeto, Norddeutscher Rundfunk, Arte und Bayerischer Rundfunk.; Verleih: Majestic Filmverleih Neue Schönhauser Filmproduktion; Tel. (030) 34391021; info@neueschoenhauser.de
ach Rumänien werde er nicht noch mal Nfahren, erklärt Louis Hofmann, der jugendliche Darsteller des Tom Sawyer, mit Bestimmtheit. Komische Autos gebe es dort, und mit dem Wetter sei es auch nicht weit her. Für Regisseurin Hermine Huntgeburth, den Produzenten Boris Schönfelder (Neuen Schönhauser Filmproduktion) und ihre Verfilmung von Mark Twains Jugendbuchklassiker war Rumänien jedoch ein Glücksfall. Dort stehen – erbaut für Anthony Minghellas Film „Cold Mountain“ – die Kulissen einer amerikanischen Ostküstenstadt, die nun für „Tom Sawyer“ das Mississip- pistädtchen St. Petersburg darstellten. In NRW folgten die Innenaufnahmen, für die in den Kölner MMC-Studios vier Sets in zwei Hallen entstanden. Darunter auch das Klassenzimmer des Titelhelden. Pulte für 24 Schüler stehen ordentlich in Reih und Glied, Lederstücke und kleine Schwämme liegen bereit, als seien die Schüler nur eben auf dem Pausenhof. Petroleumlampen hängen an der Wand, in der Ecke steht ein Kanonenofen, im Regal ausgestopfte Tiere. Viel Gefundenes, Altes, habe man für die Gestaltung des Schulraums von 1850 benutzt, erläutert Produzent Boris Schönfelder. Denn, wie so oft beim Film, bereitete das „Auf alt“-Machen die größte Arbeit. So wurden die Holzbänke nachgebaut und dann so sorgfältig abgeschubbert, dass man jetzt, angesichts der Reste von grüner Farbe auf den Pulten, tatsächlich den Eindruck hat, als hätten zahllose Generationen von Kindern sie mit ihren Unterarmen abgeschmirgelt – vol- ler Unruhe, wann die Stunde endet und das Abenteuer beginnt. Das Personal aus Mark Twains Roman ist – nicht zuletzt auch von diversen Verfilmungen – hinlänglich bekannt: Der Waisenjunge Tom, der bei seiner Tante Polly aufwächst, sein Freund Huckleberry Finn und die reizende Richtertochter Becky, der Säufer Muff Potter und das zwielichtige Halbblut Indianer Joe. Produzent Boris Schönfelder, der das Projekt initiiert hat‚ das die Filmstiftung NRW mit 700.000 Euro unterstützt, outet sich als Fan seit Kindertagen. Für die Idee einer Neuverfilmung sei es dann aber auch nicht unerheblich gewesen, dass er selbst einen Sohn habe, der jetzt in das Alter komme von Tom und Huck. Die große Stärke der Story sei, dass Twain, wie einmal ein Literaturwissenschaftler ausgezählt habe, gleich 40 Grundsituationen behandelt, in die Kinder geraten können. Eine Art Wegweiser zum Erwachsenwerden, ohne aufdringlich belehrenden Zeigefinger. Schönfelder ist es wichtig, eine Umsetzung zu schaffen, „die sich nicht einem vermeintlich modernen Geschmack der Kinder anbiedert“, sondern „außerhalb der Zeit“ stehe und einen eigenen „Look“ besitze, wie ihn etwa die Coen- Brüder für ihre Südstaaten-Odyssee „O Brother, Where Art Thou?“ geschaffen hätten. Nur behutsam habe man die Geschichte verändert, etwa um die Figur der Tante Polly interessanter zu machen. Das ist sie natürlich schon deshalb, weil Polly von Heike Makatsch gespielt wird. Schönfelders „Wunschbesetzung“ – ebenso wie Benno Fürmann als Indianer Joe, mit eigens er- worbener Solariumbräune, Irokesenfrisur und angeklebter Adlernase. An diesem Nachmittag in den MMC-Studios in Köln-Ossendorf steht eine der von Drehbuchautor Sascha Arango neu erdachten Szenen auf dem Plan. Ganz anders als im Roman kommt in Hermine Huntgeburths Film – mit der jüngsten und attraktivsten Tante Polly aller Zeiten – vorübergehend der Verdacht auf, dass zwischen Polly und Indianer Joe „etwas gehen“ könnte. Das führt dazu, dass beim zart pubertierenden Tom unbewusste Eifersucht und Verlustängste ihren Ausdruck im Traum finden: Da sieht er, wie Polly und Joe miteinander tanzen. Tom schreckt hoch im Bett in seinem Jugendzimmer, das er sich mit dem braven Halbbruder Sid teilt. Und das in Wahrheit nur eine mit lichtdichter Folie umhüllte „Hütte“ ist in einer komplett schwarz gestrichenen Halle. Dort ist die Zimmer-Kulisse gleich neben dem Schulraum aufgebaut. Ein kleines Dachzimmer mit blau gestrichenen Holzwänden, in dem die Betten der Jungen an gegenüberliegenden Wänden stehen. Über Sids Bett ein ordentliches Bücherregal, bei Tom hingegen hängen Pfeil und Bogen und ein hölzernes Ritterschwert. Als nun der Alptraum Tom aus dem Schlaf reißt, ist Tante Polly da, um ihn liebevoll zu trösten. Die beiden sprechen darüber, was geschehen könnte, wenn Tom eines Tages nicht mehr da wäre. Nach wenigen Takes ist die Sache im Kasten. Als Heike Makatsch heraus kommt, gibt es Applaus vom Team, Blumen und ein Geschenk werden gebracht. Es war ihre letzte Ein- stellung im gesamten Film, und das Abschiedsgeschenk, die Biografie des Rock-Opas Keith Richards, erweist sich als Volltreffer für die verjüngte Tante Polly. „Hätte ich mir sowieso als nächstes gekauft“, versichert Makatsch erfreut. Später berichtet sie von Kindheitserinnerungen an „Tom Sawyer“-Hörkassetten und beschreibt die Ambivalenz zwischen Verantwortung und Freiheit als das für sie zentrale Thema der Geschichte. Damit habe man ja überhaupt im Leben, nicht zuletzt in der Liebe, immer wieder zu tun. Wenige Tage später wird auch für alle an- Nach 20 Drehtagen in Rumänien betrat Tom Sawyer in den Kölner MMC-Studios einen Raum, den er nur mit Widerwillen aufsucht: sein Klassenzimmer. Hermine Huntgeburth verfilmte in NRW ihre Version des Klassikers von Mark Twain. Setbesuch: „Tom Sawyer“ Tante Polly liest Keith Richards VON CHRISTIAN SEEBAUM deren Beteiligten des sieben Millionen teuren Projekts die letzte Klappe geschlagen. Damit geht ein Drehmarathon von 50 Tagen zu Ende. Dabei ist die Liste der Drehorte beinahe so lang wie die der Finanziers (neben der Filmstiftung NRW sind Degeto, NDR, BR, Arte sowie Filmförderer aus Berlin-Brandenburg, Hamburg/Schleswig-Holstein, MDM, Nordmedia, FFA und DFFF beteiligt). So mimte in Brandenburg die Havel den Mississippi, eine Flussinsel fand sich in Sachsen, in Thüringen entstand der Friedhof, auf dem Tom und Huck ein schreckliches Verbrechen beobachten, und die Höhle, in der Tom und Becky sich verlaufen, wurde in Niedersachsen aufgenommen. Die Firma, die in der Postproduktion all diese Schauplätze mit Computerhilfe zu einem in sich geschlossenen Abenteuer zusammenfügt, trägt den hübsch koketten Namen „Lug und Trug“ und hat ihren Sitz in Berlin und Köln. Das Ergebnis sehen wir im November 2011 im Kino. Schwerpunkt – newsletter 7/2010 21
Seite 1 und 2: Ausgabe 7 - Dezember 2010 Schwerpun
Seite 3 und 4: Schwerpunkt: NRW dreht auf Und Acti
Seite 5 und 6: NRW.BANK Broschüre für kreative K
Seite 7 und 8: Kölner Produzenten in New York bei
Seite 9 und 10: Cologne Conference „Supermarkt de
Seite 11 und 12: VISION-Kino: USB-Stick zur Filmarbe
Seite 13 und 14: Alte Bekannte: Schauspielerin Lavin
Seite 15 und 16: Den hausinternen choices-Preis für
Seite 17 und 18: Tür“ in den Kölner MMC-Studios
Seite 19: ner Familie, die an den gewalttäti
Seite 23 und 24: ausführende Produzent Jean-Philipp
Seite 25 und 26: Fast eine Million Offroad Nach sein
Seite 27 und 28: chon zum Auftakt von Film+, dem Kö
Seite 29 und 30: Über 600 Komponisten, Musiker und
Seite 31 und 32: Eine flexible Frau Kinostart: 6. Ja

als PDF-Dokument herunterladen - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?