Dialog 20.indb - Stiftung Demokratie Saarland
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Christine Landfried 21<br />
möglich war, hat die Partei- und Fraktionsführung der CDU im Dezember<br />
2010 Selbstanzeige erstattet. Die Bürger wurden für dumm verkauft . Und sie<br />
werden auch nach der Selbstanzeige über wichtige Fragen nicht informiert.<br />
Hat allein der frühere Landes- und Fraktionsvorsitzende Christoph Böhr korrupt<br />
gehandelt? „Saßen in Mainz 380 000 Euro tatsächlich so locker, dass Fraktionsvorstand<br />
und Parteivorstand nichts mitbekamen?“ 32<br />
Auch die institutionellen Voraussetzungen der repräsentativen <strong>Demokratie</strong><br />
werden allmählich ausgehöhlt. Wilhelm Hennis hat schon früh die politischen<br />
Parteien als „überdehnt und abgekoppelt“ kritisiert, weil es kaum noch einen<br />
gesellschaft lichen Bereich gebe, in den die Parteien nicht hineinregierten. Zugleich<br />
hätten die Parteien die Verankerung im Volk verloren. 33 Die Analysen<br />
von Wilhelm Hennis sind heute so aktuell wie vor 29 Jahren.<br />
Den politischen Parteien als wichtigen Institutionen der Vermittlung zwischen<br />
Bürger und Staat laufen die Mitglieder weg. Die Mitgliederzahl der<br />
Parteien in Deutschland nimmt seit zwei Jahrzehnten ab. Betrug die Zahl der<br />
Parteimitglieder im Jahr 1990 noch 2,9% der Wahlberechtigten, so waren es<br />
im Jahr 2008 nur noch 1,7%. 34 Die Gewerkschaft en, als Interessenvertretung<br />
der Arbeitnehmer eine weitere wichtige Institution der gesellschaft lichen Partizipation,<br />
haben deutlich an Mitgliedern verloren. So hatte der Deutsche Gewerkschaft<br />
sbund 1991 noch 12 Millionen Mitglieder und Ende 2008 nur noch<br />
etwas mehr als 6 Millionen Mitglieder. 35<br />
Die institutionellen Voraussetzungen der <strong>Demokratie</strong> werden zusätzlich<br />
durch die Prozesse der Europäisierung und Globalisierung beeinträchtigt.<br />
So ist die Europäische Union in vielen Politikbereichen ein Gewinn für die<br />
Handlungsfähigkeit der Nationalstaaten. Die andere Seite der Medaille ist jedoch<br />
die bisher unzureichende demokratische Legitimation der europäischen<br />
Politik. In einigen Bereichen wie z. B. der Regulierung der Finanzmärkte sind<br />
32 Georg Paul Heft y, Mutmaßlich die Unwahrheit. In: FAZ vom 21.12.2010, S.1.<br />
33 Wilhelm Hennis, Überdehnt und abgekoppelt. An den Grenzen des Parteienstaates. In: Christian<br />
Graf von Krockow (Hrsg.), Brauchen wir ein neues Parteiensystem? Frankfurt: Fischer 1983,<br />
S. 28 – 46, erweiterte Fassung eines Beitrages in der Süddeutschen Zeitung vom 11.12.1982.<br />
34 Es gibt allerdings auch Institutionen wie die Umweltverbände, deren Mitgliederzahl wächst.<br />
Dieter Rucht, Engagement im Wandel. Politische Partizipation in Deutschland. In: WZB Brief<br />
Zivilengagement, Berlin, Mai 2010, S. 3.<br />
35 Ebd., S. 3.