Dialog 20.indb - Stiftung Demokratie Saarland
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Was ist <strong>Demokratie</strong>?<br />
Um ihren defi zitären Charakter aufzuzeigen, werden die <strong>Demokratie</strong>n ohne<br />
Verfassungsstaat in der Literatur zumeist mit unterschiedlichen Adjektiven<br />
belegt, deren Bedeutung sich jedoch allenfalls in Nuancen unterscheidet (elektorale,<br />
illiberale, unvollständige oder defekte <strong>Demokratie</strong>). Weil „elektoral“<br />
oder „illiberal“ die fehlende verfassungsstaatliche Basis deutlicher zum Ausdruck<br />
bringen als „unvollständig“ oder „defekt“, ziehen wir sie im folgenden<br />
als Begriff e vor. Elektorale oder illiberale <strong>Demokratie</strong>n sind vor allem in der<br />
nicht-westlichen Welt verbreitet, in denen auch das Gros der nicht-demokratischen<br />
Systeme anzutreff en ist. Das Dilemma der Ungleichzeitigkeit gibt einen<br />
Hinweis, warum diese Systeme den Sprung in den Kreis der konsolidierten<br />
verfassungsstaatlichen <strong>Demokratie</strong>n bislang nicht geschafft haben. Während<br />
der Verfassungs- und Rechtsstaat in den westlichen Ländern auf eine lange<br />
Tradition zurückblicken kann, auf deren Fundament sich die <strong>Demokratie</strong><br />
schrittweise entwickelt hat, müssen die Neu-<strong>Demokratie</strong>n die verfassungs-<br />
und rechtsstaatlichen Prinzipien gleichsam nachholend verinnerlichen. Dass<br />
dies an ihre Moral und Lernbereitschaft wesentlich höhere Anforderungen<br />
stellt als die Etablierung förmlicher demokratischer Institutionen, liegt auf der<br />
Hand.<br />
Die Hauptverantwortung für die Überwindung der überkommenen politischen<br />
Kultur obliegt – wie in anderen Fällen auch – den Eliten, die bei der<br />
Durchsetzung des Verfassungs- und Rechtsstaates mit gutem Beispiel voran<br />
gehen müssen (Maćków 2005: 138 ff .). Schenkt man den Befunden der<br />
Transformationsforschung Glauben, stehen dem allerdings ausgerechnet die<br />
Strukturen der elektoralen <strong>Demokratie</strong> im Wege. Diese halten die Politiker<br />
einerseits dazu an, den vorherrschenden Einstellungen der Bevölkerung nicht<br />
zu widersprechen, der sie ja schließlich selbst entstammen und von der sie<br />
wiedergewählt werden wollen. Zum anderen befördern sie ihr Interesse, die<br />
Regeln des demokratischen Wettbewerbs zum Zwecke des Machterhalts zu<br />
beugen, wodurch das Vertrauen in den Verfassungs- und Rechtsstaat erst recht<br />
untergraben wird. Bis zum Umschlag in autokratische Verhältnisse ist es von<br />
hier an häufi g nur ein kurzer Weg.<br />
Repräsentative und plebiszitäre <strong>Demokratie</strong><br />
Wird die Reichweite des demokratischen Herrschaft sanspruchs durch die<br />
Verfassung äußerlich begrenzt, so unterliegt das Prinzip der Volkssouverä-