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Sexarbeit. Frauenrechtsverletzung oder eine Arbeit wie jede andere?

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ÖSTERREICH<br />

Die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde stellt <strong>eine</strong>n Lichtbildausweis aus (auch „grüne<br />

Karte“ <strong>oder</strong> „Deckel“ genannt), auf dem die wöchentlichen Untersuchungen bestätigt werden.<br />

Diesen Ausweis muss die <strong>Sexarbeit</strong>erin bei ihrer <strong>Arbeit</strong> mit sich tragen und bei <strong>eine</strong>r etwaigen<br />

Kontrolle vorzeigen. Auf diesem Ausweis werden auch Name und Adresse der <strong>Sexarbeit</strong>erin<br />

vermerkt. 53<br />

Vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend im Abstand von jeweils höchstens drei<br />

Monaten muss auch <strong>eine</strong> amtsärztliche Untersuchung auf AIDS nach dem AIDS-Gesetz 54<br />

erfolgen. Diese Untersuchungen werden ebenfalls auf dem Ausweis bestätigt. Generell gilt,<br />

dass bei <strong>eine</strong>r nachge<strong>wie</strong>senen <strong>oder</strong> vermuteten Infektion der Ausweis nicht ausgestellt bzw.<br />

eingezogen wird. <strong>Arbeit</strong>et <strong>eine</strong> <strong>Sexarbeit</strong>erin ohne aktuellen Ausweis, drohen ihr<br />

empfindliche Strafen. Strafrahmen und mögliche Strafmaßnahmen sind im<br />

Geschlechtskrankheitengesetz und AIDS-Gesetz auffällig unterschiedlich geregelt. Das<br />

Geschlechtskrankheitengesetz sieht <strong>eine</strong> Geldstrafe von bis zu € 70 <strong>oder</strong> Arrest bis zu zwei<br />

Monate vor, das AIDS-Gesetz <strong>eine</strong> Geldstrafe von bis zu € 7.260 55 .<br />

In diesem Zusammenhang sind auch zwei relevante strafrechtliche Bestimmungen zu<br />

erwähnen. Nach § 178 StGB, vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare<br />

Krankheiten, sind Handlungen unter Strafe gestellt, die geeignet sind, die Gefahr der<br />

Verbreitung <strong>eine</strong>r übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen, sofern es sich um<br />

<strong>eine</strong> anzeige- <strong>oder</strong> meldepflichtige Krankheit handelt. Der Strafrahmen beträgt bis zu 3 Jahre<br />

Freiheitsstrafe <strong>oder</strong> Geldstrafe bis zu 360 Tagessätze. Nach § 179 StGB macht sich auch<br />

strafbar, wer die oben beschriebene Handlung fahrlässig begeht. Der Strafrahmen beträgt bis<br />

zu <strong>eine</strong>m Jahr Freiheitsstrafe <strong>oder</strong> ebenfalls bis zu 360 Tagessätze Geldstrafe.<br />

Obwohl umgekehrt auch Kunden als Überträger von Geschlechtskrankheiten und AIDS ein<br />

besonderes Risiko darstellen - angesichts der Tatsache, dass Kunden sehr häufig Sex ohne<br />

Kondom wünschen und in vielen Fällen auch bekommen 56 - bestehen für diese k<strong>eine</strong><br />

„institutionalisierten“ Formen der Gesundheitskontrolle.<br />

53 Möchte sich ein Kunde über die Vorlage der Karte versichern, dass die Gesundheitsuntersuchungen<br />

durchgeführt worden sind, besteht damit gleichzeitig für die <strong>Sexarbeit</strong>erin <strong>eine</strong> Gefährdung ihrer Privatsphäre.<br />

54 AIDS-Gesetz 1993 idF BGBl I Nr. 98/2001.<br />

55 Wer jedoch innerhalb der letzten drei Jahre bereits zweimal aus diesem Grund bestraft wurde, kann<br />

auch alternativ mit <strong>eine</strong>r Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen bestraft werden, § 9 Abs 2 AIDS-Gesetz.<br />

56 In Steffan 2005:36-37 werden Ergebnisse der bisher größten deutschsprachigen Untersuchung zum<br />

Thema Kundenverhalten aus dem Jahre 1994 (598 direkt befragte Kunden im Alter von 17-72 Jahre) zitiert.<br />

Danach verwendeten 5,1 % der befragten Kunden nie und 15,4% nur sporadisch ein Kondom. Die Bereitschaft,<br />

ein Kondom zu verwenden, war bei Kunden, die in <strong>eine</strong>r festen Beziehung lebten, am geringsten und sank<br />

ausserdem mit steigender Kinderzahl. Weiters sank die Kondombereitschaft mit steigendem Einkommen und mit<br />

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