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Sexarbeit. Frauenrechtsverletzung oder eine Arbeit wie jede andere?

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3.3.1. Sittenwidrigkeit<br />

ÖSTERREICH<br />

Neben der stigmatisierenden Wirkung, die <strong>eine</strong> Beurteilung der <strong>Sexarbeit</strong> als sittenwidrig 111<br />

mit sich bringt, ist die wohl bedeutsamste Folge, dass sie das Eingehen von Dienstverträgen<br />

verhindert. <strong>Sexarbeit</strong>erinnen sind damit gezwungen, formal als sog. Neue Selbständige zu<br />

arbeiten, auch wenn sie tatsächlich dienstnehmerähnlichen <strong>Arbeit</strong>sbedingungen<br />

unterliegen. 112<br />

Die aufgezwungene Selbständigkeit bringt gesetzliche Verpflichtungen mit sich, unter<br />

<strong>andere</strong>m die Erfassung der Einnahmen und Ausgaben, die Erstellung <strong>eine</strong>s Steuerausgleichs,<br />

die Selbsteinschätzung für die Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft und das<br />

Haushalten mit dem verdienten Geld (u.a. um etwaige Steuer- und<br />

Sozialversicherungsschulden zurückzahlen zu können).<br />

<strong>Sexarbeit</strong>erinnen sind aber k<strong>eine</strong> homogene, zur Selbständigkeit prädestinierte Gruppe. Ein in<br />

diesem Zusammenhang relevantes Unterscheidungskriterium ist der Bildungsstand. Unter<br />

<strong>Sexarbeit</strong>erinnen finden sich gut ausgebildete Frauen, aber viel häufiger Frauen mit geringem<br />

Bildungsstand. Für diese Frauen bietet <strong>Sexarbeit</strong> die Möglichkeit, ohne spezielle Ausbildung -<br />

gemessen an <strong>andere</strong>n zur Auswahl stehenden Alternativen - relativ gut zu verdienen. 113<br />

Vielleicht von noch größerer Relevanz für erfolgreiche Selbständigkeit ist die Fähigkeit, mit<br />

Geld umgehen zu können. Charakteristisch für die soziale Lage vieler <strong>Sexarbeit</strong>erinnen ist<br />

jedoch deren Verschuldung. 114 Dass sehr viele <strong>Sexarbeit</strong>erinnen „schwarz“ arbeiten, liegt<br />

daher nicht nur an <strong>eine</strong>r geringen Bereitschaft Steuern 115 zu zahlen, sondern oft auch an <strong>eine</strong>r<br />

Überforderung. 116 Damit machen sich diese Frauen aber nicht nur strafbar, auch fehlt ihnen<br />

damit die notwendige Absicherung durch Kranken-, Pensions- und <strong>Arbeit</strong>slosenversicherung.<br />

Eine <strong>andere</strong> bedeutsame Folge ist die Tatsache, dass - bei <strong>eine</strong>r Betrachtung von Verträgen<br />

über sexuelle Dienstleistungen als sittenwidrig - die <strong>Sexarbeit</strong>erin das Honorar gerichtlich<br />

111<br />

Siehe dazu den Abschnitt Verträge im Zusammenhang mit <strong>Sexarbeit</strong>.<br />

112<br />

Bundesministerium für Frauenangelegenheiten 1996:28, Gespräch mit SOPHIE und dem STD-<br />

Ambulatorium. STD steht für Sexually Transmitted Deseases, also sexuell übertragbare Krankheiten.<br />

113<br />

Gespräche mit SOPHIE, STD-Ambulatorium und <strong>Sexarbeit</strong>erinnen.<br />

114<br />

Bundesministerium für Frauenangelegenheiten 1996:76.<br />

115<br />

Wie hoch die Steuereinnahmen aus der <strong>Sexarbeit</strong> tatsächlich sind, kann in Österreich derzeit nicht<br />

erhoben werden, weil für <strong>Sexarbeit</strong> k<strong>eine</strong> eigenen Branchenkennzahl vorgesehen ist. So können weder die<br />

Einnahmen, noch die darauf entfallenden Steuerbeträge herausgefiltert und evaluiert werden (Parlamentarische<br />

Anfragebeantwortung betreffend „Lebenssituation von Frauen und Männern in der Prostitution“ durch das<br />

Bundesministerium für Finanzen vom 27.06.2006, GZ BMF-310205/0040-I/4/2005).<br />

116<br />

Gespräche mit SOPHIE, STD-Ambulatorium und <strong>Sexarbeit</strong>erinnen so<strong>wie</strong> Beiträge in<br />

<strong>Sexarbeit</strong>erInnenforen.<br />

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