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Sexarbeit. Frauenrechtsverletzung oder eine Arbeit wie jede andere?

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EXKURS FRAUENHANDEL<br />

Nach Sullivan wäre es angemessen, <strong>Sexarbeit</strong> ausschließlich als Frage der Autonomie im<br />

<strong>Arbeit</strong>sleben zu berachten. 387 Auch Doezema sieht in der Debatte um Freiwilligkeit besondere<br />

Gefahren. Denn wenn auch nicht explizit in Gesetzestexten, so werden Frauen, die freiwillig<br />

in der <strong>Sexarbeit</strong> tätig sind und nicht dem Opferbild entsprechen, häufig als nicht<br />

schützenswert betrachtet. 388<br />

8.1.3. Eigene Ansichten<br />

Zu Beginn dieser <strong>Arbeit</strong> war m<strong>eine</strong> Einstellung zum Thema <strong>Sexarbeit</strong> sehr „schwedisch“<br />

geprägt. Dass <strong>eine</strong> Frau aus freien Stücken sexuelle Dienstleistungen verkauft, war mir weder<br />

nachvollziehbar noch hielt ich es für realistisch. Die Tatsache, dass ein Großteil der Frauen in<br />

der <strong>Sexarbeit</strong> tatsächlich unter sehr schlechten Bedingungen arbeitet, unterstützte diese<br />

Vorstellung. Kritische Literatur zu dieser Haltung konnte mich noch nicht vom Gegenteil<br />

überzeugen. Entscheidend für den Übergang zu <strong>eine</strong>r differenzierteren Betrachtung waren<br />

schließlich direkte Kontakte zu <strong>Sexarbeit</strong>erinnen.<br />

Ich traf auf Frauen, die im Leben stehen, Kinder großziehen, ähnliche Berufssorgen haben,<br />

<strong>wie</strong> <strong>andere</strong> Durchschnittsmenschen - und <strong>Sexarbeit</strong> als <strong>eine</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>wie</strong> <strong>jede</strong> <strong>andere</strong> betrachten<br />

(wenn auch unter schlechteren Rahmenbedingungen). Ab diesem Zeitpunkt erschien es mir<br />

vermessen, diesen Frauen zu unterstellen, sie wüssten nicht, was sie tun.<br />

Mittlerweile erachte ich das Bild der <strong>Sexarbeit</strong>erin als sexuell ausgebeutete Frau ohne<br />

Handlungsspielraum zumindest als eindimensional und verkürzt. Alle von mir befragten<br />

<strong>Sexarbeit</strong>erinnen und auch jene, die auf m<strong>eine</strong>n Fragebogen antworteten, sagten von sich,<br />

ihren Beruf nicht nur freiwillig, sondern auch gerne auszuüben. Grenzen der Zufriedenheit<br />

sahen sie von schlechten Rahmenbedingungen gezogen, nicht jedoch von der Tatsache,<br />

sexuelle Dienstleistungen zu erbringen. Diese Frauen teilten <strong>eine</strong> weitere Gemeinsamkeit. Sie<br />

alle arbeiteten zum Zeitpunkt der Fragestellung selbstbestimmt und konnten ihre<br />

<strong>Arbeit</strong>sbedingungen weitestgehend selbst gestalten.<br />

Darin liegt aber auch <strong>wie</strong>derum <strong>eine</strong> Besonderheit. Denn selbstbestimmtes <strong>Arbeit</strong>en ist - ohne<br />

mich auf konkrete Zahlen stützen zu können - nur für <strong>eine</strong>n relativ kl<strong>eine</strong>n Teil der<br />

<strong>Sexarbeit</strong>erinnen beruflicher Alltag. Und selbst wenn alle <strong>Sexarbeit</strong>erinnen selbstbestimmt<br />

387 Sullivan 2000:1.<br />

388 Doezema 1998:41-47. Doezema zitiert etwa das Beispiel Niederlande, wo die Polizei Fälle von Opfern<br />

von Frauenhandel, die sich entschließen weiterhin in der <strong>Sexarbeit</strong> tätig zu sein, nicht verfolgt (Doezema<br />

1998:45).<br />

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