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Mitteilungen der Gesellschaft für Buchforschung in Österreich 2006-1

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A NGELIKA Z DIARSKY Stempelspuren <strong>in</strong> <strong>der</strong> NS-Vergangenheit<br />

befand. Seit <strong>der</strong> Nachkriegszeit beherbergt dieses Schloss e<strong>in</strong>e Schule, die <strong>in</strong><br />

ihrer heutigen Form als Bundesgymnasium 5 geführt wird.<br />

In <strong>der</strong> Zeitspanne von September 1944 bis Mai 1945 wurden dort jedoch<br />

die Bücher <strong>der</strong> ausgelagerten Zentralbibliothek <strong>der</strong> „Hohen Schule“ aufbewahrt.<br />

Die „Hohe Schule“ war als Parteihochschule <strong>der</strong> NSDAP konzipiert<br />

gewesen und sollte die Elite <strong>der</strong> Nationalsozialisten hervorbr<strong>in</strong>gen. Sie verstand<br />

sich bewusst als Gegenmodell zu den existierenden Universitäten im<br />

Land. Die bei Kriegsende aufgefundenen, aus ganz Europa geraubten und<br />

konfiszierten Bücherkonvolute wurden von <strong>der</strong> britischen Besatzung bis <strong>in</strong><br />

das Jahr 1948 systematisch an die rechtmäßigen Besitzer – o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Erben<br />

– zurückgestellt.<br />

Ab dem 1. Dezember 1949 führte diese Funktion die Büchersortierungsstelle<br />

fort. Diese E<strong>in</strong>richtung beschäftigte sich jedoch nicht nur mit den<br />

Restbeständen aus Tanzenberg, son<strong>der</strong>n bearbeitete auch die Bücher aus <strong>der</strong><br />

so genannten Gestapo-Bibliothek <strong>in</strong> Wien, die des Dorotheums und die <strong>der</strong><br />

Nationalbibliothek. Die Büchersortierungsstelle beendete ihre Tätigkeit im<br />

Jahr 1951, wobei bis zu diesem Zeitpunkt nicht restituierbare Buchbestände<br />

an verschiedene Institutionen abgegeben wurden. So wurde auch <strong>der</strong> UB<br />

Wien e<strong>in</strong> beträchtlicher Anteil an Büchern ausgehändigt – <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie, um<br />

die hohen Buchverluste während des Krieges auszugleichen 6 . So f<strong>in</strong>det sich<br />

im Archiv <strong>der</strong> Universitätsbibliothek e<strong>in</strong> Schriftstück aus dem Jahr 1950 mit<br />

Anweisungen des Bundesm<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Unterricht (BMU), wie mit den<br />

Buchbeständen unbekannter Herkunft zu verfahren sei 7 . Diesen Anweisun-<br />

5 Die Internetadresse des Bundesgymnasiums und Marianums Tanzenberg lautet: www.tanzenberg.at<br />

bzw. www.tanzenberg.com. Dort f<strong>in</strong>det sich auch e<strong>in</strong>e ausführliche Darstellung <strong>der</strong> wechselhaften<br />

Geschichte <strong>der</strong> Schule.<br />

6 Neben Buchverlusten durch Bombentreffer erfuhr die UB Wien auch Verluste bei den, an verschiedenen<br />

Orten <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>österreich, ausgelagerten Buchbeständen. Etliche Schriftstücke <strong>der</strong> Jahre<br />

1946–1947 im UB Archiv nehmen darauf Bezug: Der Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Universitätsbibliothek v. 12.<br />

August 1946 (451-1946-297); Bombenschäden an <strong>der</strong> Universitätsbibliothek v. 6. August 1946 (634-<br />

1946); Der Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Universitätsbibliothek v. 11 Juni 1947; Die Universitätsbibliothek <strong>in</strong><br />

Wien <strong>in</strong> und nach dem Kriege“ v. 18. August 1947. Im Jahr 1946 wurde sogar versucht, die Ausfuhr<br />

von vor 1945 erschienener Literatur aus <strong>Österreich</strong> per Gesetz zu verbieten, da be<strong>für</strong>chtet wurde,<br />

dass die Verluste sonst nicht auszugleichen se<strong>in</strong> werden. Dies erwies sich jedoch als nicht notwendig.<br />

(Bundesgesetz über die Wie<strong>der</strong>gutmachung <strong>der</strong> kriegsbed<strong>in</strong>gten Buchschäden an <strong>der</strong><br />

Universitätsbibliothek <strong>in</strong> Wien (Universitätsbibliothek-Wien, Notgesetz). UB-Archiv 1946, 681–<br />

684.).<br />

7 Zl.29.387-I/1/50; UB Archiv 1/15-1950.<br />

MITTEILUNGEN BUCHFORSCHUNG <strong>2006</strong>-1<br />

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