Mitteilungen der Gesellschaft für Buchforschung in Österreich 2006-1
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G ERTRAUD M ARINELLI-KÖNIG Buchgeschichte <strong>der</strong> Südslaven<br />
Schriftsprache „konsolidieren“ – e<strong>in</strong> äußerst schwieriger Prozess von vornhere<strong>in</strong>,<br />
„ABC-Kriege“ wurden da geführt –, und an<strong>der</strong>erseits mit <strong>der</strong> „Übermacht“<br />
des Deutschen zurechtkommen. Dies war e<strong>in</strong>e David & Goliath-<br />
Konstellation, e<strong>in</strong>e sich über e<strong>in</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t h<strong>in</strong>ziehende Entwicklung, im<br />
Laufe <strong>der</strong>er es zu Polarisierungen kam, zu zunehmen<strong>der</strong> Verbitterung. Dass<br />
man <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts darang<strong>in</strong>g, Volkslie<strong>der</strong> zu sammeln,<br />
war nicht bloß e<strong>in</strong>e Modeersche<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Romantik. Tatsache war, dass<br />
die Gebildeten <strong>in</strong> den Städten ohneh<strong>in</strong> Deutsch konnten, mit <strong>der</strong> Laibacher<br />
Zeitung (1784–1807, 1815–1918) e<strong>in</strong> potentes deutschsprachiges Presseorgan<br />
zur Verfügung stand und <strong>der</strong> Staatsapparat von des Deutschen mächtigen<br />
Beamten gestellt wurde. Dass <strong>der</strong> Sprache „des Volkes“ von Seiten <strong>der</strong><br />
Obrigkeit überhaupt mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde, geht wohl auf<br />
Joseph II. zurück, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Völker „an <strong>der</strong> Basis“ mit volkswirtschaftlich<br />
nützlicher Literatur versorgen ließ.<br />
Die Verfassung des Grundschulwesens war aber bis <strong>in</strong> das 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> prekär. E<strong>in</strong> Bericht <strong>in</strong> den Leipziger Jahrbüchern <strong>für</strong> slawische Literatur,<br />
Kunst und Wissenschaft über das „Schulwesen im slawischen Südösterreich“<br />
zeigt die Probleme auf: 1845 hätten die Zahlen <strong>der</strong> schulfähigen K<strong>in</strong><strong>der</strong>, welche<br />
ke<strong>in</strong>en Unterricht erhielten, über die Kreise – die damaligen adm<strong>in</strong>istrativen<br />
E<strong>in</strong>heiten - verteilt wie folgt gelautet: „Klagenfurt – 8.000; Villach –<br />
4.100; Laibach – 22.000; Neustädtl – 27.700; Adelsberg – 14.600.“ Es sollten<br />
neue slowenische Grundschulen errichtet werden, denn die Bauern bräuchten<br />
Kenntnisse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landessprache, wird im Bericht u.a. gefor<strong>der</strong>t. 38<br />
Das Slowenische wurde aber, nachdem die Hochsprache entwickelt war, <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em immer stärkeren Maße als Nationalsprache angesehen. Dass dem<br />
Buchdruck, <strong>der</strong> Presse, bei <strong>der</strong> Identitätskonstruktion e<strong>in</strong>e em<strong>in</strong>ente Rolle<br />
zukam, ist evident. Es entstand e<strong>in</strong>e slowenische Nationalliteratur. E<strong>in</strong>en<br />
Platz <strong>in</strong> den Reihen <strong>der</strong> Großen <strong>der</strong> europäischen Spätromanik errang das<br />
Dichtergenie France Prešeren (1800–1849). – Se<strong>in</strong> Geburtstag (8. Februar) ist<br />
<strong>in</strong> Slowenien e<strong>in</strong> Feiertag. – Die europäische Mo<strong>der</strong>ne wurde von Ivan Cankar<br />
38 Die Oesterreichischen Blätter <strong>für</strong> Literatur und Kunst übernehmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nr. 111 (16.9.1845) diesen<br />
Bericht des Leipziger Blattes. Vgl.: Gertraud Mar<strong>in</strong>elli-König: Die Südslaven <strong>in</strong> den Wiener Zeitschriften<br />
und Almanachen des Vormärz (1805-1848). Versuch e<strong>in</strong>er kritischen Bestandsaufnahme <strong>der</strong> Beiträge über<br />
Bosnien, Bulgarien, Dalmatien, die Herzegow<strong>in</strong>a, Istrien, Kra<strong>in</strong> (Kärnten, Steiermark), Kroatien, das Küstenland,<br />
die Militärgrenze, Montenegro, Serbien und Slawonien. Wien: Verlag <strong>der</strong> <strong>Österreich</strong>ischen Akademie <strong>der</strong><br />
Wissenschaften, 1994. S. 272.<br />
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MITTEILUNGEN BUCHFORSCHUNG <strong>2006</strong>-1