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Inhalt - CCA Monatsblatt

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Negro bemerken sie das trübe, milchige Wasser des Hauptstromes und das klare<br />

Wasser des Rio Negro, dessen hoher Säuregehalt keinen Abbau der Humusstoffe<br />

zulässt, deshalb auch die bräunlich dunkle Farbe. Beide Wasser vermischen sich<br />

erst Dutzende von Kilometern nach dem Zusammenfluss. Weiter stromabwärts<br />

beobachten sie an einer Flussenge die Gezeitenwirkung, die sich schon 700 km<br />

vor Erreichen der Mündung bemerkbar macht.<br />

Daneben interessieren sich La Condamine und Maldonado für die im und am Fluss<br />

lebenden Tiere, und sie versuchen, die Fischarten zu bestimmen, bis sie es wegen<br />

der Vielzahl aufgeben. Auch die Pflanzenwelt birgt täglich Überraschungen,<br />

bereisen sie doch ein Gebiet, das wissenschaftlich noch vollkommen unerforscht<br />

ist. Sie beobachten, wie die Eingeborenen Wurzeln in das Wasser werfen und<br />

damit die Fische betäuben. La Condamine sammelt diese Pflanzen und wird<br />

damit zum Entdecker des Barbasco, welches das Alkaloid Rotentone enthält und<br />

heute als Pflanzenschutzmittel Verwendung findet. Er beschäftigt sich mit dem<br />

schwarzen, harzigen Gift Curare, mit dem die Indianer ihre Pfeile für die Blasrohre<br />

versehen. Das Gift wirkt tödlich, wenn es in die Blutbahn eindringt. Er berichtet,<br />

dass Zucker als Gegengift wirke mit der Geschichte, dass er einen Curarepfeil<br />

in ein Huhn sticht, ihn sofort wieder herauszieht und die Wunde mit Zucker<br />

behandel. Das Huhn zeigte<br />

keinerlei Symptome einer<br />

Vergiftung.<br />

Des Weiteren beobachtet La<br />

Condamine, wie die Indianer<br />

den Kautschukbaum (Hevea<br />

brasiliensis) anritzen, die<br />

weiße, klebrige Flüssigkeit<br />

in Kürbisschalen auffangen<br />

und daraus durch Räuchern<br />

eine geschmeidige,<br />

wasserundurchlässige<br />

und widerstandsfähige<br />

Masse gewinnen, die ganz<br />

nach Belieben in jegliche<br />

Gestalt geformt werden<br />

kann. Ganz unbekannt ist<br />

das Gummi nicht, schon<br />

Cortez berichtet, wie die<br />

Azteken in Mexiko mit<br />

Vollgummibällen „Tlachtli“<br />

spielten. La Condamine<br />

bringt Gummiproben mit<br />

nach Europa und beschreibt<br />

Serie<br />

Serie<br />

den Stoff, der eines der wichtigsten Produkte des industriellen Zeitalters werden<br />

sollte.<br />

Im September 1744 treffen La Condamine und Pedro Maldonado in Pará an der<br />

Mündung des Amazonas in den Atlantik ein. Hier sieht La Condamine, wie ein<br />

Karmelitermönch seine indianischen Schützlinge erfolgreich gegen Blattern impft<br />

und beschreibt später dieses Verfahren der Immunisierung. Maldonado schifft<br />

sich sofort nach England ein, La Condamine wählt den Umweg über Cayenne in<br />

der französischen Kolonie Guayana, wo er u.a. die in Loja gesammelten Samen<br />

des Gelben Chinarindenbaumes aussät. Von dort segelt er im Oktober 1744 nach<br />

Europa und trifft Ende Februar 1745 in Paris ein.<br />

Der Casiquiare und heutige Berichterstattung über die Vermessung der<br />

Erde in Peru<br />

Während der Schiffsreise auf dem Amazonas hört La Condamine natürlich auch von<br />

dem bis dahin geheimnisvollen „Kanal“ zwischen den Flussbecken des Orinoco<br />

und des Amazonas. Seit rund 200 Jahren war die Existenz dieser Verbindung, der<br />

Casiquiare, umstritten. Die ersten richtigen Nachrichten hatte 1639 der spanische<br />

Jesuit Acuña nach Europa gebracht, aber keiner glaubte ihm: zwischen zwei<br />

Flusseinzugsgebieten muss es eine Wasserscheide geben. So verzeichneten die<br />

Kartographen auf ihren Karten einen Bergrücken zwischen dem Flussgebiet des<br />

Orinoco und dem Rio Negro, der bei Manaus in den Amazonas mündet. Im gleichen<br />

Jahr 1744, als La Condamine und Maldonado den Amazonas hinab reisen, befährt<br />

der Missionar Román den Casiquiare und beweist damit die Verbindung zwischen<br />

beiden Flussbecken. Im Jahre 1800 erkundet auch Alexander von Humboldt mit<br />

seinem Begleiter Aimé Bonpland den Casiquiare. Erst Humboldts Autorität macht<br />

die „geographische Ungeheuerlichkeit“ in Europa glaubhaft.<br />

Zur Information: eine Wasserscheide besteht sehr wohl, sie liegt nur nicht zwischen<br />

den Flüssen, sondern in der Mitte (aber nicht sichtbar) des Orinoco flussoberhalb<br />

der Bifurkation; eine Schwelle teilt das Wasser in eine nördliche Strömung, den<br />

Orinoco, und eine südliche, die in den Casiquiare abfließt.<br />

Alexander von Humboldt hat also den Casiquiare befahren, La Condamine<br />

nicht. Hier seien einige kritische Anmerkungen zu einem in den letzten Jahren<br />

vielgekauften und gelobten Buch angebracht. 2006 erscheint im Rowohlt Verlag<br />

der Roman „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann. Der Roman stand<br />

über ein Jahr lang auf Platz 1 einer bekannten Bestsellerliste. Bei diesem Titel darf<br />

natürlich die uns nun schon wohlbekannte Vermessung eines Breitengrades am<br />

Äquator durch die französische Forschergruppe nicht fehlen. Der Verlag preist das<br />

Buch an als „ein Spiel mit Fakten und Fiktionen“. Über Fiktionen kann man bei<br />

einem Roman nicht streiten, aber die Fakten sollten stimmen. Und da hapert es bei<br />

dem Buch von Kehlmann doch gewaltig. Er erzählt, Humboldt hätte am oberen<br />

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Iglesias Rurales Iglesias Rurales<br />

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