Inhalt - CCA Monatsblatt
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Serie<br />
die Weiterreise auf dem Rio Bobonanza bereitstehen sollten. Was aber finden sie<br />
vor ? Ein verlassenes Dorf mit verkohlten Häusern und keine Kanus weit und<br />
breit. Die Bewohner hatten kurz vor ihrer Ankunft den Ort wegen des Ausbruchs<br />
von Blattern (Pocken) verlassen. Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt, zumal sich<br />
alle Hochlandindianer der Reisegruppe in der kommenden Nacht aus dem Staube<br />
machen.<br />
Zurückkehren? Isabel ist dagegen, sie möchte mit ihrem Ehemann<br />
zusammentreffen. Die Männer der Gruppe durchstreifen die dschungelreiche<br />
Umgebung und treffen auf zwei ehemalige Bewohner, die schließlich bereit<br />
sind, ein großes Kanu für die Weiterreise zu bauen. Die Reisegesellschaft drängt<br />
sich hinein; aus Platzgründen muss aber der überwiegende Teil des mitgeführten<br />
Gepäcks und auch Proviant zurücklassen werden. In diesem oberen Abschnitt des<br />
Rio Bobonanza wimmelt es von Felsbrocken, Klippen und Wasserfällen, doch die<br />
zwei Eingeborenen manövrieren das Boot sicher durch die Stromschnellen; in der<br />
ersten Nacht sind sie verschwunden. Soll nun die Weiterfahrt gelingen, so sind<br />
zwei Dinge von Nöten – großes Geschick und großes Glück und beides hat die<br />
Reisegesellschaft nicht; mehrmals entkommt sie knapp einem Kentern des Bootes.<br />
So beschließen sie, dass einer der Franzosen zusammen mit dem Diener Joachim<br />
zur nächsten, vermeintlich nur 5 bis 6 Tagesreisen entfernten Missionsstation<br />
Andoas am Rio Pastaza rudern soll, um Hilfe zu holen. Die Zurückgebliebenen,<br />
immerhin sieben Erwachsene und ein Kind, bauen sich eine Schutzhütte gegen<br />
den Regen. Die mitgebrachten Vorräte gehen schnell zu Ende, die Jagd und Suche<br />
nach Nahrung reichen nicht, den Hunger zu stillen. Dazu kommen Moskitos,<br />
schwarze Piumefliegen und Jejenes (Sandmücken), die in Schwärmen über alle<br />
bloßen Körperteile herfallen; einige Mitglieder der Gruppe beginnen wahnsinnig<br />
zu werden. Nach etwa einen Monat geben sie die Hoffnung auf Hilfe auf. Sie<br />
bauen mit letzter Kraft ein Floß, um damit Andoas zu erreichen. Aber das Floß<br />
ist schlecht gebaut und schon bald kentert es und alle Reisenden werden in den<br />
Fluss gespült, zusammen mit dem allerletzten Rest ihrer Habe. Mit viel Mühe<br />
erreichen sie das Ufer und besitzen jetzt nur noch ihre zerlumpten Kleider am<br />
Leibe. Ihre Kräfte sind am Ende und alle sterben in den nächsten Tagen. Bis auf<br />
Isabel, die aus tiefer Bewusstlosigkeit erwacht. Sie rafft sich auf und schleppt sich<br />
flussabwärts durch den Urwald. Da hört sie ihren Namen rufen, hält es aber für<br />
eine Halluzination.<br />
Der Franzose und Joachim waren sicher in Andoas gelandet. Ersterer ist froh,<br />
sein Leben gerettet zu haben und kümmert sich nicht weiter um Isabel Godin und<br />
ihre Begleiter. Joachim gelingt es mit Mühe, vom dortigen Missionar ein Kanu<br />
mit vier kräftigen Ruderern zu erhalten. Auf der Fahrt zu der Stelle, wo er die<br />
Gesellschaft verlassen hatte, ruft er immer wieder laut den Namen von Isabel. Da<br />
stößt er auf die schon in Verwesung übergehenden Leichen. Voll Grauen verlässt<br />
er sofort mit den Begleitern den Ort des Schreckens und sie rudern zurück. Mit<br />
Serie<br />
Windeseile verbreitet sich die Nachricht vom Tode der Isabel Godin des Odonais<br />
amazonasabwärts über Pará und Cayenne bis nach Frankreich.<br />
Derweil wankt Isabel durch den Urwald. Wie lange sie gelaufen ist und wovon<br />
sie sich ernährt hat, daran kann sie sich später nicht mehr erinnern, es mögen<br />
Palmenkohl, Steißhuhneier sowie ein paar Chirimoyafrüchte gewesen sein. Nach<br />
vielen Tagen trifft sie am Ufer des Flusses auf zwei Indianer. Die halten die fast<br />
nackte, weiße Frau mit wirrem, weißem Haar für eine „kukula“ (bösen Geist)<br />
und fliehen in ihr Boot. Isabel spricht sie aber auf quechua an und gewinnt so<br />
ihr Vertrauen. Die beiden bringen sie in ihrem Kanu nach Andoas. Als Isabel<br />
in den ersten Januartagen des Jahres 1770 dort eintrifft, wird sie von dem dort<br />
lebenden Missionar wenig freundlich empfangen. Wenn, wie schon erwähnt, in<br />
der vorliegenden Literatur über die Begebenheiten der letzten Wochen um Isabel<br />
sehr unterschiedlich berichtet wird, so wird folgende Episode übereinstimmend<br />
wiedergegeben. Als Dank für ihre Rettung übergibt Isabel in Andoas den beiden<br />
Indianern je eine der vier Unzen (ca. 120 g) schweren Goldketten, die sie noch<br />
um den Hals trägt. Der Missionar nimmt den beiden den Schmuck sofort ab und<br />
gibt ihnen dafür einige Meter grobes Baumwolltuch mit der Bemerkung, das Gold<br />
gehöre der Kirche und habe keinen Wert für die Eingeborenen. Isabel ist empört<br />
und verlässt, obwohl noch sehr geschwächt den ungastlichen Ort. Ein Kanu<br />
bringt sie zur großen Missionsstation Lagunas, von wo aus auch La Condamine<br />
und Pedro Maldonado ihre gemeinsame Reise den Amazonas abwärts begonnen<br />
hatten. Dort trifft sie endlich ihren Vater Pedro Manuel de Grandmaison wieder.<br />
Isabel wird von den dortigen Mönchen gesund gepflegt und fährt dann mit ihrem<br />
Vater den Rio Marañón flussabwärts bis nach Iquitos, wo die portugiesische<br />
Galeote immer noch auf sie wartet. Diese bringt die beiden den Amazonas hinab<br />
und dann nach Cayenne im Norden. Dort kann Isabel endlich ihren Ehemann Jean<br />
Godin des Odonais nach 20-jähriger Trennung in die Arme schließen. Sie bleiben<br />
noch zwei Jahre in Französisch-Guyana bevor sie nach Frankreich zurückkehren,<br />
wo am Hafenkai von La Rochelle Charles de La Condamine auf sie wartet.<br />
Das Ende der Expedition an den Äquator in Peru<br />
Mit der Ankunft von Jean Godin und seiner Gattin Isabel ist der letzte Teilnehmer<br />
der französischen Expedition zurückgekehrt. Charles de La Condamine und<br />
Pierre Bouguer hatten bereits lange vorher nach ihrem Eintreffen in Paris mit der<br />
Aufarbeitung der in Südamerika gewonnenen Erkenntnisse begonnen. Sie tragen<br />
die Ergebnisse der Vermessung eines Breitengrades auf einem Meridian am Äquator<br />
der königlichen Akademie der Wissenschaften in Paris vor, wobei jeder der beiden<br />
bestrebt ist, seine eigenen Verdienste ganz besonders herauszustellen. Darüber<br />
kommt es bald zu erheblichen Spannungen, die erst mit dem Tode von Bouguer<br />
im Jahre 1758 enden. Die folgenden dreißig Lebensjahre von La Condamine sind<br />
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