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Projektleitfaden - Theodor-Heuss - Kolleg

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12 Kommunikation und Projekt | Kultur und Kommunikation<br />

Durchmischung verschiedener Schichten und Einwanderung aus. Dies macht die Definition<br />

dessen, was „typisch“ für ein Land ist, immer schwieriger.<br />

Deshalb benutzen einige Wissenschaftler lieber einen „transkulturellen“ Ansatz. Wie der<br />

Name sagt, geht Transkultur davon aus, dass sich verschiedene Kulturen wechselseitig<br />

durchdringen, Verhaltensweisen und Wertvorstellungen sozusagen „die Seiten wechseln“.<br />

Transkultur erweitert damit erheblich die Idee der Interkultur, wo zwei feste Systeme zwar<br />

miteinander kommunizieren, aber eben unvermischt nebeneinander bestehen bleiben.<br />

Diese Veränderung des Kulturverständnisses erscheint deshalb notwendig, weil moderne<br />

Kulturen zunehmend komplexer werden. Es gibt die wachsende Erkenntnis, dass Lebenssti-<br />

le sich nicht nur über nationale Grenzen hinweg unterscheiden, sondern z.B. auch von Re-<br />

gion zu Stadt zu Wohnviertel. Meine Geschwister können, obwohl in einem sehr ähnlichen<br />

Bezugssystem aufgewachsen, eine grundlegend andere Vorstellung vom Leben haben als<br />

ich. Dagegen ähneln die Tagesabläufe eines chinesischen Bauern denen eines polnischen<br />

Bauern vielleicht sehr stark, obwohl sich ihre direkte Umgebung sehr voneinander unter-<br />

scheidet. Die Entwicklung moderner Kommunikationsmedien trägt dazu bei, dass ich in<br />

kürzester Zeit mit ganz unterschiedlichen Menschen und Ideen in Kontakt kommen kann.<br />

Ich kann tief geprägt sein von einer Kultur (oder mehreren Kulturen), die nicht meiner Nati-<br />

onalität entspricht – die Literatur benutzt dafür den Begriff „kultureller Mischling“.<br />

Ein „deutsches“ Beispiel: als Slawistik-Studentin fühle ich mich in der russischen Literatur<br />

entschieden mehr zu Hause als in der deutschen; mein Mitbewohner ist ein spanischer<br />

Punk, außerdem beschäftige ich mich intensiv mit dem Buddhismus und höre seit langem<br />

am liebsten argentinischen Tango. So banal dies klingt, all diese Aspekte „vervielfältigen“<br />

meine Identität, in mir vernetzen sich (meist) widerspruchsfrei die unterschiedlichsten<br />

Prägungen und Bezugssysteme.<br />

Transkultur versteht sich wesentlich als ein inklusives, integrierendes Konzept – wenn ich<br />

mir meiner vielfältigen kulturellen Prägungen bewusst bin, finde ich eine Vielzahl von Kom-<br />

munikationsmöglichkeiten mit anderen (spielt auch Fußball wie ich, hat auch Geschwister<br />

usw). Es werden Gemeinsamkeiten statt Unterschiede gesucht, die eine gute Basis für ge-<br />

meinsame Kommunikation schaffen. Ein Aspekt wie z.B. Religion wird dann nicht generali-<br />

sierend betrachtet, sondern in seiner individuellen Ausprägung. Vielleicht bin ich als gläubi-<br />

ger Christ aus Bulgarien mit einem gläubigen Moslem aus Tadschikistan ja stärker verbun-<br />

den als mit einem deutschen Atheisten.<br />

Das Konzept der Transkultur – und das ist Chance und Herausforderung zugleich – ist ge-<br />

kennzeichet durch „hohe Individualisierung und Differenzierung. Die Differenzierungen<br />

folgen jedoch nicht mehr geographischen oder nationalen Vorgaben, sondern kulturellen<br />

Austauschprozessen.“<br />

Grundannahmen: Spinne ich oder er ...???<br />

Missverständnisse lassen sich beim besten Willen nicht vermeiden, wenn Menschen mit-<br />

einander in Kontakt kommen oder gar zusammen arbeiten. Die Realität sehen wir dabei<br />

Vgl. W. Welsch:<br />

Transkulturalität. Zur<br />

veränderten Verfasstheit<br />

heutiger Kulturen; in: Zeit-<br />

schrift für Kulturaustausch,<br />

45/1995. Als pdf unter<br />

www. forumkultur.net/<br />

fileadmin/user_upload/<br />

pdf/27.pdf

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