Projektleitfaden - Theodor-Heuss - Kolleg
Projektleitfaden - Theodor-Heuss - Kolleg
Projektleitfaden - Theodor-Heuss - Kolleg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
17 <strong>Theodor</strong>-<strong>Heuss</strong>-<strong>Kolleg</strong> | <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong><br />
Wichtigkeit der Repräsentation<br />
Wenn <strong>Theodor</strong> <strong>Heuss</strong> der Nachwelt als erster Präsident der Bundesrepublik Deutschland in<br />
Erinnerung geblieben ist, so kann man nicht über den Widerspruch von formaler Hoch-<br />
rangigkeit des Staatsamts und seiner realen tagespolitischen Begrenztheit hinwegsehen. In<br />
der Politik der Nachkriegszeit hatten andere Personen eine einflussreichere Stellung als<br />
<strong>Heuss</strong> – etwa der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer oder auch der Führer der Opposi-<br />
tion, Kurt Schumacher. Dies liegt jedoch in der Aufgabenteilung zwischen Kanzler und Prä-<br />
sident begründet, die in der westdeutschen Verfassung so festgeschrieben wurde: So wie<br />
das deutsche Regierungssystem kein präsidentielles System ist, so wurde die Rolle des<br />
Kanzlers aufgewertet und die des Präsidenten vorrangig auf Repräsentation und die formale<br />
Mitwirkung an den politischen Prozessen beschränkt. Dass dies nicht bedeutet, dass der<br />
Präsident zur Randfigur wird, hat <strong>Heuss</strong> mit seiner Amtsführung gezeigt.<br />
Im noch jungen westdeutschen Staat hieß es, um Vertrauen für die Demokratie zu werben.<br />
Das heißt auch, sich persönlich um eine Abgrenzung vom Vorgänger im Amt des Staats-<br />
oberhauptes zu bemühen und so an der eigenen Person zu zeigen, wo der Unterschied<br />
zwischen demokratischer und diktatorischer Repräsentation liegt: Statt Uniform ein bür-<br />
gerlicher Anzug, statt Reichsparteitagen die Verbindung von dem Amt und der Sache ange-<br />
messenem Ernst mit dem Bemühen, die Distanz zwischen Amtsträger und Volk zu überwin-<br />
den. „Ich habe mein unmittelbares Regierungsprogramm in das einfache Wort gepackt: Ent-<br />
krampfung. Damit ist natürlich noch nicht die oder jene konkrete Entscheidung geleistet,<br />
aber eine psychologische Situation geschaffen, die die innere Gesundung der Deutschen<br />
erleichtert.“<br />
Besonderes Augenmerk richtete <strong>Heuss</strong> auch auf die Fragen der staatlichen Selbstdar-<br />
stellung. Dazu gehören zunächst die angemessenen Staatssymbole – angefangen von der<br />
engagierten Diskussion im „Ausschuss für Grundsatzfragen“ des die westdeutsche Verfas-<br />
sung ausarbeitenden Parlamentarischen Rates, über die Suche nach einer angemessenen<br />
Nationalhymne oder die Gestaltung der Verleihungspraxis von Orden und Auszeichnungen.<br />
In besonderer Weise bemühte sich <strong>Heuss</strong> darum, die wissenschaftlich-kulturelle Elite an<br />
den neuen Staat zu binden, den Kontakt zur Emigration aufrecht zu erhalten und christlich-<br />
jüdische Initiativen zu unterstützen. Kritiker unterstellen einer Politik, die Repräsentation<br />
und Symbolik in den Mittelpunkt rückt, dass sie zur Unterbetonung der spannungsreichen<br />
tagespolitischen Realität neige. Wenn <strong>Heuss</strong> auch nicht den konfliktären Typus des Politi-<br />
kers verkörpert und er sich aus den großen politischen Konflikten der Nachkriegszeit wei-<br />
testgehend heraushielt, so muss andererseits in Rechnung gestellt werden, dass Demokra-<br />
tie beides benötigt: Konflikt und Integration. In diesem Sinne ist es die Funktion des von<br />
<strong>Heuss</strong> geprägten Amtes, den Integrationsaspekt zu betonen und aktiv auszugestalten.