Projektleitfaden - Theodor-Heuss - Kolleg
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6<br />
Kommunikation und Projekt | Interpretation<br />
> 1.2 Interpretation<br />
Das Beispiel zeigt, wie stark Kommunikation vom Rahmen, in dem sie stattfindet, abhängig<br />
ist und von der Interpretation. Im Folgenden werden einige Interpretationsmuster unter die<br />
Lupe genommen, getreu der Devise: Interessant ist das, was nicht gesagt wird.<br />
Grundannahmen und Wissen über Andere<br />
Je mehr und andauernder man miteinander kommuniziert, desto mehr interpretiert man.<br />
Hält man es etwa am Anfang noch für notwendig, seine Kommunikation zu erläutern, so<br />
verzichtet man später häufig darauf. Die Selbstverständlichkeit nimmt zu. „Wir machen ein<br />
Projekt, das sich für den armenisch-aserbaidschanischen Dialog einsetzt. Wir machen das<br />
aus Überzeugung, nicht weil wir Geld dafür bekommen.“ Das muss man oft erst einmal<br />
sagen, damit man nicht mit anderen Projekt-Teams verwechselt wird – gerade in Umfel-<br />
dern, in denen Ehrenamt nicht selbstverständlich ist. Später wissen alle Beteiligten, was<br />
gemeint ist. Das ist aber dann problematisch, wenn neue Menschen dazu kommen, die sich<br />
fragen, ob das Team nicht vielleicht Geld für seine Aktivität bekommt.<br />
In unserem internationalen Rahmen ist es besonders wichtig zu erwähnen, dass die Art und<br />
Weise der Interpretation vor allem von kulturellen Faktoren abhängt: Von Gewohnheiten<br />
und Konventionen, die man alltäglich nicht hinterfragt und die sehr stark auf unsere Identi-<br />
täten wirken.<br />
So könnte man erfahren haben, dass „Nordkoreaner nicht mögen, über persönliche Dinge<br />
zu reden.“ Aber wie verhalte ich mich dann bei der ersten Begegnung mit einer Nordkorea-<br />
nerin? Hilft mir das Wissen? Stimmt es überhaupt? Einerseits ist modellhaftes Wissen über<br />
die Kultur der anderen hilfreich, weil es uns ermöglicht, uns in der Komplexität der Welt<br />
zurechtzufinden, andererseits hilft in der Situation nur eine eigene Meinung.<br />
Vier Seiten einer Nachricht<br />
Das sehr häufig verwendete Kommunikationsmodell „Vier Seiten einer Nachricht“ stellt dar,<br />
nach welchem Muster die Interpretation von Kommunikation im Kopf der Beteiligten er-<br />
folgt. Friedemann Schulz von Thun geht davon aus, dass mit jeder Nachricht vier unter-<br />
schiedliche Arten von Information übermittelt werden. Bildhaft kann man sagen, dass jeder<br />
Mensch auf vier verschiedene Arten spricht und hört:<br />
1) Sachinhalt<br />
Da ist zunächst der transportierte Sachinhalt. Was man meistens für den Kern der Bot-<br />
schaft hält, sieht Schulz von Thun als nur einen von vier Aspekten an: Peter geht ins Ki-<br />
no.<br />
2) Beziehung<br />
Mit jedem Kommunikationsakt sagen die Beteiligten etwas über ihre Beziehung, das<br />
WIR. „Ich gehe ins Kino“ kann verstanden werden als „WIR stehen uns nahe und du<br />
könntest mitkommen.“ Andererseits auch als simple Mitteilung, dass man für die Person<br />
Schulz von Thun:<br />
Miteinander reden 1 -<br />
Störungen und Klärungen,<br />
Reinbek 1981