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Contergan oder die Macht der Arzneimittelkonzerne - Sternentaler

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Grünenthal, „dass <strong>die</strong> Frage <strong>der</strong> Missbildung noch relativ offen ist“. Daher schlug Dr. von Schra<strong>der</strong>-<br />

Beielstein in einem Brief an Distillers vom 21.März <strong>der</strong> Firma vor, <strong>die</strong> Ergebnisse gegenwärtig nicht<br />

zu veröffentlichen. Das britische Unternehmen nahm <strong>die</strong>s jedoch nicht zur Kenntnis. In <strong>der</strong> gleichen<br />

Zeit begannen Vorbereitungen gegen mögliche künftige Ermittlungen. Der Rechtsberater von Chemie<br />

Grünenthal schrieb am 4.April 1962: „Um zusammenzufassen: Es besteht <strong>die</strong> größte<br />

Wahrscheinlichkeit, dass wir <strong>die</strong> meisten gegen uns anstrengten Zivilprozesse verlieren werden.“<br />

Dr.von Veltheim unterstrich das in einem internen Memorandum: „Die Maßnahmen in bezug auf <strong>die</strong><br />

<strong>Contergan</strong>geschädigten müssen begleitet werden von einer intensiven, aber sehr sorgfältigen und<br />

taktvollen Einwirkung auf <strong>die</strong> öffentliche Meinung <strong>die</strong> <strong>die</strong> Stellung von Chemie Grünenthal in <strong>der</strong><br />

medizinischen und in <strong>der</strong> Wirtschaftspresse unaufdringlich im bestmöglichen Licht zeigt.“<br />

Einer <strong>der</strong> wenigen Mitarbeiter bei Chemie Grünenthal, <strong>der</strong> persönlich an <strong>der</strong> Entwicklung des<br />

Thalidomids beteiligt war und tiefe Besorgnis zum Ausdruck brachte, war Dr. Keller. „Als ich das<br />

erfuhr [dass Thalidomid im Verdacht steht, <strong>die</strong> Missbildungen zu erzeugen; d.Ü.], hatte ich einen<br />

schrecklichen Schock. Ich fühlte mich wie ein Busfahrer, <strong>der</strong> in eine Gruppe von Kin<strong>der</strong>n gerast ist<br />

und viele getötet und verletzt hat.“<br />

In <strong>der</strong> BRD erreichte <strong>die</strong> Nachricht vom Verdacht, dass Thalidomid Missbildungen erzeugen kann, <strong>die</strong><br />

große Mehrheit <strong>der</strong> Bevölkerung. Wie einige spätere Fälle von Missbildungen gezeigt haben,<br />

erreichten <strong>die</strong> Nachrichten in den Massenme<strong>die</strong>n jedoch nicht je<strong>der</strong>mann. Viele Frauen benötigten<br />

nach <strong>der</strong> Geburt ihrer missgebildeten Kin<strong>der</strong> eine langandauernde umfangreiche psychiatrische<br />

Behandlung, und es kam zu einer Anzahl von Selbstmorden. Als Thalidomid in <strong>der</strong> BRD<br />

zurückgezogen wurde, waren in <strong>der</strong> ganzen Welt tausende von missgebildeten Kin<strong>der</strong>n geboren<br />

worden.

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