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Contergan oder die Macht der Arzneimittelkonzerne - Sternentaler

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Kausalbeziehung zwischen <strong>der</strong> Einnahme von Thalidomid durch schwangere Frauen und<br />

ihren Geburten missgebildeter Nachkommen. Zumindest kann ich mir keine an<strong>der</strong>e<br />

annehmbare Deutung vorstellen, <strong>die</strong> eine <strong>der</strong>art beständige und biologisch bedeutsame<br />

Korrelation zwischen dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Thalidomideinnahme und <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Missbildung<br />

erklären würde.“ Niemand wi<strong>der</strong>sprach <strong>die</strong>ser Schlussfolgerung. Auf <strong>die</strong>sem Symposium<br />

hatten sich Experten auf dem Gebiet <strong>der</strong> Teratologie und <strong>der</strong> medizinischen Embryologie aus<br />

aller Welt mit den Vertretern von Arzneimittel-Kontrollbehörden vieler Län<strong>der</strong> und<br />

Wissenschaftlern aus zahlreichen bekannten Pharmazieunternehmen versammelt.<br />

4. In Tierversuchen war es möglich, bei einer Reihe von Arten (Kaninchen, Mäuse, Ratten,<br />

Hunde, Schweine und Affen) mit Thalidomid Missbildungen zu erzeugen. Bei den Affen sind<br />

<strong>die</strong> Ergebnisse beson<strong>der</strong>s eindrucksvoll, denn <strong>der</strong> Typ <strong>der</strong> Missbildungen ist dem bei<br />

Menschen gesehenen sehr ähnlich.<br />

5. Professor Weicker schließlich führte folgenden überzeugenden Beweis an: Er unterstellte,<br />

dass <strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> Bevölkerung, <strong>der</strong> unmittelbar an <strong>der</strong> Herstellung des teratogenen Stoffes<br />

beteiligt ist, <strong>der</strong> für <strong>die</strong> in <strong>der</strong> BRD gesehene Phokomelie-Welle verantwortlich war, mehr<br />

Gelegenheit gehabt hatte, an <strong>die</strong>ses fragliche Agens heranzukommen, und somit in<br />

größerem Umfang betroffen sein muss. Sobald <strong>der</strong> Verdacht auf Thalidomid fiel, analysierte<br />

Weicker <strong>die</strong> Häufigkeit <strong>der</strong> Missbildungen von Extremitäten und Ihren bei Kin<strong>der</strong>n, <strong>die</strong> von<br />

bei Chemie Grünenthal beschäftigten Frauen und von Frauen, <strong>der</strong>en Ehemänner in <strong>die</strong>sem<br />

Betrieb beschäftigt waren, geboren wurden. Er fand tatsächlich heraus, dass <strong>die</strong> Häufigkeit<br />

mehr als zwanzigmal größer war als im restlichen Nordrhein-Westfalen.<br />

Nach <strong>der</strong> Auffassung von Spezialisten gibt es im Bereich nur wenige pathologische Zustände beim<br />

Menschen (mit Ausnahme <strong>der</strong> Infektionskrankheiten), für <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ursache so sehr in allen<br />

Einzelheiten und mit solcher Gründlichkeit aufgeklärt wurde wie bei den Thalidomid-Embryopathien<br />

(phokomelieartiges, durch Thalidomid erzeugtes Syndrom). Es ist eine eindeutige Es ist eine<br />

eindeutige Tatsache, dass Thalidomid <strong>die</strong> Ursache für den Ausbruch <strong>der</strong> Phokomelie in <strong>der</strong> BRD und<br />

in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n war. Das wird heute von <strong>der</strong> medizinischen Wissenschaft allgemein anerkannt.<br />

Die vorgebrachten Einwände können ohne Ausnahme leicht wi<strong>der</strong>legt werden. Die bekanntesten<br />

Argumente und Spekulationen, <strong>die</strong> von den Thalidomidproduzenten und den Personen, <strong>die</strong> sich mit<br />

<strong>der</strong>en Interessen identifizieren, in Umlauf gesetzt wurden, sind folgende:<br />

1. An<strong>der</strong>e exogene Faktoren als Thalidomid können <strong>die</strong> mögliche Ursache <strong>der</strong> typischen<br />

Missbildungen gewesen sein. In einer Überprüfung von mehr als 100 Substanzen<br />

(Lebensmittelzusätze, Waschmittel usw.) weist nur Thalidomid eine Beziehung zu <strong>die</strong>sen<br />

beson<strong>der</strong>en Missbildungen auf. Eine positive Korrelation mit an<strong>der</strong>en Arzneimitteln, Rauchen<br />

<strong>o<strong>der</strong></strong> Alkohol wurde niemals gefunden.<br />

2. Die Missbildungen sind vorwiegend in Familien aufgetreten, in denen <strong>die</strong> Mütter sehr häufig<br />

am Fernsehgerät saßen. Die Röntgenstrahlung von den Bildschirmen könnte möglicherweise<br />

für <strong>die</strong> Missbildungen verantwortlich gewesen sein. Die Röntgenstrahlen von den<br />

Fernsehbildröhren sind so weich (energiearm), dass fast nichts durch das Glas des<br />

Bildschirmes dringt. Die fragliche Strahlendosis ist im Vergleich zu <strong>der</strong> Hintergrundexposition<br />

zu vernachlässigen. Abgesehen von <strong>die</strong>sen physikalischen Betrachtungen wird eine solche<br />

wilde Spekulation durch <strong>die</strong> Tatsache wi<strong>der</strong>legt, dass in Län<strong>der</strong>n, in denen Thalidomid nicht<br />

im Handel war, aber Fernsehgeräte <strong>der</strong> gleichen Konstruktion benutzt wurden, keine<br />

Missbildungen <strong>die</strong>ser Art gesehen wurden. Schließlich haben Mütter in <strong>der</strong> BRD sowohl vor<br />

als auch nach Einnahme des Thalidomids ziemlich häufig am Fernsehgerät gesessenoffensichtlich<br />

ohne jegliche nachteilige Wirkungen.

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