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Contergan oder die Macht der Arzneimittelkonzerne - Sternentaler

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waren im Ausland zu viel niedrigeren Preisen erhältlich; <strong>die</strong> Preisdifferenz zwischen ein- und<br />

demselben Präparat konnte je nach dem Hersteller um einen Faktor zu 50 variieren. Auf dem offenen<br />

Markt schienen Preisabsprachen weitverbreitet zu sein. Wenn unter Wettbewerbsbedingungen<br />

Großabnehmern, wie <strong>der</strong> US-Armee, Angebote unterbreitet wurden, konnten <strong>die</strong> Preise auf einen<br />

Bruchteil <strong>der</strong> geltenden Marktpreise heruntergedrückt werden. Die Profite <strong>der</strong> pharmazeutischen<br />

Industrie lagen viel höher als <strong>die</strong> an<strong>der</strong>er Zweige <strong>der</strong> chemischen Industrie. Unverhältnismäßig viel<br />

Geld wurde anscheinend für <strong>die</strong> Verkaufsstimulierung ausgegeben usw. Eine Reihe <strong>die</strong>ser seltsamen<br />

Tatsachen wurde durch <strong>die</strong> Verhandlungen des Senats aufgedeckt. Es wurde z.B. festgestellt, dass <strong>die</strong><br />

Firma Schering ein bei Menopausestörungen verwendetes Steroid von <strong>der</strong> französischen Firma<br />

Roussel zu einem Preis von 3,50 Dollar pro Gramm kaufte und es mit einem Aufschlag von 7000<br />

Prozent für etwa 116 Dollar, auf den Markt brachte. Wir können ein <strong>der</strong>artiges Beispiel nicht<br />

verallgemeinern, aber insgesamt gesehen verfügte <strong>die</strong> pharmazeutische Industrie über ausreichend<br />

hohe Profite, um etwa 25 Prozent <strong>der</strong> Differenz zwischen Bruttoeinnahmen und Produktionskosten<br />

für Werbung und Vertriebsför<strong>der</strong>ung auszugeben und dabei noch eine Profitrate zu haben, <strong>die</strong><br />

doppelt so hoch war wie <strong>die</strong> <strong>der</strong> amerikanischen Industrie im allgemeinen. Die Antwort <strong>der</strong> Vertreter<br />

<strong>der</strong> <strong>Arzneimittelkonzerne</strong> entsprach im wesentlichen <strong>der</strong>, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Präparat <strong>der</strong> Schering Corporation<br />

vor dem Subkomitee zur Trust- und Monopolbekämpfung gab:“Für jede gute Verbindung, <strong>die</strong><br />

gefunden wird, gibt es viele Versager. Einige Versager treten nach jahrelangen Anstrengungen und<br />

Kosten von Hun<strong>der</strong>ttausenden Dollars auf.“ Dazu bemerkte Dr.A.Ball Console, früherer medizinischer<br />

Direktor bei Squibb:“Das ist wahr, denn das ist das eigentliche Wesen <strong>der</strong> Forschung. Das Problem<br />

entsteht aus <strong>der</strong> Tatsache, dass sie so viele ihrer Versager auf den Markt bringen…, aber ich möchte<br />

betonen“, sagte Dr.Console zu Sentor Kefauer; dass es bei vielen <strong>die</strong>ser Produkte bereits klar ist, dass<br />

sie keinen Nutzen versprechen, wenn sie noch auf dem Reißbrett sind. Sie versprechen aber<br />

Umsatz.“ Lei<strong>der</strong> hat <strong>die</strong> Industrie nur selten mitgeholfen, Zweifel über <strong>die</strong> Anteile des Einkommens<br />

zu zerstreuen, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Forschung bzw. für <strong>die</strong> Werbung verwendet werden. Es ist also klar, welche<br />

Ausgaben in den Forschungsaufwand eingeschlossen sind.<br />

An fünf große pharmazeutische Unternehmen in Schweden wurde ein Fragebogen versandt, um<br />

Informationen über <strong>die</strong> angeblichen hohen Kosten <strong>der</strong> Verkaufsför<strong>der</strong>ung zu sammeln und <strong>die</strong>se<br />

Gesellschaften zu fragen, welchen prozentualen Anteil <strong>die</strong> Werbung an den Produktionskosten hat.<br />

Folgende Antworten wurden gegeben:<br />

Firma 1: 1,6 Prozent des Verkaufsgewinns<br />

Firma 2: 1,5 Prozent<br />

Firma 3: Da unsere Produktionskosten vertraulich sind, kann <strong>die</strong>se Frage schwer beantwortet<br />

werden. Die weiteren Kosten sowohl für <strong>die</strong> Werbung als auch für <strong>die</strong> Produktion können<br />

nach so unterschiedlichen Grundsätzen berechnet werden, so dass ein Prozentsatz ohne eine<br />

sehr detaillierte Aufglie<strong>der</strong>ung kaum irgend etwas aussagen würden.<br />

Firma 4: 25 Prozent in <strong>der</strong> Anfangsphase<br />

Firma 5: Da <strong>die</strong> Gesellschaft in eine Phase <strong>der</strong> intensiven Erweiterung eingetreten ist, würde ein<br />

Prozentsatz keinen genauen Wert angeben.<br />

Die auf <strong>die</strong>ser Grundlage vorgenommenen Analyse des offiziellen Arzneimitteluntersuchungs-<br />

Komitees gibt einen völlig verzerrten Wert für <strong>die</strong> gesamten Werbungskosten, da <strong>die</strong> Ausgaben für<br />

den Druck von Katalogen und für <strong>die</strong> Beschäftigung von Vertretern nicht als Umsatzför<strong>der</strong>ung<br />

betrachtet werden, was kaum gerechtfertigt erscheint. Die letztgenannten Aufwendungen sind<br />

mindestens genauso hoch wie <strong>die</strong> für alle an<strong>der</strong>en Formen <strong>der</strong> Umsatzför<strong>der</strong>ung für Pharmazeutika<br />

in Schweden.<br />

Dr. Austin Smith, Präsident <strong>der</strong> US-Pharmaceutical Manufacturer`s Association, bezeugte im Februar<br />

1960 vor dem Subkomitee des Senats: “ Die Statistik des US- Arbeitsministeriumszeigt, dass <strong>der</strong><br />

Großhandelspreis zwischen 1948 und 1958 nur um drei Prozent stieg, während <strong>der</strong> Großhandels-<br />

Preisindex für alle Industrieerzeugnisse im gleichen Zeitraum um 22 Prozent gestiegen ist.“ Dazu<br />

bemerkte Kefauer, dass, wenn ein Arzneimittelproduzent unter solchen Bedingungen im Geschäft<br />

bleiben konnte, seine Preise zu Beginn bereits so hoch gewesen sein müssen, dass er sie nicht habe<br />

zu erhöhen brauchen. In ähnlicher Weise än<strong>der</strong>ten sich bei einer Untersuchung über <strong>die</strong>

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