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Schön ist Bergmannsleben? - Institut 13: Ethnomusikologie ...

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2.2.2. Musik in der Ideologie<br />

Die Frage nach Musik in der Ideologie <strong>ist</strong> die Frage nach Prozessen, denen bereits ex<strong>ist</strong>ierende<br />

Musik unterworfen <strong>ist</strong>. Dies sind im weitesten Sinne Rezeptionsphänomene. Es<br />

<strong>ist</strong> die Frage nach der Funktionalisierung von Musik als Medium von Ideologie in der<br />

konkreten Verwendung. Die Analyse von Musik in der Ideologie muss deshalb die Postintention<br />

beachten, d.h. musikanthropologisch untersuchen, wer wann, wo, für wen, zu<br />

welchem Anlass, mit welchen Mitteln und zu welchem Zweck Musik zur Aufführung<br />

bringt, was sind use und function der Musik im Sinne Merriams. 108 Es muss untersucht<br />

werden, inwiefern und in welcher Ausprägung die drei Funktionen von Ideologie, aufgefasst<br />

als plurifunktionales Führungssystem, durch die Musik im Kontext des Aufführungsanlasses<br />

erfüllt werden. Die Primärintention der verwendeten Musik kann von der<br />

Postintention in der Situation der Verwendung grundverschieden sein. Es sei hier erneut<br />

an „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“ erinnert, dessen Primärintention eindeutig<br />

sozial<strong>ist</strong>isch bzw. kommun<strong>ist</strong>isch war, aufgrund seiner funktionalen Polyvalenz sich<br />

jedoch auch für den Gebrauch unter nationalsozial<strong>ist</strong>ischen Vorzeichen eignete. In<br />

Abhängigkeit davon, in welchem Liederbuch welcher politischer Richtung „Brüder, zur<br />

Sonne, zur Freiheit“ veröffentlicht wurde, änderte sich die angebotene, postintentionale<br />

Bedeutung, d.h. die Ideologie, die durch das Lied artikuliert werden sollte, war jeweils<br />

eine andere. Die gesellschaftlich angeeignete Bedeutung dieses Liedes <strong>ist</strong> dann im<br />

tatsächlich stattgefundenen Gebrauch des Liedes zu finden. Wurde das Lied von der<br />

nationalsozial<strong>ist</strong>ischen Bewegung als nationalsozial<strong>ist</strong>isches Lied akzeptiert, oder<br />

wurde bevorzugt die eindeutigere Variante „Brüder in Zechen und Gruben“ gesungen?<br />

Wurde es als „eigenes“ Lied gesungen oder primär als Provokation? Veränderte sich die<br />

Einstellung der Sozial<strong>ist</strong>en und Kommun<strong>ist</strong>en gegenüber dem Lied, weil es von den<br />

Nationalsozial<strong>ist</strong>en übernommen wurde, fand also auch im linken Kontext ein<br />

Bedeutungswandel statt? Diese Fragen zeigen deutlich, dass die methodischen<br />

Anforderungen für die Untersuchung von Musik in der Ideologie weit über eine<br />

musikimmanente Analyse der verwendeten Musik hinausgehen. 109<br />

108 Vgl. Merriam 1964:209-227.<br />

109 Vgl. Kapitel 1.2.<br />

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