Schön ist Bergmannsleben? - Institut 13: Ethnomusikologie ...
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dann wieder wehmütig zumute wird, sieht man die Menschenkinder so erniedrigt, unter dem<br />
Vieh.“ 16<br />
„Das Ding <strong>ist</strong> halt auch, was viel passiert oft auch, daß die Leute zu früh, wenn geschossen<br />
worden <strong>ist</strong>, vor lauter Neugier oder was und schnell, schnell wieder, daß sie früher fertig werden,<br />
und daß sie in den Rauch reingehen. Und wenn du dann nicht viel gesehen hast und haben<br />
schon angefangen zu wageln. Der Baggerfahrer geht rein und der Kumpel oder was sagt, ich<br />
geh’ da nicht rein noch, ich warte noch eine Viertelstunde oder was, net, da hat’s schon viele<br />
Reibereien gegeben, wo auch dann viel Sachen passiert sind. Also <strong>ist</strong> mit selber passiert schon,<br />
daß, solange es so raucht da drinnen, geh’ ich nicht rein, ich wart’ noch ein bißchen, net. Und<br />
da heißt’s halt dann gleich: Du fauler Kumpel, aber rein von der Sicherheit her muß man das<br />
sehen da. Weil ja oft auch in der Nähe ein offener Schacht war oder minimal abgedeckt, und es<br />
<strong>ist</strong> auch schon passiert, daß dann viele runter geflogen sind in den Schacht, weil sie schon zu<br />
früh reingegangen sind und haben vergessen, daß der Schacht offen <strong>ist</strong>.“ 17<br />
Sicherlich ließe sich hier einwenden, dass die erste Darstellung aus der Perspektive eines<br />
sozial<strong>ist</strong>ischen Gewerkschafters und Redakteurs einer Arbeiterzeitung geschrieben<br />
<strong>ist</strong>, und dass es sich bei der zweiten um die subjektive Aussage eines Bergmanns handelt.<br />
Die Objektivität der beiden Zitate kann also zu Recht in Frage gestellt werden. Allerdings<br />
gilt dieser Einwand natürlich auch für die Zitate Kirnbauers, und die Beschreibung<br />
der Lebens- und Arbeitsbedingungen durch Otto Hue wird auch von anderen<br />
Quellen gestützt. 18 Festzustellen <strong>ist</strong> in jedem Fall, dass Kirnbauers „edler Bergmannsstand“<br />
19 in offensichtlicher Diskrepanz zu jenem Bild von Leben und Arbeit im Bergbau<br />
am steirischen Erzberg zu verschiedenen Zeiten im 20. Jahrhundert steht, welches<br />
in den beiden anderen Zitaten gegeben wird. Dieser Diskrepanz zwischen Sein und Sollen,<br />
bzw. zwischen Gegenwart und romantisierter, besserer Vergangenheit – Stefan Rie-<br />
16 Otto Hue, „Wanderungen durch die österreichischen Alpenländer“, Der Bergmann 19, 1922, 6, zitiert<br />
nach: Riesenfellner 1984:243.<br />
17 Ehemaliger Bergmann aus Eisenerz, zitiert nach: Johannes Moser und Michael Graf, „Zur symbolischen<br />
Bedeutung der Bergmannsarbeit in einer niedergehenden Bergbauregion“, Rolf Wilhelm Brednich<br />
und Heinz Schmitt (Hgg.), Symbole. Zur Bedeutung der Zeichen in der Kultur. Deutscher Volkskundekongress<br />
in Karlsruhe vom 25. bis 29. September 1995, Münster u.a. 1997: Waxmann, 249.<br />
18 Vgl. Helmut Lackner, „Die Arbeit am Erzberg“, Otto Hwaletz u.a., Bergmann oder Werkssoldat. Eisenerz<br />
als Fallbeispiel industrieller Politik. Dokumente und Analysen über die Österreichisch-Alpine<br />
Montangesellschaft in der Zwischenkriegszeit, Graz 1984: Edition Strahalm, 168-177, 198-200. Johannes<br />
Moser, „Kulturanthropologische Perspektiven auf den Bergbau. Das Fallbeispiel Eisenerz im 20. Jahrhundert“,<br />
Ursula Klingenböck und Martin Scheutz (Hgg.), Regionalgeschichte am Beispiel von Scheibbs<br />
in Niederösterreich. Die Vorträge des 22. Symposions des Niederösterreichischen <strong>Institut</strong>s für Landeskunde,<br />
1. bis 4. Juli (= Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen <strong>Institut</strong> für Landeskunde<br />
35), St. Pölten 2003: Amt der Niederösterreichischen Lanbdesregierung, 168-169.<br />
19 Kirnbauer 1964:5.<br />
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