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Zeitgenossen - Kommentar Drucke bis Rezeption

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DIE ZEITGENOSSEN (APPARAT)<br />

VI-39<br />

che Behauptungen einander gegenüber stellen, die sich zu widersprechen<br />

oder gar aufzuheben scheinen. Man sieht, das Buch ist<br />

nicht in einem Gusse geschrieben und der [266] Verfasser hat<br />

während des Schreibens oft erst seine Meinung gebildet [→ Entstehungsgeschichte].<br />

Aber selbst wenn das Buch mehr Irrthümer<br />

enthielte als Wahrheiten, was gewiß nicht der Fall ist, es würde ein<br />

unendlicher Schatz sein, weil es zum Nach- und Selbstdenken<br />

nöthiget und die Wege zur Wahrheit ebnet.<br />

Das erste Capitel dieses merkwürdigen Buches ist überschrieben:<br />

Der Mensch des 19ten Jahrhunderts. Gleich jenen<br />

künstlichen Karten, die uns die Schweiz mit ihren Bergen und Thälern,<br />

Städten und Sennhütten, Flüssen und Seen gleichsam aus der<br />

Vogelperspective zeigen, wird hier das Leben unseres Jahrhunderts<br />

vor uns ausgebreitet. [→ Globalkommentar: 6.1.4. Enzyklopädie<br />

und Revue als Ordnungen des Wissens] Wir sehen nicht nur die<br />

Haupthöhenzüge, wir erblicken zugleich die verborgensten Beziehungen<br />

und Triebfedern. Mit anatomischer Feinheit sind die Muskeln<br />

von dem Zeitgetriebe abgelöset und unverwirrt, unzerrissen<br />

liegen die feinsten Nervenfädchen und die blutdurchströmten Arterien<br />

vor uns. [→ Globalkommentar: 6.1.3.3. Frühe Kultursemiotik:<br />

‚Anatomie‘ und ‚Autopsie‘] Es gleicht dieses Capitel der Ouvertüre<br />

zu einer guten Oper, alle Töne und Melodien, die uns später entzücken<br />

sollen, sind schon hier angeschlagen. Es sind aber der Töne<br />

und Melodien so viele, daß sie sich nicht nach einander aufreihen<br />

und abzählen lassen. Selbst das Grundthema läßt sich nicht [267]<br />

mit wenig Worten charakterisiren. Ich will daher in den reichen<br />

Schatz von Betrachtungen und Gedanken hineingreifen und an<br />

verwandte Töne meine Bemerkungen knüpfen.“<br />

[Es folgt eine gründliche Auseinandersetzung mit Gutzkows<br />

Text, Kapitel für Kapitel. Besonders hervorzuheben ist die positive<br />

Einschätzung, die Oppermann dem Blick Gutzkows für die ‚soziale<br />

Frage‘ des Jahrhunderts zuteil werden lässt:]<br />

[272] „Man hat in den Brockhausischen Blättern für liter. Unterhaltung<br />

[→ Dokumente zur <strong>Rezeption</strong>sgeschichte, Rezensionen,<br />

Nr. 1] die Gutzkow’sche Schilderung des aus der heutigen Armuth<br />

entwickelten Siechthums [Zg, Bd 1, S. 55-56] für ekelhaft ausgegeben.<br />

Das ist sie nicht; wohl aber schreckhaft. Zum Glück ist wenig-<br />

© EDITIONSPROJEKT KARL GUTZKOW, MARTINA LAUSTER, EXETER 2000 (F. 1.0)

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