ßUNDESMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT, KUNST UND SPORT E U R 0 P XIS C a g R s C HOL E R W E T T a EWE R a Kennwort: "Europäischer Schülerwettbewerb 19<strong>89</strong>" Stefan Fak, geb. 12.12.1972 GRG XII, Singrienergasse 19-21, 1120 Wien Klasse 6. A!10. Schulstufe Jo~l l
Meine Neugierde wurde immer größer, sodaß ich die Angst vor dem Unerwarteten und Geheimnisvollen schließlich besiegte und unsicher den grünen Hut aufsetzte. Mit einem Male wurde mir schwarz vor den Augen, mir war, als ob der Boden unter meinen Füßen davonglitte , und mein Körper bebte, bis ich ohnmächtig zu Boden sank. Ich verspürte keinen Schmerz, denn ich war wie schwerelos. Ich glaubte, ständig zu kreiden, bis plötzlich der mir unbekannte Vorgang stoppte. Darauf begannen meine Ohren zu dröhnen, und als ich meine Augen öffnete, stand eine kleine iVJenschengruppe um mich herum. "Na stengans do endlich auf!" schrie mich ein seltsam gekleideter Mann von etwa vierzig Jahren an. Eine alte Frau schüttelte ihren Kopf und wandte sich einer jüngeren zu: "Also die G' scherten! Net amal geh'n kennans ! Na, und die Hos'n, die der anhot! Nojo, so wos wird jo im 20. Jahrhundert gor nimma erzeigt!" Verstört richtete ich mich auf, und als die Menschen um mich herum weitergingen, wurde mir bewußt, daß ich mich wohl in einer anderen Welt befand; in einer Welt, die nicht grün, sondern grau war, im Europa des 20. Jahrhunderts. Ich stand auf einem von drei Wegen, wovon der mittlere breiter und niedriger war als die beiden äu ßeren Streifen. Wie ich später erfuhr, nannten die Leute diesen Weg "Straße", und das Material, aus dem die Straße gebaut wurde, hieß Beton. Auf der Straße selbst fuhren kleine, bunte Kisten auf vier Rädern. Da in dieser Welt alles aus Beton zu bestehen schien, dürften diese Kisten, zu denen man "Auto" sagte, ebenfalls aus Beton gewesen sein. In jedem Auto waren zwei bis drei, manchmal auch mehr Menschen eingesperrt, die aber mit ihrer Gefangen schaft anscheinend glücklich waren. Sie sangen, sprachen miteinander, und im Gegensatz zu mir schienen sie nicht durch den Gestank, den ihre Gefährte verursachten, gestört zu werden. Während die Gefangenen also glücklich waren, waren jene, die auf den beiden äußeren Wegen zu Fuß gehen mußten, weniger gut gelaunt. Nervös und hektisch zogen sie an mir vorüber, blieben manchmal stehen und blickten in dieses oder jenes Fenster, wo Waren ausgestellt wurden, die ich nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte. Plötzlich erstarrte ich vor Schreck, als ich zu Gesicht bekam, welcher Marter die Menschen des 20. Jahrhunderts ausgeliefert waren. In der Auslage eines Geschäftes standen vier verschiedene Kästen, in denen, dicht gedrängt, mehrere tausend lVlenschen saßen, die verfolgen mußten, wie sich zwei Männer abwechselnd einen Ball zuspielten. Jubelg'eschrei kam auf, als der Ball in die rechte Ecke flog und der zweite Spieler ihn nicht mehr erreichen konnte. Dazwischen war immer wieder verzweifeltes Stöhnen derjenigen zu hören, die offenbar vergeblich versuchten, den Kasten wieder zu verlassen. Ich beschloß, diesen Menschen zu helfen, indem ich das Geschäft betrat und von dem Verkäufer verlangte, seine armen Gefangenen unverzüglich freizulassen. Der Verkäufer, ein etwa zwanzigjähriger Sadist, lachte mir nur frech ins Gesicht. Danach erklärte er mir, daß ich mir schon einen "Fernseher" kaufen müsse; dann könne ich freilassen, wen ich wolle. "Fernseher" hieß also diese Teufelsmaschine . Ich war fest dazu entschlossen, einen Fernseher zu kaufen, um wenigstens einigen Gefangenen die Freiheit geben zu können, jedoch wußte ich, daß ich den Apparat nur mit Gold würde bezahlen können. Zu diesem Zweck bat ich den Verkäufer um eine Handvoll Stroh, worauf mich dieser verärgert zurechtwies und verlangte, daß ich das Geschäft verlassen sollte, denn er habe für solch einen Unfug keine Zeit. Verzweifelt über meine Lage wandte ich mich dem Schaufenster zu. überglücklich konnte ich nun feststellen, daß doch das Gute im Verkäufer gesiegt 16