FluSi205.V5.qxp - Luftwaffe
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Flugsicherheit<br />
gestellt worden: Bravo auf Westkurs<br />
(hoch) hinter dem Ziel, Alpha (tief) auf<br />
Ostkurs.<br />
Nach der Anfrage, ob der Rottenflieger<br />
Bravo das Abfangen übernehmen<br />
könnte, folgte dieser seinem Alpha - was<br />
dazu führte, dass der (durch Radarausfall<br />
und Wolken komplett „erblindete“) taktische<br />
Führer in der Luft (Alpha) nun ein<br />
sinkendes Flugzeug zu verfolgen hatte,<br />
von dem ich keine exakte Höhe,<br />
geschweige denn eine Sinkrate bestimmen<br />
konnte.<br />
Jetzt aber befanden sich die beiden<br />
Maschinen in einer Situation, die<br />
Alpha (sehr richtig aus seinem situativen<br />
Bild) als sehr gefährlich einschätzte.<br />
Da vorher versäumt wurde, ein<br />
koordiniertes Airborne-TACAN 9 in den<br />
beiden Maschinen einzustellen, kannte<br />
er die Position seines Flügelmannes<br />
nicht und beharrte auf der<br />
Herstellung einer Höhenstaffelung<br />
durch mich, den Radarleitoffizier.<br />
Zu keiner Zeit aber war die Staffelung<br />
der beiden Flieger (die ich ja<br />
auch zu überwachen habe) ein Problem,<br />
da sich aus den beiden (sehr<br />
guten) Radarkontakten die horizontale<br />
Separierung ableiten ließ.<br />
Dem Wunsch kam ich trotzdem<br />
nach, indem ich mir von Bravo den<br />
Radarkontakt zum Rottenführer bestätigen<br />
ließ und anschließend ein<br />
Steig- und ein Sinkflugkommando<br />
erteilte, das den Bravo nach unten,<br />
Alpha hingegen nach oben brachte.<br />
Damit hätte ich dann mit dem<br />
„sehenden“ Flugzeug die noch tiefer<br />
fliegende Propellermaschine erreichen<br />
können, ohne noch einmal die Flughöhen<br />
„meiner“ Flieger zu kreuzen.<br />
Auf Wiedersehen unter den Wolken...<br />
Der Anflug erfolgte nach den ICAO-<br />
Regeln 10 mit wenigen Knoten Fahrtüberschuss<br />
- welches anscheinend genau<br />
die Minimalgeschwindigkeit der<br />
Phantom war - und endete mit einer<br />
Sichtidentifizierung. „Super“, dachte<br />
ich, „ab hier haben wir endlich wieder<br />
Standardverfahren!“ - erst mal<br />
das Ergebnis der Identifizierung ans<br />
CAOC übermitteln, in der Zwischenzeit<br />
den Kampfjet nebenher fliegen<br />
lassen und dann die Entscheidung der<br />
vorgesetzten Dienststellen wieder an<br />
die QRA übermitteln. Doch auch hier<br />
machte mir Murphy einen Strich<br />
durch die Rechnung.<br />
Der geplante Seite-an-Seite-Flug der<br />
Piper Malibu (Geschwindigkeit: geschätzte<br />
150 Knoten) und der Phantom<br />
war in der Form nicht möglich.<br />
Bravo flog Kurven, um seine zu hohe<br />
Fahrt in mehr Weg zu investieren und<br />
damit effektiv langsamer zu werden,<br />
scheiterte aber daran und brach wieder<br />
nach links weg, um eine Verzögerungskurve<br />
zu fliegen. Im selben<br />
Moment aber übernahm der von hinten<br />
anfliegende Alpha wieder den<br />
Einsatz und flog - mit dem „Gott sei<br />
Dank“ wieder funktionsfähigen Radar<br />
- von hinten an das Target.<br />
Unterdessen - so erfuhr ich jetzt -<br />
hatte der Pilot der Propellermaschine<br />
über Handy Verbindung mit Stuttgart<br />
Tower aufgenommen. Er bat darum,<br />
von den ihn umkreisenden Kampfjets<br />
zum Flugplatz geführt zu werden.<br />
Scheinbar war ein elektrischer Fehler<br />
im Cockpit schuld an dem Ausfall desselben<br />
- inklusive aller Navigationseinrichtungen<br />
und Hilfssysteme. „Upps!“<br />
dachte ich, „das kann ja heiter werden<br />
mit solch einem Geschwindigkeitsüberschuss!“<br />
Doch die QRA löste<br />
das Problem ganz elegant mit Hilfe<br />
eines Racetrack-Pattern - also ständig<br />
abwechselnd am Ziel vorbeifliegen,<br />
um dem Piloten so den Weg zu weisen.<br />
Nach dem Einflug in den Zuständigkeitsbereich<br />
der Stuttgarter Anflugkontrolle<br />
koordinierte ich mit eben<br />
diesem Radararbeitsplatz das weitere<br />
Vorgehen. Diese sehr gute Zusammenarbeit<br />
war beeindruckend. Mir<br />
wurden alle „Wünsche“ erfüllt und<br />
anschließend die „Kontrolle und<br />
Kommunikation“ mit der Alarmrotte<br />
übernommen. Zeit zum Durchatmen<br />
- dachte ich.<br />
Das Flugverhalten der Phantoms<br />
unter ziviler Kontrolle kam mir recht<br />
merkwürdig vor für den Anflug auf<br />
Stuttgart. Diverse Anrufe bei Stuttgart<br />
Tower aber ließen mich erfahren, dass<br />
die Piper Malibu auch Probleme hatte,<br />
ihr Fahrwerk auszufahren und deswegen<br />
mehrere Anflüge abbrechen musste.<br />
Währenddessen drehten „meine<br />
Phantoms“ über Stuttgart Kreise und<br />
ließen die immer noch suspekte<br />
Maschine nicht aus den Augen. Auch<br />
die Parameter für die Rückführung<br />
der QRA nach Neuburg wurde in diesen<br />
Minuten koordiniert - sowie die<br />
eine oder andere Nachfrage unserer<br />
vorgesetzten Dienststellen weitergeleitet,<br />
Nachfragen der Phantoms an<br />
mich beantwortet und nicht zuletzt<br />
auch militärische Flugverfahren mit<br />
dem Anfluglotsen besprochen - an<br />
dieser Stelle sieht man schon, wie hier<br />
Stress aufgebaut werden kann. Ein<br />
Luftnotfall mit Landeproblemen, zwei<br />
Kampfflugzeuge auf der Frequenz<br />
und dutzendweise Telefonate mit<br />
dem Kollegen von der Luftverteidigung.<br />
Meinem Kollegen bei der zivilen<br />
Flugsicherung ging es nicht anders<br />
als mir!<br />
Der lange Weg nach Hause ...<br />
Für die Rückführung nach Hause<br />
ging mein Plan auch an Murphy<br />
zugrunde. Die gemeldete Landung<br />
der Piper in Stuttgart kam nicht so<br />
schnell bei der Führung an, wie ich<br />
wieder Funkkontakt zur Alarmrotte<br />
hergestellt hatte. Den bei mir im Kopf<br />
abgeschlossenen Einsatz wollte ich<br />
nun durch die Rückführung nach Neuburg<br />
beenden, als aus dem CAOC der<br />
Auftrag kam, weiterhin über Stuttgart<br />
zu kreisen. Also wieder Approach<br />
anrufen, diesem mein Anliegen klarmachen<br />
(Kreise ziehen), Piloten zum<br />
Frequenzwechsel auffordern, zurücklehnen<br />
- gerade nach dem Wechsel<br />
der Kontrollfrequenz erging dann der<br />
nächste Befehl zum Heimflug.<br />
Anruf, kurze Darstellung der neuen<br />
Situation, LK56 zurück auf meine<br />
28 II/2005 FLUGSICHERHEIT