FluSi205.V5.qxp - Luftwaffe
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Flugsicherheit<br />
Eine verpasste Gelegenhe<br />
von Major Ted Lee,<br />
Flugsicherheitsoffizier am Standort<br />
Borden<br />
Übersetzung vom Sprachendienst<br />
LwA<br />
Heutzutage wird man<br />
mit einer Menge unnötiger<br />
und störender Informationen<br />
überschüttet,<br />
wobei Luftfahrzeugbesatzungen<br />
wahrscheinlich<br />
noch mehr davon<br />
betroffen sind als die<br />
meisten. Ich vermute<br />
deshalb, dass die meisten<br />
Luftfahrzeugbesatzungen<br />
zum eigenen<br />
Schutz ein recht engmaschiges<br />
Filtersystem entwickelt<br />
haben, damit<br />
beim Umgang mit<br />
Belanglosem die wichtigen<br />
Dinge nicht aus den<br />
Augen verloren gehen.<br />
Flugsicherheitsoffiziere sollten sich<br />
dieser Tatsache beim Verfassen von<br />
Zwischenfallberichten bewusst sein,<br />
da die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit<br />
des Lesers zu gewinnen, begrenzt<br />
ist und, wenn sie nicht genutzt wird,<br />
wahrscheinlich auch nicht wiedergewonnen<br />
werden kann. In diesem Fall<br />
geht der wichtigste Grund für<br />
Zwischenfallberichte verloren.<br />
Als Beispiel sollen die folgenden<br />
Auszüge aus dem nachstehend geschilderten<br />
Griffon (Bell Modell 412<br />
HP)-Zwischenfall (Nr. 08) dienen, bei<br />
dem es um das Auftreten einer Überdrehzahl<br />
des Rotors in Bosnien geht.<br />
Beschreibung:<br />
Vermutliche Überdrehzahl des<br />
Hauptrotors<br />
Die Luftfahrzeugbesatzung flog mit<br />
80 - 100 Knoten, etwa 500 Fuß über<br />
Grund (AGL). Das Luftfahrzeug flog<br />
mit einem Schiebewinkel von 45 Grad<br />
nach rechts bei 65 Knoten Windgeschwindigkeit<br />
mit Böen bis zu 85 Knoten<br />
(60 G85 kn), als es zu starken<br />
Turbulenzen kam. Das Luftfahrzeug<br />
gierte bis auf 90 Grad<br />
und es wurden<br />
Steig- und<br />
Sinkraten von 1.000 bis 1.500<br />
Fuß pro Minute erreicht. Dabei wurde<br />
eine Hauptrotordrehzahl (RRPM) von<br />
106 Prozent, das Aufleuchten der<br />
Warnleuchte „RRPM“ und der Anzeige<br />
für Steuerknüppel in Neutralstellung<br />
beobachtet. Die starken<br />
Turbulenzen dauerten nahezu<br />
eine Minute, ehe die Besatzung<br />
in ruhigere Luft kam und auf<br />
dem nächstgelegenen Landeplatz,<br />
ohne weitere Zwischenfälle,<br />
sicher landen konnte.<br />
Untersuchung:<br />
Nach der Landung lud<br />
die Besatzung die Daten<br />
aus dem Luftfahrzeug-<br />
Lebensdauerüberwachungssystem<br />
herunter.<br />
Es waren keine<br />
Überdrehzahlzustände<br />
aufgezeichnet worden. Die<br />
Besatzung führte eine umfangreiche<br />
Vorfluginspektion durch<br />
und flog ohne weitere Zwischenfälle<br />
zu ihrem Stützpunkt zurück.<br />
Ursachenfaktoren:<br />
Umwelt - Wetter - starke und böige<br />
Winde führten zu einer schnellen<br />
Erhöhung der Hauptrotordrehzahl.<br />
Vorbeugende Maßnahmen:<br />
Unterweisung aller Luftfahrzeugbesatzungen.<br />
Was mich hier stört, ist die falsche<br />
Anwendung des Ursachenfaktors Umweltbedingungen.<br />
Bei einem anderen<br />
abgeschlossenen<br />
Zwischenfall<br />
zerbrach ein Fenster, als eine<br />
Windböe die offene und unbeaufsichtigte<br />
Tür auf der Pilotenseite zuschlug<br />
und als alleiniger Ursachenfaktor<br />
Umwelt/Wind angegeben wurde.<br />
Ich fragte mich dennoch, wer<br />
wohl die Tür offen gelassen hatte? Im<br />
oben genannten Fall stellte ich schnell<br />
fest, dass der gesamte Zwischenfall<br />
den tatsächlich vorhandenen starken<br />
und böigen Winden zugeschrieben<br />
wurde. Man muss jedoch ein wenig<br />
tiefer graben und andere Möglichkeiten<br />
ausschließen, bevor man sich<br />
die „Umwelt“ als Ursachenfaktor festlegen<br />
kann.<br />
A-GA-135 besagt: „Umweltursachen<br />
sind nur bei solchen Ereignissen<br />
anzuführen, bei denen<br />
angemessene und sinnvolle<br />
Sorgfalt und<br />
ange-<br />
Bild: Archiv GenFlSichhBw<br />
6 II/2005 FLUGSICHERHEIT