Anduin 95
Anduin 95
Anduin 95
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ANDUIN <strong>95</strong><br />
DAS FANTASY DORF<br />
Das Fantasy Dorf<br />
WIE MAN BESIEDLUNGEN ATMOSPHÄRISCHER MACHT<br />
TEXT: CHRISTOPH MASER<br />
ILLUSTRATION: KAI GRAF<br />
Sie ritten in das Dorf, das aus ein paar Häusern<br />
bestand und da war auch noch so ein<br />
Gasthaus mit einem Schild davor. Das Dorf war<br />
aus Steinen gebaut und dann haben sie darin<br />
übernachtet. Davor gab es noch eine Suppe.<br />
Das war ganz nett, aber jetzt weiter…<br />
Ich bin ein großer Fan von Atmosphäre.<br />
Damit meine ich nicht nur Hintergrundmusik,<br />
Kerzenlicht und gehobenes Rollenspiel<br />
am Tisch, nein, viel wichtiger ist doch die Atmosphäre<br />
im Spiel, die Stimmigkeit, der Zusammenhalt<br />
und die Konsistenz des Erzählten.<br />
Gerade im Fantasygenre fehlt mir eine<br />
solche Stimmigkeit oft, denn die Umwelt<br />
meines Charakters wird leider all zu oft nur<br />
zur nebensächlichen Bühne, in der ich meine<br />
Abenteuer erleben kann. Da ist ein Dorf, da<br />
wohnen zwar Leute, aber die wohnen da eigentlich<br />
nur, um mir einen Auftrag zu geben!<br />
Sobald ich das Dorf verlassen habe, ist das<br />
Dorf auch nicht mehr da. Denn es ist unglaubwürdig,<br />
unbelebt und bloße Kulisse.<br />
Aber ein Dorf wartet eigentlich nicht darauf,<br />
dass endlich mal Helden vorbei kommen,<br />
damit es eine Existenzberechtigung hat.<br />
Ein Dorf ist Lebensraum und somit ein Ort,<br />
an dem gelebt wird. Menschen leben dort,<br />
gehen ihrem Tagwerk nach, verlieben sich,<br />
feiern, sterben, pflegen ihre alltägliche Praxis,<br />
schlachten Schweine, tanzen und freuen<br />
sich, wenn mal ein Fremder ins Dorf kommt,<br />
um neues zu berichten oder freuen sich noch<br />
viel mehr, wenn ein Fremder ins Dorf kommt,<br />
um ihnen zu helfen. Aber wenn der Fremde<br />
wieder gegangen ist, geht das eigentlich Leben<br />
weiter mit Pflügen, säen, lachen und leider<br />
auch sterben.<br />
Im Folgenden finden sich ein paar Anregungen<br />
und Parameter, wie man ein Dorf<br />
auch improvisiert glaubwürdig machen kann.<br />
Oftmals überschneiden sich die Fragen und<br />
beeinflussen sich dabei. Und natürlich muss<br />
nicht jedes Dorf ausgearbeitet sein – oftmals<br />
sind die durchreisenden Charaktere<br />
geschwächt, verletzt, in Eile oder so genervt<br />
von ihrer Umwelt, dass die 10 Stunden Aufenthalt<br />
in der Siedlung tatsächlich mit den<br />
Fragen „Was kostet ein Zimmer?“ „Wie gut<br />
ist das Bier?“ „Kann man das `Tagesgericht´<br />
essen?“ abgehandelt werden können. Aber<br />
Seite 14<br />
selbst hier helfen zwei oder drei eingeworfene<br />
Details, um den Übernachtungsort in ein<br />
anderes Licht zu rücken.<br />
Die Substanz<br />
eines Dorfes<br />
Der erste Teil des Artikels beschäftigt sich<br />
mit der „Hardware“ eines Dorfes und damit<br />
mit der Frage, wie und wo es gebaut ist und<br />
wie es aussieht.<br />
Landschaftliche<br />
Merkmale und<br />
Versorgung<br />
Eine Siedlung entsteht über die Zeit und<br />
dabei spielen landschaftliche Merkmale<br />
eine wichtige Rolle. Wie<br />
ist die Infrastruktur? Gibt es<br />
eine große Straße, die oft<br />
bereist wird, einen Fluss<br />
oder ein Gewässer mit<br />
Hafen? Wenn ja wird<br />
sich dieser Besucherstrom<br />
auf die Anzahl<br />
von Gasthöfen,<br />
Handwerkern und<br />
Dienstleistern und<br />
dergleichen niederschlagen.<br />
Auch<br />
wird dies die Frage<br />
nach der Größe der<br />
Ansiedlung beeinflussen.<br />
Hierfür sind<br />
auch andere Faktoren<br />
wichtig. Einige<br />
sind: Gibt es<br />
andere große<br />
Städte in<br />
der Umgebung?<br />
Ist die Siedlungsfläche<br />
gut?<br />
Ist der Boden stabiler<br />
Baugrund oder eher<br />
morastig? Steht die<br />
Stadt an einem Hang<br />
und muss Baugrund erst<br />
mühsam aus dem Berg heraus<br />
gehauen werden? Und gibt es ausreichende<br />
Mengen an Wasser und Nahrung in<br />
der Stadt zu erschwinglichen Preisen? Hierfür<br />
müssen entweder genug landwirtschaftliche<br />
Nutzflächen oder entsprechende Rohstoffe<br />
wie Holz, besonderer Stein zum Bauen,<br />
Edelmetalle etc. vorhanden sein, die gegen<br />
Nahrung eingetauscht werden können. Auch<br />
die Frage nach ausreichend Wasser sollte gestellt<br />
werden. Als Faustregel können 10 Liter<br />
pro Person und Tag gelten, wenn halbwegs<br />
sparsam damit umgegangen wird und keine<br />
Wasser verschwendenden Gewerbe vorhanden<br />
sind. Etwa 1,5 Liter werden getrunken,<br />
1,5 verkocht und der Rest wird für Vieh, Gewerbe<br />
und das alltägliche Leben benötigt.<br />
Haufendorf<br />
Lesen & Spielen