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Anduin 95

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OFFEN HERAUS - DAS SPRACHECK<br />

ANDUIN <strong>95</strong><br />

Offen heraus<br />

DAS SPRACHECK IN DER ANDUIN<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

Fantasy Flight Games macht es besonders<br />

gerne. Nein, sie sind nicht alleine, es gibt da<br />

schon noch mehr. Avalon Hill zum Beispiel.<br />

Oder ein deutsches Beispiel: Kosmos hat es<br />

schon sehr früh gemacht. Wenn man so genau<br />

drüber nachdenkt, dass sind sie eigentlich<br />

überall. Wovon ich hier eigentlich schreibe?<br />

Na, von Erweiterungen. Erweiterungen<br />

von Brettspielen.<br />

Findet Ihr nicht auch, dass das langsam<br />

Überhand nimmt? Der erste Fall, bei dem mir<br />

das aufgefallen ist, das war damals Die Siedler<br />

von Catan. Das Spiel war zu seiner Zeit<br />

echt nett und hat es geschafft, das öffentliche<br />

Interesse an Brettspielen wieder anzufachen.<br />

Aber die Veröffentlichungspolitik<br />

war schon sehr bizarr. Erst konnte man nur<br />

mit maximal vier Spielern Spaß haben, dann<br />

kam die Ergänzung für 5 und 6 Spieler. Aber<br />

nicht, dass man bei den darauf folgenden Erweiterungen<br />

gleich für größere Spielrunden<br />

geplant hätte. Nein, auch die Seefahrer von<br />

Catan, Städte und Ritter und Händler und<br />

Barbaren lassen sich zunächst nur zu viert<br />

spielen. Mal davon abgesehen, dass drei solche<br />

Erweiterung ohnehin merkwürdig wirken<br />

– auf mich zumindest.<br />

Gleiches Prinzip, anderer Verlag: Carcassonne<br />

wurde ebenfalls mit etlichen Erweiterungen<br />

bedacht. Oder Dungeon Twister,<br />

Doom, Descent – Journeys into the Dark,<br />

Runebound, Warcraft, World of Warcraft<br />

oder Arkham Horror. Ha! Die letzten sechs<br />

Spiele sind alle von Fantasy Flight Games. Die<br />

machen es also tatsächlich besonders gerne.<br />

Doch was treibt die Verlage dazu, ein Spiel<br />

mit etlichen Ergänzungen zu füttern, bis es<br />

bestenfalls genial optimiert und schlimmstenfalls<br />

aufgebläht wirkt? Sollte ein Spiel<br />

nicht von Anfang an ein möglichst gutes<br />

Spielgefühl bieten?<br />

Ich denke, die Antwort liegt unter anderem<br />

in meinem Regal. Dort liegen nämlich<br />

zumindest die gerade genannten Spiele von<br />

Fantasy Flight Games mitsamt ihrer Erweiterungen.<br />

Es gibt also offensichtlich Leute<br />

(Esel?) die tatsächlich bereit sind, Geld für die<br />

Erweiterungsorgien zu bezahlen. Und zwar<br />

nicht zu knapp – sowohl Esel als auch Geld.<br />

Denn sonst würde es sich für die Verlage ja<br />

kaum lohnen.<br />

Ist ja auch klar, da man sich einen Teil der<br />

Entwicklungskosten sparen kann. Beispielsweise<br />

kann man Grafiken wiederverwenden,<br />

oder Material, welches das ursprüngliche<br />

Spiel zu teuer gemacht hätte, nachreichen.<br />

Dass der Gesamtpreis dadurch höher liegt<br />

als er es gewesen wäre, wenn man das Material<br />

gleich mit in die Packung gelegt hätte,<br />

kommt sicher zumindest nicht ungelegen.<br />

Anders kann ich mir zumindest die Siedler<br />

von Catan nicht erklären.<br />

Zudem verkaufen sich bekannte Namen<br />

besser als unbekannte. Wenn man schon<br />

einmal ein Spiel eingeführt hat – wie etwa<br />

Carcassonne – dann macht es natürlich Sinn<br />

diesen Namen so lange wie möglich zu nutzen.<br />

Bei Computerspielen führte dieses Verhalten<br />

in eine Sackgasse, die in immer schneller<br />

veröffentlichten Erweiterungen gipfelt.<br />

Die Publisher glauben, die wegbrechenden<br />

Verkaufszahlen durch höhere Quantität auffangen<br />

zu können. Ein Trugschluss wie Titel<br />

wie Need for Speed oder Fifa zeigen (beziehungsweise<br />

zeigen sollten – denn es gibt immer<br />

noch genügend Leute, die diese minimal<br />

veränderten Versionen im Halbjahrestakt<br />

kaufen). Glücklicherweise sind wir bei den<br />

Brettspielen aber trotz der immer mehr in<br />

Mode kommenden Erweiterungen noch weit<br />

von solchen Zuständen wie bei den Computerspielen<br />

entfernt.<br />

Wenn es wie im Fall von Descent – Journeys<br />

into the Dark dazu führt, dass das Spiel<br />

immer facettenreicher wird und neue Ideen<br />

hinzukommen, die den Spielspaß auch auf<br />

Dauer gewährleisten, dann können Erweiterungen<br />

ja wohl auch kaum schlecht sein,<br />

oder? Nun ja, zum einen wird aber nicht jedes<br />

Spiel durch die Erweiterungen tatsächlich<br />

besser. World of Warcraft zum Beispiel<br />

war vor der Erweiterung komplex (Stichwort<br />

Charaktersteigerung) und ist nach der Erweiterung<br />

nur etwas für promovierte WoW-Supportmitarbeiter.<br />

Am schlimmsten aber finde ich es, wenn<br />

Verlage durch Erweiterungen etwas tun, das<br />

leider bei Computerspielen seit langem gemacht<br />

wird. Es wird ein unfertiges, da nicht<br />

ausreichend getestetes, Spiel auf den Markt<br />

geworfen und anschließend mit Flicken versorgt,<br />

die den eigentlich ursprünglich geplanten<br />

Spielspaß sicher stellen sollen.<br />

Bei Computerspielen sind diese Patches<br />

in den meisten Fällen kostenlos – aber bei<br />

Brettspielen in den wenigsten Fällen. Viel<br />

häufiger werden sie in der Form von Erweiterungen<br />

an zahlende Kunde verteilt – zu<br />

einem ordentlichen Preis versteht sich. Beispiele<br />

gefällig? Wie wäre es mit Doom, das<br />

in der ursprünglichen Version so schwer ist,<br />

dass man es als Marine kaum schaffen kann.<br />

Oder Arkham Horror, das vor der Erweiterung<br />

viel zu einfach war. Was für ein Spiel, bei<br />

dem man gemeinsam gegen die Spielmechanik<br />

antritt, ein absoluter Motivationstöter ist.<br />

Beide Spiele – Doom und Arkham Horror<br />

– wurden erst mit Erweiterungen ausbalanciert<br />

und gut spielbar.<br />

Da lobe ich mir seltene Ausnahmen wie<br />

den Verlag Days of Wonder. Okay, Zug um<br />

Zug ist ein anderes Thema, aber zum Beispiel<br />

wird deren Tabletop Battlelore (wie bei Tabletops<br />

üblich) mit Figurensätzen ergänzt.<br />

Hat sich in einer Erweiterung ein Ungleichgewicht<br />

oder ein anderer Fehler eingeschlichen,<br />

so gibt es von Verlagsseite umgehend<br />

ein kostenloses Austauschprogramm. Sicherlich<br />

wäre es auch hier schöner gewesen, die<br />

Patzer wären gar nicht passiert. Aber wenigstens<br />

bekommt man die Behebung kostenlos<br />

und nicht in Form einer teuren Erweiterung.<br />

Mich würde Eure Meinung zu diesem Thema<br />

sehr interessieren. Wenn Ihr etwas dazu<br />

schreiben wollt – egal ob als Spieler, als Spieleentwickler<br />

oder gar als Verleger – so könnt<br />

ihr dies entweder in unserem Forum tun oder<br />

per E-Mail an leserbrief@anduin.de. •<br />

Lesen & Spielen<br />

Seite 69

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