Probefahrt ins Chaos - Frankfurter Neue Presse
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Kultur<br />
Samstag, 24. September 2011 junge zeitung<br />
KuS1<br />
Im Garten Eden?<br />
� Von Sanya Bischoff<br />
GEBURTSTAG<br />
Pedro Almodóvar wird 62<br />
Der spanische Filmregisseur wurde am<br />
24. September 1949 in Calzada de Calatrava<br />
geboren. Bereits mit 16 Jahren zog er allein nach<br />
Madrid, wo er nach einigen<br />
Gelegenheitsjobs 12 Jahre<br />
lang als Büroangestellter<br />
arbeitete. Nebenbei schrieb<br />
er Geschichten und machte<br />
erste Dreherfahrungen.<br />
Bekannt wurde er durch<br />
den Spielfilm „Pepi, Lucy,<br />
Bom und die anderen<br />
Mädchen der Bande“.<br />
2003 wurde der homosexuelle<br />
Almodóvarfür<br />
den Film „Hable con ella“ (Sprich mit ihr) mit<br />
dem Oscar für das beste Originaldrehbuch<br />
ausgezeichnet.<br />
Weisheit zum Tage<br />
„ Nicht die Dinge selbst<br />
beunruhigen die Menschen,<br />
sondern ihre Meinungen und<br />
Urteile über die Dinge. “<br />
Epiktet<br />
(Antiker Philosoph, 50–125)<br />
GLOSSIERT<br />
Wohlstand, Freiheit und vor allem Gerechtigkeit<br />
–das ist der amerikanische<br />
Traum. Doch manchmal beginnt man zu<br />
zweifeln: Wo bleibt die Gerechtigkeit,wenn<br />
illegale Einwanderer an der mexikanischen<br />
Grenze sterben müssen? Wo bleibt die<br />
Gerechtigkeit,wenn nur ein Teil der Bevölkerung<br />
gesundheitlich abgesichert ist,<br />
oder wenn die Kluft zwischen Arm und<br />
Reich täglich wächst? Der Amerikaner und<br />
sein Nationalstolz, das ist wie der Deutsche<br />
und sein Bierchen. Klischee oder doch<br />
Realität? Das Pseudoversprechen von unbegrenzten<br />
Möglichkeiten scheint die Naivität<br />
vieler Amerikaner zu bestätigen: Denn wie<br />
ist es möglich, dass Todesstrafen mit<br />
zweifelhaften Indizien in einem hochmodernen<br />
Staat vollstreckt werden? Hat<br />
die Justiz wieder einmal nicht richtig hingeschaut?<br />
Oder sind die Menschenrechte<br />
inzwischen schon wieder „out“ in diesem<br />
modernen Land? Womöglich ist der amerikanische<br />
Traum von Gerechtigkeit doch<br />
nur ein Hollywood-Blockbuster. Wie passt<br />
ein elektrischer Stuhl in den Garten Eden?<br />
God bless America!<br />
ÜBRIGENS<br />
Zwei Jahre Ponyhof<br />
Der <strong>Frankfurter</strong> Ponyhof feiert zweijähriges Jubiläum<br />
und lädt ein. Angeboten werden die drei beliebtesten<br />
Partys des Clubs: Swingers Club, Tarantino Partyund<br />
Fonkey Donkey wechseln sich ab 22 Uhr im<br />
30-Minuten-Takt ab. Die Location, die unter der<br />
Woche Konzerte anbietet, Indie, Singer/Songwriter,<br />
aber auch Theateraufführungen und Lesungen, verwandelt<br />
sich an diesem Abend in eine heiße<br />
Tanzhöhle mitten in Sachsenhausen. Der Ponyhof<br />
gehört zu den beliebtesten Clubs in Frankfurt, für<br />
alle, die gern feiern und neue Leute treffen wollen,<br />
ist der Abend am 1. Oktober ein Muss. Dann wird<br />
gefeiert, getanzt und auf die nächsten Jahreangestoßen.<br />
Alle Freunde zusammentrommeln und<br />
nicht verpassen!<br />
Ponyhof, Klappergasse 16, Frankfurt,<br />
Telefon (069) 97767408, 1. Oktober, 22 Uhr, Eintritt 5Euro<br />
FNP im Internet<br />
www.fnp.de<br />
MENSCHEN<br />
Rapper Azad „Frankfurtist<br />
nurmeine Wahlheimat“,sagt<br />
der Künstler. Seite 2<br />
Ashton Kutcher<br />
Nach dem Rausschmiss Charlie<br />
Sheens aus der TV-Serie<br />
„Two And AHalf Men“ hat der<br />
Schauspieler die Hauptrolle<br />
übernommen. Nach der ersten<br />
Folge in Amerika sind die<br />
Erwartungen hoch gesteckt.<br />
Mark Zuckerberg<br />
Der Facebook-Gründer hat<br />
schon wieder Änderungen für<br />
sein soziales Netzwerk angekündigt.<br />
Wegen des ständigen<br />
Wechsels der Programmbedienung<br />
sind viele Nutzer genervt.<br />
Enrico Lübbe<br />
Der Regisseur begeistert mit<br />
seiner <strong>Frankfurter</strong> Inszenierung<br />
von Schillers Drama „Die<br />
Räuber“ das Publikum. Er hat<br />
das Stück deutlich gekürzt und<br />
bringt es dadurch zu einem<br />
spannungsreichen Finale.<br />
Prinz Asserate, was ist für SieHeimat?<br />
PRINZ ASFA-WOSSEN ASSERATE:<br />
Ich sehe mich als einen Reisenden zwischen<br />
zwei Welten. Deutschland –und<br />
vor allem Frankfurt –ist meine Heimat,<br />
mein Vaterland ist Äthiopien. Ich<br />
kann jedoch auf keine der beiden verzichten.<br />
Ich kann nicht mehr ohne die<br />
deutsche Sprache, ohne die deutsche<br />
Musik und die deutsche Literatur leben.<br />
So, wie ich ohne meine eigenen<br />
Wurzeln, meine Ahnen und meine<br />
äthiopische Kultur, inder ich groß geworden<br />
bin, nicht leben kann.<br />
Kann man denn zwei Heimaten haben?<br />
ASSERATE: Als die Welt noch nicht<br />
globalisiert war, vielleicht nicht. Damals<br />
konnte man behaupten: Dort wo<br />
die Freiheit ist, dort ist auch meine<br />
Heimat. In einer Welt, die nicht mehr<br />
nur von sesshaften Menschen beherrscht<br />
wird, sondern in der immer<br />
mehr Menschen auswandern, kann<br />
man sich durchaus vorstellen, dass<br />
man in diesen dualen heimatlichen<br />
Gefühlen lebt. Frankfurt ist ein Beispiel:<br />
Ein großer Teil der Bürger dieser<br />
Stadt kommt aus kulturellen Hintergründen,<br />
die nicht europäisch sind.<br />
Als Sie nach Deutschland kamen, wie lange<br />
hat es gedauert, bis Sie ein Gefühl von<br />
Heimat entwickelt haben?<br />
ASSERATE: Nicht sehr lange. Erstens<br />
brauchte ich damals kein Heimatge-<br />
Der äthiopische Prinz hat den Bestseller<br />
„Manieren“ geschrieben.<br />
So deutsch sind wir Was<br />
das Fernsehen über uns verrät<br />
–und wasnicht. Seite 7<br />
Prinz Asfa-Wossen Asserate<br />
vor der Alten Oper. Der<br />
Deutsch-Äthiopier liebt Frankfurt,<br />
eine Stadt „zwischen<br />
Hektik und Geruhsamkeit“,<br />
vor allem das Westend und<br />
Sachsenhausen. Viele Jahre<br />
durfte er nicht in sein Geburtsland<br />
Äthiopien zurückkehren.<br />
Dass er nach Deutschland<br />
gekommen ist, hat er nie<br />
bereut.<br />
Fotos: Sanya Bischoff<br />
„Heimat ist ein Geruch“<br />
Prinz Asfa-Wossen Asserate wurde 1948<br />
in Addis Abbeba (Äthiopien) als Großneffe<br />
des Kaisers Haile Selassie und Sohn des<br />
Thronfolgers Herzog Asserate Kassa<br />
geboren. Er studierte unter anderem in<br />
Tübingen Jura,Geschichte und<br />
fühl zu bekommen, weil ich immer<br />
nur als Lernender nach Deutschland<br />
gekommen bin und nicht als Mensch,<br />
der glaubte, sein ganzes Leben in<br />
Deutschland verbringen zu müssen.<br />
Aber ich hatte ein ganz großes Privileg.<br />
Ich konnte die deutsche Sprache,<br />
ich war auf der deutschen Schule in<br />
Addis Abeba, ich wusste etwas über<br />
die deutsche Geschichte, ich kannte<br />
die deutsche Kultur.ImGrunde war es<br />
nicht ein allzu großer kultureller<br />
Schock für mich, ich war also von Anfang<br />
an vollkommen integriert, sozusagen<br />
bevor ich überhaupt angekommen<br />
bin. Die meisten Afrikaner kommen<br />
her und haben keine Ahnung von der<br />
deutschen Sprache und Kultur. Deshalb<br />
beteure ich stets: Seht zu, dass ihr<br />
als erstes diesen Menschen die deutsche<br />
Sprache beibringt, denn das ist<br />
der wichtigste Wegzur Integration.<br />
Wasgehört für Siezum Heimatgefühl?<br />
ASSERATE: Wenn ich von heimischen<br />
Gefühlen rede, rede ich von Frankfurt.<br />
Das heißt: vom Westend-Gefühl, eine<br />
Kombination von Hektik und Geruhsamkeit.<br />
Auch die Möglichkeit zu haben,<br />
nach Sachsenhausen zu gehen<br />
und sich an <strong>Frankfurter</strong> Spezialitäten<br />
zu laben. Wenn man von Heimat<br />
spricht, spricht man auch davon, wie<br />
die Luft riecht. Wenn Sie mich fragen,<br />
was ich mit meiner Geburtsstadt assoziiere,<br />
würde ich den Duft des Eukalyptus<br />
beschreiben. Das ist ein „Parfüm“,<br />
das ich niemals vergessen kann.<br />
Es gibt viele Dinge, aus dem der Begriff<br />
Heimat zusammengesetzt ist: das<br />
Essen, das Trinken, die Luft, der Geruch,<br />
vieles mehr. Aber was bedeutet<br />
Deutschland für Sie?<br />
Meine Mutter kommt aus Brasilien, wo<br />
ich bis jetzt nur einmal war,trotzdem füh-<br />
le ich mich dort wohl, weil meine ganze<br />
Familie um mich herum ist, die Menschen<br />
geben mir dort ein Heimatgefühl. Aber<br />
das „Bekannte“ habe ich nur in Deutschland.<br />
Für mich ist Heimat zu Hause zu<br />
sein, mein Zimmer, dort, wo mich jede<br />
Kleinigkeit an etwas erinnert.<br />
ASSERATE: Würden Sie auch sagen,<br />
dass der Begriff Kultur, deutsche Kultur,zudem<br />
Heimatgefühl dazugehört?<br />
Ich glaube, es wird einem gar nicht klar,<br />
wie die deutsche Kultur ist, wenn man sie<br />
nicht von außen betrachtet.<br />
ASSERATE: Sie haben natürlich<br />
Recht, eigentlich muss man von einer<br />
geme<strong>ins</strong>amen europäischen Kultur<br />
sprechen. Dafür zeugen viele geme<strong>ins</strong>ame<br />
Werte und Tugenden. Wenn man<br />
mich gefragt hätte, was ist für dich europäische<br />
Kultur? Dann hätte ich den<br />
ersten deutschen Bundespräsidenten<br />
Theodor Heuß zitiert: „Die europäische<br />
Kultur, die europäische Zivilisation,<br />
ruht auf drei Hügeln: Der Akropolis,<br />
dem Kapitol und Golgota. Griechische<br />
Philosophie, römisches Recht<br />
und christlicher Glaube. Haben Sie<br />
über diese Sache in der Schule diskutiert,<br />
hat man Ihnen gelehrt, was europäische<br />
Kultur ist?<br />
Nein. Als Sie das erste Mal nach Deutschland<br />
gekommen sind, wie haben Sie sich<br />
gefühlt, wie wurden Sie von den Menschen<br />
aufgenommen?<br />
ASSERATE: Ich kam 1968, als 20-Jähriger,<br />
nach Deutschland, in die Provinz,<br />
Tübingen, wo ich mein Studium angefangen<br />
habe. Dort war ich in erster Linie<br />
ein Exot. Es gab nicht viele von<br />
uns. Eines Wintermorgens, die Sonne<br />
schien, ich setzte mich auf eine Parkbank:<br />
Da kam ein älteres Ehepaar auf<br />
mich zu und fing ein Gespräch mit<br />
mir an. Sie haben mich die unglaub-<br />
Ethnologogie. Seit den 70er Jahren lebt<br />
er in Frankfurt. Er schrieb den Bestseller<br />
„Manieren“. YnaraDiemerling, Sara<br />
Hegazy, Charlotte Hammett, Sandra<br />
Scholz und Marie Stein trafen ihn zum<br />
Gespräch und warensehr beeindruckt.<br />
lichsten Sachen gefragt. Dann haben<br />
Sie mich sofort zu sich nach Hause<br />
zum Mittagessen eingeladen, so etwas<br />
gab esdamals. Rassismus habe ich persönlich<br />
in den 40 Jahren meines Lebens<br />
in Deutschland nicht ein einziges<br />
Mal erlebt, aber auch hier bin ich<br />
nicht ein typischer Vertreter meines<br />
Kontinents. Einige meiner Freunde<br />
können hierüber ein anderes Lied singen.<br />
Die Bundesrepublik ist für mich<br />
trotzdem das Land, in dem am wenigsten<br />
Rassismus in Europa herrscht.<br />
Deutschland, darauf können Sie stolz<br />
sein, ist eines der demokratischsten<br />
Länder Europas, das sich tapfer seiner<br />
Vergangenheit gestellt hat.<br />
Als Sie wussten, dass Sie nicht nach<br />
Äthiopien zurück können, was ging da in<br />
Ihnen vor?<br />
ASSERATE: Das waren die schlimmsten<br />
17 Jahre meines Lebens. Ich durfte<br />
zwischen 1974, als die Revolution in<br />
Äthiopien anfing, und 1991, als die Militärdiktatur<br />
abgeschafft wurde, nicht<br />
nach Äthiopien. Der schönste Tagmeines<br />
Lebens kamm dann, als ich im Juni<br />
1991 das erste Mal wieder nach<br />
Äthiopien reisen durfte.<br />
Sie wurden 1981 in Deutschland eingebürgert.<br />
Haben Sie das<br />
je bereut?<br />
ASSERATE: Das ist etwas,<br />
was ich niemals<br />
bereut habe und niemals<br />
bereuen werde.<br />
Ich kann Ihnen einen<br />
Tipp geben: Werden<br />
Sie nie staatenlos. Das<br />
ist das Schlimmste,<br />
waspassieren kann.<br />
Sie haben ein Buch geschrieben:<br />
„Manieren“.<br />
Gibt es ein Manieren-<br />
problem in Deutschland, vor allem bei der<br />
Jugend?<br />
ASSERATE: Ihre Generation ist viel<br />
manierlicher als meine. Haben Sie z. B.<br />
in den letzten 40 Jahren eine so ruhige<br />
Universität erlebt wie jetzt? Die heutige<br />
Jugend muss jedoch immer beherzigen,<br />
dass Form und Inhalt stets eine<br />
Symbiose bilden müssen. Manieren<br />
verlangen innere Haltung und Herzensbildung.<br />
Wiekommt die Herzensbildung zustande?<br />
ASSERATE: Indem Sie versuchen,<br />
nicht sich selbst, sondern immer den<br />
anderen <strong>ins</strong> Zentrum zu stellen. Versuchen<br />
Sie einmal, sich selbst unwichtig<br />
zu machen. Ein bestimmtes Maß an<br />
Stolz und Selbstwertgefühl muss man<br />
natürlich haben, aber Zivilisation<br />
fängt damit an, dass man sich um anderekümmert.<br />
Gibt es etwas, wo Sie denken: Das ist<br />
noch typisch deutsch?<br />
ASSERATE: Mit typisch deutsch haben<br />
vor allem die Ausländer die „preußischen<br />
Tugenden“ bezeichnet: Zuverlässigkeit,<br />
Sauberkeit, Pünktlichkeit<br />
und einen gewissen Hang zur Introspektion.<br />
Ich schätze besonders die<br />
Pünktlichkeit.<br />
Könnten die Deutschen etwas von anderenlernen?<br />
ASSERATE: Ja,die Deutschen könnten<br />
etwas lässiger sein. Mit Deutschen verbindet<br />
man nämlich eine bestimmte<br />
Ernstigkeit. Es täte meinen deutschen<br />
Mitbürgern gut, wenn sie etwas mehr<br />
„Nonchalance“zeigen würden.<br />
Ynara Diemerling, Sandra Scholz, Charlotte Hammett<br />
und Sara Hegazy (v.l.) mit dem Prinzen in der Mitte.<br />
Wenn niemand da ist, wird Musik zum Zuhause<br />
Die Lieder von Anna Depenbusch drücken aus, wofür uns selbst manchmal die Worte fehlen<br />
„Meine Heimat und ich sind wie<br />
Schatten und Licht, eng verbunden“,<br />
singt die Hamburgerin Anna<br />
Depenbusch in ihrem Lied „Heimat“,<br />
das 2001, nach ihrer Reise<br />
<strong>ins</strong> kalte Island, entstand. Sie<br />
wollte herausfinden, wie es ist,<br />
alles hinter sich zu lassen und<br />
wirklich frei zu sein.<br />
� Von Annika und Laura Will<br />
Viel Zeit zum Nachdenken hatte sie<br />
da. In dem Song singt sie über die Verbundenheit<br />
zu ihrer Heimat: „Weil ich<br />
hierher gehöre, ob ich will oder nicht.<br />
Ich habe keine Wahl, sie hat mich,<br />
ganz egal wo ich bin“. Depenbusch<br />
(33) textet ungeniert, was sie denkt.<br />
Viele denken ähnlich, deshalb macht<br />
ihre Musik so viel Spaß; weil man sich<br />
wiedererkennt in den Zeilen. Genau<br />
wie Jugendliche, die mit den Problemen<br />
und Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens<br />
konfrontiert sind, wissen<br />
auch Musiker oft nicht, wer sie sind,<br />
wo sie hingehören oder wassie wollen.<br />
Suche nach Geborgenheit<br />
Finden Jugendliche dann keine Antworten<br />
auf diese Fragen im realen Leben,<br />
suchen sie das Gefühl von Geborgenheit<br />
in den von ihnen geschaffenen<br />
Welten, etwa während des Computerspielens.<br />
Allerdings kommt dieses Abtauchen<br />
in eine irreale Welt einer<br />
Flucht vor der Wirklichkeit nahe, in<br />
der die ersehnte Heimat eigentlich zu<br />
finden sein sollte. Definiert man „Heimat“<br />
nicht als einen Ort, der sie nicht<br />
notwendigerweise sein muss, sondern<br />
als ein Gefühl, könnte man sagen, dass<br />
man dann Heimat empfindet, wenn<br />
man sich nicht allein fühlt, sondern<br />
Menschen um sich hat, die sich zuhörenund<br />
die einen verstehen.<br />
Was aber, wenn man niemanden<br />
hat, den Ähnliches beschäftigt und der<br />
einem ein Gefühl von Geborgenheit<br />
geben könnte? Dann gibt es immer<br />
noch die Musik. Die Musik und die<br />
Liedertexte, die manchmal genau das<br />
ausdrücken, wofür einem selbst die<br />
Worte fehlen. Oft schreiben Musiker<br />
Melodien, die so viel mehr sagen als jeder<br />
Text und genau zu der Stimmung<br />
passen, in der man sich gerade befin-<br />
det. Beim Hören dieser Lieder, die einem<br />
oft das eigene Leben erklären,<br />
merkt man, dass man doch nicht alleine<br />
ist mit seinen Gedanken, dass es<br />
Vermittelt ein Heimatgefühl: Sängerin<br />
Anna Depenbusch.<br />
Menschen gibt, und mögen sie noch<br />
so weit weg sein, die einen verstehen.<br />
Plötzlich ist wieder alles unkompliziert:<br />
Nichts muss man erklären, alles<br />
scheint gesagt zu sein. Man fühlt sich<br />
nicht nur ermutigt und geborgen, man<br />
hat auch seinen Platz gefunden in der<br />
Welt: Es gibt jemanden, der dir zeigt,<br />
dass alles gut wird.<br />
Denn du bist nicht allein mit deinen<br />
Gedanken, du brauchst nur jemanden,<br />
der dich dazu bringt, sie anzunehmen<br />
und dich mit ihnen zu beschäftigen.<br />
Du flüchtest nicht vor der<br />
Realität. Du setzt dich auseinander mit<br />
dem, was dufühlst, und während du<br />
mit dir selbst <strong>ins</strong> Reine kommst, gelangst<br />
du endlich zu dem Gefühl, nach<br />
dem du dich gesehnt hast: Heimat.