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Erinnerungen 1848-1914 ..

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Institut 141<br />

Mario ging, ebenso alles vor Porta del popolo längs der Via Flaminia.<br />

Große Teile von Esquilin und Viminal waren unbebaut, jetzt verschwundene<br />

Villen reizten zu Spaziergängen, vor allem villa Ludovisi: daß diese<br />

samt ihrem Kasino nicht erhalten werden konnte, ist ein unersetzlicher<br />

Schade, gerade weil sich auf den Bahnhof zu die Bebauung richten mußte.<br />

Nun entbehrt die Weltstadt einen Park innerhalb der Mauern. Das Forum<br />

war bis über den Castortempel abgeräumt und kahl wie ein Skelett, die Marmorschranken<br />

trajanischer Zeit eben gefunden, Regia, S. Maria antiqua unter<br />

der Erde. Die Ausgrabungen auf dem Palatin ruhten, das sog. Haus der Livia<br />

und die Ruine mit dem sog. Spottkruzifix frisch,<br />

vor allem hatten die farnesischen<br />

Gärten noch ihren Zauber. Überall standen Tafeln mit den phantastischen<br />

von P. Rosa erfundenen Namen. Verlacht wurden sie ,<br />

aber niemand<br />

belehrte uns, wieso sie falsch wären. Auch heute erlebt man immer<br />

wieder, daß die Geschichte der Stadt Rom in den entscheidenden Zeiten der<br />

Könige und der Republik selbst den Besuchern Roms unbekannt bleibt, wozu<br />

allerdings beiträgt, daß Bonis Funde ganz ungenügend veröffentlicht sind.<br />

Wenn dies verschleppt wird, kann der beste Teil der Ergebnisse einer Ausgrabung<br />

verlorengehen.<br />

Das Leben der Stadt hatte ein sehr langsames Tempo, si vuol pazienza war<br />

ein Spruch , an den der hastige Norddeutsche sich gewöhnen mußte. Wenn<br />

er ungeduldig auf einen Vetturin oder einen Kellner wartete , bekam er ein<br />

tadelndes mo viene zu hören. An den Wochenmärkten drängten sich die<br />

Landleute auf piazza Montanara so gut wie auf dem campo dei fiori. Vor<br />

Weihnachten kamen die Pifferari aus dem Sabinergebirge.<br />

Auf der Treppe<br />

von Trinitä dei monti boten sich die Modelle in den veralteten, aber immer<br />

noch gemalten Kostümen an. Der Karneval enttäuschte zwar, weil die echte<br />

Lustigkeit fehlte, aber die barbari rannten noch. Der Bettel blühte ungestört.<br />

Dunkel und Stille setzte früh am Abend ein. Wenn die ragazzi selten genug<br />

einmal beim Weine länger zusammengeblieben waren und zum Kapitole<br />

zogen, erregte der laute Trupp einigen Anstoß.<br />

Sicherheit herrschte in der<br />

Stadt durchaus; auch belästigt ward nie, wer sich nicht ungeschickt benahm.<br />

Es gingen allerdings Geschichten von Räubereien im Schwange, sie mögen<br />

für frühere Jahre zutreffen, tatsächlich ist uns in diesen Jahren nichts zu<br />

Ohren gekommen. Im Hause Henzens erhielt ich durch zia Rosina allerdings<br />

gleich die Warnung, nicht allein vor die Tore zu gehen: sie fürchtete sich<br />

wirklich selbst vor einem Spaziergang, der in Gesellschaft nach acqua acetosa<br />

unternommen ward; Leo hat Weihnachten 1873 ein hübsches Gedicht darauf<br />

verfaßt. Ich schlug die Warnung sogleich in den Wind, ging in die

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